Die Paradoxie des Vertrauens in Medien, Legislative, Wissenschaft
Wann können wir Institutionen vertrauen? Viele Menschen zeigen derzeit sehr lautstark, dass sie gerade das nicht tun – eine drängende Frage also.
Meine Antwort: Vertrauens lässt sich nicht am Output einer Institution allein festmachen. Es kann nicht das Kriterium sein, ob das nun das richtige Gesetz, das wahre wissenschaftliche Ergebnis, das angemessene Urteil, die zutreffende journalistische Analyse ist. Eine derart absolute Aussage setzt totale Kenntnis der Vergangenheit und Zukunft voraus. Geht nicht, gibt’s nicht.
Es zählt der Prozess. Ein paar Kriterien:
- Sind möglichst viele Sichtweisen einbezogen?
- Wirken sie methodisch klar zusammen?
- Ermöglicht das Verfahren systematisch Falsifikation von Erkenntnissen?
- Sind die Verfahren überprüfbar?
- Ist die Institution darauf angelegt, bei neuen Erkenntnissen alte Schlussfolgerungen zu revidieren?
So sollten die Einrichtungen funktionieren, mit denen Gesellschaften zwei wichtige Frage beantworten:
- Was ist los?
- Was ist zu tun?
So arbeitet die Wissenschaft, so arbeiten Parlamente, Gerichte und Medien. Als System betrachtet, im Einzelfall sieht es immer anders aus. Das ist der Wesenskern dieser Aushandlungsprozesse von wahr und richtig: Sie funktionieren nur, wenn im Einzelfall immer wieder sichtbar wird, dass sie nicht funktionierten. Die Welt ist komplex und ändert sich auch noch ständig – daher ist diese Fehlerkultur unerlässlich.
Die Paradoxie: Das Vertrauen in Medien, Legislative, Judikative, Wissenschaft und andere Institutionen kann nur auf einem Prozess beruhen, der diese Vertrauen fortwährend öffentlich durch Falsifikation im Einzelfall erschüttert.