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Auf die Linie achten (Financial Times Deutschland, 27.8.2004)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Auf die Linie achten

Endlich müssen wir tragbare Rechner nicht mehr als sperriges Gepäck ansehen. Denn japanische Notebooks sind fast so leicht zu tragen wie diese Zeitung. Und ebenso ansehnlich.

Financial Times Deutschland, 27.8.2004

Eine Platte, so dünn wie ein Kugelschreiber. Sie schimmert matt metallisch, ist mit Magnesium legiert und mit Nickel verstärkt. So stellen Japaner sich ihren Laptop vor. Und so bekommen sie ihn. Endlich profitieren auch wir Europäer von der unbeugsamen Strenge des fernöstlichen Techniknutzers, der nur die besten, kleinsten und schönsten Begleiter mit auf Geschäftsreisen nimmt.

Das derzeit edelste Notebook Japans, mit dem dünnsten Gehäuse weltweit verkauft Sony jetzt auch in Deutschland: das Vaio X505. X wie extrem. Solche Modelle kamen bislang meist nur auf den japanischen Markt. Zum Beispiel die leichtesten Modelle des nach der Schmiede für Samuraischwerter benannten Mebius Muramasa.

Und das Vaio X505 kommt nicht mal allein. Er bringt Geschwister anderer Hersteller mit: allesamt klein, stark, schön. Handhelds fürchten um ihren Fortbestand, wenn Notebooks nur ein Kilo wiegen, doch ihre Bildschirme und Tastaturen groß genug sind, um mit Freude zu arbeiten.

Beim neuen Samsung X10plus zum Beispiel weiß man gar nicht recht, es nun ein Notebook oder ein Subnotebook ist. Der Definition nach wiegen Subnotebooks höchstens zwei Kilogramm – das X10plus liegt 200 Gramm darunter. Doch das Display des X10plus misst diagonal 14 Zoll – eines Subnotebooks hat per definitionem höchstens 12,1. Beim leichten Samsung also genug Fläche für Tabellen, Dokumente und Webseiten – auf einem Schirm. Oder für einen Kinofilm.

Denn Filme spielen dank neuer Chips selbst die kleinsten Subnotebooks von DVD oder Festplatte flüssig ab. Auch Excel, Word und Lotus Notes arbeiten gleichzeitig so schnell wie der Mensch vorm Notebook. Kein Warten dank des Pentium M. Im Vergleich zu früheren Prozessorgenerationen braucht er wenig Strom und verschwendet wenig Energie als überflüssige Hitze.

Wie nah Notebooks sich dank Pentium M an Handhelds herangepirscht haben, zeigt das Sony X505. Es wiegt samt Akku 850 Gramm. Die Finger verknoten sich dank der für Subnotebooks guten, weil großen Tastatur nicht beim Tippen. Filme machen auf dem Display Spaß.

Eingezwängt zwischen kraftstrotzenden Handys und leichtgewichtigen Laptops droht der Handheld auszusterben. Sony verkauft in Europa und den USA inzwischen sogar überhaupt keine Handhelds mehr. Sein Top-Handheld Clié TH55 wiegt 185 Gramm, hat gar keine Tastatur. Das X505 sieht nicht nur besser aus – es kann als PC auch mehr, ist bequemer zu bedienen, hat ein fünfmal größeres Display. Der Handheld ist vielleicht schneller eingeschaltet, um eben eine Telefonnummer aus dem Adressbuch abzurufen. Aber mal ehrlich: Für so schnöde Arbeiten hat man ja Mobiltelefone.

Wir haben uns mit den Einwanderern aus Fernost schon einmal bekannt gemacht, damit wir sie gebührend empfangen können.

Für Meilensammler: Samsung X10plus

Wer viel fliegt, wird das Samsung X10plus sehr wahrscheinlich lieben. Denn es ist leicht (1,8 Kilo), flach (2,5 Zentimeter) und mehr als stark genug für Büroanwendungen (1,5 bis 1,8 GHz Pentium M). Aber warum die Flugzeit nutzten, wenn man sie auch totschlagen kann? Mit dem 14 Zoll großen Display geht das scharf, hell und groß: Sie können Kill Bill komplett sehen, denn die mitgelieferten Akkus sollen sechs Stunden durchhalten – also einen Flug von München nach Dubai. Geeks und Paranoikern bietet das Top-Modell X10plus 1800 sogar einen Fingerabdruck-Sensor für die Zugriffskontrolle. Preisempfehlung: je nach Ausstattung 1800 bis 3150 Euro. www.samsung.de

Für Wochenendheimfahrer: Samsung M40

Auf das Display eines M40 passt Gérard Depardieus Nase in Originalgröße. Ach was, 17,4 Zoll Diagonale reichen sogar für seinen Kopf. Und wer nicht "Der Mann mit der eisernen Maske" schauen will, kann drei Tabellen zugleich betrachten. Dieser Riesenbildschirm erklärt nicht die beiden Extrapfunde des fast drei Kilo schweren Geräts. Und er gleicht sie für mobile Cineasten, Tabellenfreaks und Grafiker gewiss aus. Preisempfehlung: nach Ausstattung 2299 oder 3499 Euro.

Für Chamäleons: Siemens Lifebook P7010

Auf die japanische Leichtgewichte antwortet schon ein Deutschjapaner von Fujitsu-Siemens: 1,3 Kilo wiegt das Lifebook P7010 – doch wenn man seinen größten Vorteil ausnutzt, kommen noch ein paar hundert Gramm dazu. Denn das Gerät hat als eines der ersten Subnotebooks einen so genannten Modulschacht. Wer sich nicht entscheiden kann, muss es mit dem P7010 auch nicht. Ein Zusatzakku im Schacht hebt die Akkulaufzeit von sieben auf zehneinhalb Stunden Maximum. Weniger Arbeit mehr Spaß bringt das Combo-Laufwerk (DVD+/-R/RW Brenner) im Lifebook-Schacht. Oder er bleibt leer und das Notebook leicht. Egal, welche Entscheidung fällt, die Arbeit mit dem P7010 wird angenehm. Liegt das Notebook auf dem Schoß, kann man mit den Handballen auf dem Gerät bequem tippen. Wenn man dazu kommt, angesichts der großen Versuchung DVDs auf dem Widescreen Display zu schauen. Preisempfehlung: je nach Ausstattung ab 2.229 Euro.

Für Samurai: Sony X505

Das Sony X505 sieht sehr japanisch aus: Sein Designgehäuse aus nickelverstärktem Karbon mit Magnesiumlegierung schimmert edel matt und ist am unteren Ende gerade mal 0,97 Zentimeter dick. Diese Konstruktion bietet einer ungewöhnlichen, aber erstaunlich komfortablen Tastatur Platz: Anders als bei konventionellen Notebooks beginnt sie direkt am unteren Gehäuseende, wo sonst meist ein Touchpad liegt. Die Maus ersetzt beim X505 der sonst vor allem von IBM benutzte Trackstick. Mit dieser Anordnung tippt man auf ebenen, festen Flächen sehr bequem. Ungemütlich wird es, wenn ein Tisch zum Auflegen der Handballen fehlt. Doch trotz dieser Schwäche ist das X505 für 850 Gramm im DIN-A4 Format erstaunlich gut zu bedienen. Trotzdem muss man sich zum Arbeiten überwinden – denn zugeklappt sieht das X505 am besten, am japanischsten aus. Preisempfehlung: 2999 Euro.

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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