App-Test Skoobe: Das taugt die E-Book-Flatrate (Spiegel Online, 20.3.2012)
App-Test Skoobe
Das taugt die E-Book-Flatrate
Für 9,99 Euro im Monat so viele E-Books ausleihen, wie man will: Die ersten 10.000 Kunden der E-Book-Flatrate von Skoobe können ein Jahr lang unbeschränkt leihen. Die App ist schick, das Angebot mit 10.000 Titeln aber zu klein.
Spiegel Online, 20.3.2012
{jumi [*3]
Die Musikbranche ist schon mal ein Geschäftsmodell weiter: Als in der vergangenen Woche der Musikstreaming-Dienst Spotify sein deutsches Angebot startete, verkündete ein Firmenvertreter: “Downloads sind ein Übergangsphänomen.” Man gehe davon aus, dass in einigen Jahren die Mehrheit der Kunden eine Flatrate verlangt: Zugriff aufs gesamte digitale Musikangebot gegen Abo-Gebühr. Derzeit kostet die unbeschränkte Nutzung solcher Musik-Pauschalangebote im Monat 9,99 Euro.
9,99 Euro im Monat verlangt auch das zu Bertelsmann gehörende Münchner Start-up Skoobe – für eine E-Book-Flatrate. Derzeit läuft eine Testphase, in der will Skoobe nun 10.000 Kunden bedienen. Das Angebot: Im ersten Jahr können sie aus dem Bestand so viele E-Books ausleihen wie sie wollen, von März 2013 an nur noch zwei Bücher im Monat. Es ist erstaunlich, dass ein Buchverlag ein solches Geschäftsmodell erprobt. Etwas Vergleichbares gibt es auf dem deutschsprachigen Markt derzeit nicht.
Zwei E-Books für 9,99 Euro im Monat ist gemessen an den Preisen für E-Book-Downloads in Deutschland recht günstig: Digitalausgaben kosten hierzulande in der Regel mehr als 13 Euro, solange gedruckt nur die Hardcover-Ausgabe im Buchhandel ist. Sobald eine Taschenbuchversion erscheint, senken die Verlage die Preise für ihre E-Books. Die kosten dann in der Regel aber immer noch mehr als acht Euro.
6050 Belletristik-E-Books bei Skoobe
Gemessen an diesem Preisniveau könnte die Skoobe-Flatrate ein Schnäppchen sein – vorausgesetzt, man erhält bei Skoobe tatsächlich die Titel, die man haben will. Das ist allerdings nicht sicher. Skoobe kooperiert nach eigenen Angaben mit 70 Verlagen. Wir haben für einen Test einmal die Angaben zum Titelangebot der Skoobe App addiert. Ergebnis: Knapp 10.000 E-Books sind bei Skoobe derzeit verfügbar. 6050 Belletristikausgaben, 1401 Sachbücher, 1407 Ratgeber.
Die Auswahl an entleihbaren Titeln dürfte bei Skoobe größer sein als bei den meisten öffentlichen Büchereien. Viele deutsche Stadtbibliotheken bieten E-Books zur Ausleihe über die Plattform Onleihe an. Die Hamburger Bücherhallen, die zusammen eine der größten Stadtbüchereien Deutschlands bilden, bieten gut 1200 Romane und 5600 Sachbücher und Ratgeber als E-Books zum digitalen Ausleihen an.
Die Vorteile der Onleihe gegenüber Skoobe:
- Günstiger
- Man kann auch digitale Hörbücher ausleihen (die Dateien lassen sich aufgrund des Windows-Media-Player-Kopierschutzes allerdings nur mit wenigen Playern abspielen, beispielsweise nicht mit iPods und iPhones)
- die Onleihe-App läuft auch auf Android-Geräten, der Skoobe-Reader nur auf iOS.
- zudem kann man die per Adobe-DRM kopiergeschützten Onleihe-E-Books auch auf bestimmten E-Readern anzeigen
Die Vorteile von Skoobe gegenüber der Onleihe:
- das Angebot ist größer
- man kann bei Skoobe alle verfügbaren E-Books jederzeit ausleihen – bei der Onleihe haben die Büchereien nur ein künstlich verknapptes Kontingent ausleihbarer Titel
So attraktiv das Skoobe-Angebot auch im Vergleich zur Auswahl bei den Bücherhallen wirkt: Es ist auch nicht annähernd umfassend. Von den Romanen und Sachbüchern auf den ersten zehn Plätzen der SPIEGEL-Bestsellerliste sind bei Skoobe nur wenige digital verfügbar: Drei E-Book-Ausgaben von 20 Taschenbuch-Bestsellern, drei E-Book-Ausgaben zum Ausleihen von den 20 aktuellen Hardcover-Bestsellern. Man muss Glück haben, dass bei Skoobe tatsächlich der Titel verfügbar ist, den man lesen will.
An der Skoobe-App an sich ist wenig auszusetzen: Man kann mit dem iOS-Programm sehr schnell Titel finden und ausleihen. In weniger als einer Minute liest man im E-Book. Die App ist schnell, unaufdringlich, übersichtlich. Es ist nicht möglich, Textstellen zu markieren oder Anmerkungen einzugeben. Skoobe ist nur zum Lesen da – auf iPhone und iPad.
Angesichts der Einschränkungen bei Angebot und Software ist die Skoobe-Flatrate nur eingeschränkt zu empfehlen. Wer gerne Bücher der Bertelsmann-Verlage auf dem iPad liest, kann ohne Bedenken zugreifen. Aber so funktioniert der Markt ja nicht: Leser interessieren sich für bestimmte Autoren und Titel, nicht für die Produkte bestimmter Verlage. Eine Flatrate ist wie bei Musik nur mit einem umfassenden Angebot attraktiv. Und umfassend ist Skoobe derzeit sicher nicht. Es ist fraglich, ob sich je genügend deutsche Verlage auf so eine Plattform verständigen könnten – es bieten ja nicht einmal alle ihre E-Books beim Portal Libreka des Börsenvereins an.
Skoobe ist ein interessantes Experiment. Derzeit lohnt es sich für wenige Leser – zum Beispiel jene, die Ian Rankin mögen und noch nicht alle deutschen Übersetzungen gelesen haben. Zwölf seiner Thriller und Krimis hat Skoobe im Angebot.