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Casio EX-FH100 vs. Nikon P100: Wettrennen der Zeitlupen-Kameras (Spiegel Online, 13.4.2010)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Casio EX-FH100 vs. Nikon P100

Wettrennen der Zeitlupen-Kameras

Schneller, näher, billiger: Casio und Nikon bauen in ihre neuen Kameras für Hobbyfotografen Technik für Zeitlupenvideos und starke Zoomobjektive ein. Der Preis: Man sollte besser nicht in der Dämmerung filmen. SPIEGEL ONLINE hat die neuen Kameras ausprobiert.

Spiegel Online, 13.4.2010

Kompaktkameras haben sich das Taschenmesser-Syndrom gefangen: Die Hersteller stopfen immer mehr Zusatzfunktionen in die kleinen Geräte mit den winzigen Bildsensoren. Die Bildqualität kann man nicht auf Spiegelreflex-Niveau heben, also können die Zwergkameras weiterhin nur bei Tageslicht brauchbare Fotos machen, dafür aber auch Zeitlupenvideos aufnehmen oder extrem nah heranzoomen.

Casio setzt auf Hochgeschwindigkeits-Kompaktkameras: Das neue Modell EX-FH100 hat einen Zehnfach-Zoom, filmt Videos in hoher Auflösung (1280 x 720 Pixel) mit 30 Aufnahmen in der Sekunden, was für Videos in normaler Geschwindigkeit ausreicht. Oder man filmt in geringerer Auflösung mehr Aufnahmen in der Sekunde – 120 Bilder in VGA-Auflösung zum Beispiel, was Zeitlupen-Videos ergibt.

Neu in der Zeitlupen-Klasse ist die Nikon P100, die ähnlich schnell wie die Casio EX-FH100 filmt. Die P100 ist aber erheblich klobiger als die Casio, weil ein Objektiv mit 26-fachem Zoom eingebaut ist. Weil der Bildsensor so klein ist, wiegt die Kamera nicht mal ein halbes Kilo. Müsste durch das 26-fach-Zoomobjektiv auf einen größeren Sensor fallen, würde die Kamera ein Vielfaches wiegen.

Zeitlupe und Extrem-Zoom – SPIEGEL ONLINE probiert die Casio EX-FH100 und Nikon P100 aus.

Bedienung

Eine Kamera mit der man fotografieren und in zwei unterschiedlichen Modi filmt – das sind doppelt so viele Grund-Betriebsarten, wie eine normale Kompaktkamera sie hat. Casio und Nikon haben diese Herausforderung für die Bedienbarkeit ganz ähnlich und ganz gut gelöst: Es gibt einen Fotoauslöser auf der Oberseite der Kamera und einen Videoauslöser an der Rückseite, bei dem man zwischen einem HD- und einem Hochgeschwindigkeitsmodus wechselt.

Das funktioniert sehr gut, wie auch die Auswahl der Foto-Aufnahmemodi mit einem Drehrad am Auslöser. Die Menüs sind übersichtlich – bei beiden Kameras gelang es ohne Blick ins Handbuch in wenigen Sekunden Details wie die ISO-Empfindlichkeit manuell einzustellen.

Der Zoom wird bei der Casio über eine Wippe an der Rückseite gesteuert, was nicht ganz so einfach ist wie der Zoom-Hebel neben dem Auslöser bei der Nikon, der mit dem Zeigefinger leicht zu bedienen ist. Ärgerlich bei der Nikon P100 ist, dass kein Ladegerät mitgeliefert wird. Der Akku kann nur in der Kamera geladen werden, es sei denn, man gibt Geld für das Ladegerät aus, das es nur als Extra-Zubehör gibt.

Abgesehen von solchen ärgerlichen Details sind beide Kameras erstaunlich gut zu bedienen, trotz der Vielfalt an automatischen, halbautomatischen und manuellen Aufnahme-Programmen.

Ausstattung

Zur Handlichkeit: Der Größenunterschied ist gewaltig – die Casio EX-FH100 trägt man bequem in der Jackentasche, die Nikon P100 passt da gar nicht rein. Sie ist hat die Ausmaße einer Grapefruit, dafür hat man aber auch eine mehr als doppelt so große Brennweite wie bei der Casio, zoomt an Motive fasst so nah wie mit einem Einsteiger-Fernrohr heran. Allerdings kann man bei diesem Zoomfaktor nur mit sehr ruhiger Hand oder besser von einer festen Unterlage aus fotografieren.

Die pummelige Nikon hat der Casio-Kamera noch ein paar andere Ausstattungsdetails voraus: Man kann die Aufnahme auch anhand eines Sucherbildes komponieren, was bei starken Sonnenlicht ganz hilfreich ist. Der Monitor an der Rückseite der Nikon P100 hat außerdem eine höhere Auflösung (460000 Bildpunkte) als der der Casio EX-FH100. Sprich: Man erkennt besser, was man da überhaupt fotografiert.

Zudem kann der Nikon-Monitor ausgeklappt und nach oben oder unten geschwenkt werden. Sehr hilfreich, wenn man die Kamera ganz nah an den Boden oder weit über den Kopf hält – auch bei solchen extremen Aufnahmeperspektiven sieht man dank des Klappmonitors noch das Bild.

Beide Kameras belassen die Auflösung erfreulicherweise bei 10 Megapixeln – das ist immer noch viel für die kleinen Fotosensoren, aber die Aufnahmen sind erheblich sauberer und detailreicher als man es bei 12 oder 14 Megapixeln befürchten müsste. Die in beiden Kameras verbauten rückbelichteten Bildsensoren sollte man nicht überbewerten – die Verbesserungen bei der Bildqualität sind graduell, allein wegen dieser Technik sollte niemand seine Zeitlupen-Kamera durch eines der neuen Modelle ersetzen.

Ein interessantes Ausstattungsdetail bietet die Casio EX-FH100 noch: Aufnahmen können auch im Rohdatenformat DNG (ein von vielen mehreren Herstellern und Softwarefirmen unterstützter Defacto-Standard) aufgezeichnet werden, was mehr Spielraum bei der Bildbearbeitung eröffnet. Wir haben nach ersten Versuchen auf solche Aufnahmen verzichtet – die Verzögerung durch das Verarbeiten der Daten blockiert die Kamera unerträglich lang.

Bildqualität und Fazit

Kleine Bildsensoren wie die in der Casio EX-FH100 und Nikon P100 führen bei Dämmerlicht immer zu diesem Problem: Entweder ist Bildrauschen sichtbar oder die Rauschunterdrückung bügelt neben der Störungen auch die Details weg. Wenn Kompaktkameras im Dämmerlicht fotografieren, sind meistens beide Effekte in verschiedener Ausprägung zu beobachten und da sind die Aufnahmen der Casio EX-FH100 und Nikon P100 keine Ausnahmen – trotz vernünftiger Auflösung und rückbelichteten Bildsensoren.

Ab einer ISO-Empfindlichkeit von 800 kann man bei Aufnahmen beider Kameras deutlich Bildstörungen und Detailverluste erkennen. Die Unterschiede sind klein, die Software der Casio geht bei der Rauschunterdrückung wohl etwas aggressiver vor als die der Nikon P100 – deren Aufnahmen gefallen uns ein wenig besser. Niemand sollte sich diese Kameras für Nachtaufnahmen oder derlei kaufen.

Trotzdem sind beide Kameras für ihren Zweck gut geeignet: Schnappschüsse und Zeitlupenaufnahmen von Kindern im Sandkasten oder Tieren im Zoo gelingen mit beiden. Ob man die klobige Nikon oder die angenehm kleine Casio wählt, hängt letztlich allein davon ab, wie nah man an Motive herankommen will: Der Zehnfach-Zoom der Casio reicht für die Elefanten im Zoo locker, wer aber nah an die Eulen will, die sich ganz hinten im Gehege verkriechen, zieht vielleicht doch den 26-fach Zoom der Nikon vor. So nah ran wie mit der Nikon kommt man bei Zeitlupen-Filmern für den Preis kaum ran. Dafür ist bei der schlanken Casio-Kamera de Wahrscheinlichkeit höher, dass man sie griffbereit hat, wenn ein interessantes Motiv auftaucht – die Kamera ist klein und leicht genug für die Hemdtasche.


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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