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Die schönsten Netz-Aprilscherze: Pinguine fliegen! (Spiegel Online, 1.4.2008)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Die schönsten Netz-Aprilscherze

Pinguine fliegen!

Expedition in den Mikrokosmos: Magazinfotos zerfallen zu
Punkthaufen und der Fußboden ähnelt einer Fleischwunde – die
Spielzeug-Spähpistole Eyeclops zeigt am Heimfernseher riesenhaft
vergrößert, was immer man ihr unterschiebt. SPIEGEL ONLINE hat das
TV-Mikroskop ausprobiert.

Spiegel Online, 1.4.2008

Was für ein Spiel! Die neue Erweiterung " The Molten Core" des Online-Rollenspiels "World of Warcraft" verspricht den Spielern Dinge wie "Bewegen sie ihre Figur in jede von acht Richtungen!" Und: "Satte 2D-Grafik!" Und: "Es macht Geräusche!"
Die Zeichnungen der neuen Monster sind beängstigend: Lava strömt, Flammen lodern und Riesen fletschen ihre Zähne. Auf den Screenshots aus dem eigentlichen Spiel sehen die Gegner vor allem gelb aus. Und eckig. Aber, so verspricht der Werbetext: Die Spielfiguren werden "neun verschiedene Formen und wahrscheinlich mehrere Farben" haben.

Ein Aprilscherz – einer der besten im Web derzeit. Bei Blizzard, der Firma hinter "World of Warcraft" (WoW), haben Aprilscherze Tradition. Die Firma kündigte schon einmal Aufhänge-Monster für daheim nach Vorbildern aus WoW an – und illustrierte das mit einer Konzeptzeichnung, auf der solch eine Puppe ihren Besitzer mit einer Axt tötet.

Suchergebnisse von morgen und fliegende Pinguine – SPIEGEL ONLINE zeigt, wie Google, BBC und andere Web-Nutzer die Surfer foppen:

Der Betamax-HD-Wandler

Der Webshop Thinkgeek verkauft eigentlich T-Shirts für Computerfreaks, auf denen Programmiererwitze stehen wie "Es gibt nur 10 Arten von Menschen auf der Welt. Solche die das Binärsystem verstehen und solche, die es nicht kapieren" ( Auflösung).

Zum Aprilanfang verkauft Thinkgeek aber etwas besonderes: Ein Gerät, mit dem man endlich die Fernsehsendungen konvertieren kann, die man "zwischen 1975 und 1984" auf einem Betamax-Rekorder aufgenommen hat. Mit dem Thinkgeek-Wandler kann man diese Filme ins HD-DVD übertragen. Warum ausgerechnet das vor wenigen Wochen eingestellte HD-DVD-Format? Thinkgeek: "Diese Verbindung wurde im Himmel gestiftet (sie wissen schon, dem Ort, wo man nach dem Tod hinkommt?)"

Die wesentlichen Eigenschaften des Geräts: "Hat ein Handbuch, süße Fernbedienung, verbraucht Strom." Klickt man bei Thinkgeek auf das eingebundene Youtube-Video des Betamax-Wandlers, sieht man Rick Astley singen. Was das bedeutet, erklärt heute ein Video mit Steve Jobs beim Suchkatalog Mahalo.

Steve Jobs guckt, Rick Astley singt

Ein Interview mit Steve Jobs! Das verspricht der Suchkatalog Mahalo im Firmenblog und erklärt, warum sich der Apple-Boss dafür Zeit genommen hat: Er fand die Mahalo-Satire seiner Ansprachen so witzig. Startet man dann das eingebundene Youtube-Video, sieht man eine Zeit lang die Interviewerin, dann ganz kurz einen Mann im schwarzen Rollkragenpulli und schließlich lang und laut das Musikvideo zu Rick Astleys größtem Hit "Never Gonna Give You Up" (von 1987).

Nebenbei erklären die Mahalo-Macher das Rick-Astley-Netzphänomen: Seit vorigem Jahr versuchen Spaßvögel Arglose mit allen erdenklichen Tricks zu Youtube-Filmen mit Astley-Gesangeinlage, Föntolle und den weißen Jeans von 1987 zu locken. Da werden wie in Spam-Mails Sexfilmchen versprochen oder auch angebliche Mitschnitte aus dem Spiel "World of Starcraft", einer Science-Fiction-Version des Online-Rollenspiels "World of Warcraft", die nur in der Phantasie mancher Fans existiert.

Aber auch angebliche Steve-Jobs-Interviews funktionieren hervorragend als Köder für das sogenannte Rickrolling.

BBC filmt fliegende Pinguine

So nüchtern kann wohl nur die BBC einen Aprilscherz erzählen: "Filmemacher und Autor Terry Jones entdeckt in einem Trailer für den BBC-iPlayer eine Kolonie von Pinguinen, die anders als alle anderen Pinguine auf der Welt sind", heißt es in einer Ankündigung auf der BBC-Videoseite. Und weiter: Die BBC werde bemerkenswertes Material zeigen, von "Pinguinen, die fliegen."

Das Video kann man aus Deutschland nur auf den Seiten des " Daily Telegraph" sehen (siehe Video unten), der die Geschichte aufgreift. Und in der Tat: Erst tapsen und watscheln die Tieren übers Eis, dann nehmen sie Anlauf, rennen, flattern mit ihren kurzen Stummelflügelchen, immer schneller und dann haben sie ab, gleiten über die Eisberge – und fliegen in die Tropen.

Suchergebnisse aus der Zukunft

Netter Versuch: In Australien kündigt Google zum Aprilanfang einen neuen Dienst an, gDay. Werbespruch: "Durchsuchen Sie heute das Web von morgen." Dank einer Mischung von "vielen Faktoren" wie "Online-Wettquoten und der Wettervorhersage" könne Google ein "ausgeklügeltes Modell entwerfen, wie das Internet in 24 Stunden aussehen wird".

Abgesehen davon plant Google eine Marsbesiedlung. Der 100-Jahres-Plan wurde zum Aprilanfang veröffentlicht.

Diese Internetverbindung trocknet Wäsche

Im vorigen Sommer bekam eine recht alte schwedische Dame eine recht schnelle Internetanbindung – angeblich den schnellsten privaten Internetanschluss der Welt. Die 75-jährige ist die Mutter des schwedischen Internetunternehmers Peter Löthberg. Der Technik-Chef der örtlichen Stadtverwaltung kommentierte das Projekt damals lakonisch: "Das Schwierigste war, Windows auf Sigbritts Rechner zu installieren."

Was daraus geworden ist, berichtet der " New Zealand Herald": Sigbritt Löthberg lade keine Filme aus dem Web und spiele auch nicht "World of Warcraft". Ein Pressesprecher habe erklärt, Sigbritt nutzte den Router vor allem, "um ihre Wäsche zu trocknen. Die Anlage ist ziemlich groß und wird recht heiß."

Die ABC-Tastatur

"Radical Alphabetical". Der Slogan holpert ein wenig, aber die Idee klingt nicht schlecht: "die erste ABCDEF-Tastatur" soll bald auf den deutschen Markt kommen, verspricht eine zum Aprilanfang freigeschaltete Webseite. Hintergrund sei eine "Änderungen der europäischen DIN-Norm zum Tastaturlayout." Die sehe eine "Neuanordnung der Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge" vor. Stichtag: "1. April 2013".

Kein Scherz

Im SPIEGEL-ONLINE-Ressort Netzwelt ist heute kein Aprilscherz erschienen, was viele Leser bezweifeln. Ganz ehrlich: Das Fernsehmikroskop gibt es, der Funkschlüssel-Code ist tatsächlich geknackt, und Zattoo streamt wirklich öffentlich-rechtliches Vollprogramm

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Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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