Digitalisierungs-Pakt: Google saugt sich die Gutenberg-Galaxis (Spiegel Online, 29.10.2008)
Digitalisierungs-Pakt
Google saugt sich die Gutenberg-Galaxis
Sieben Millionen digitalisierte Bücher vermarktet Google nun legal – als Buch-Flatrate für US-Unis und als Werbeumfeld für US-Bürger. Deutsche Surfer müssen erst mal draußen bleiben. Doch der Digitalisierungspakt könnte eine Blaupause für vergleichbare Abkommen in Europa sein.
Spiegel Online, 29.10.2008
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Früher mal galt Google als Suchmaschine, als neutraler Vermittler
zwischen Angebot und Nachfrage bei Informationen. Wie radikal sich
diese Rolle und das Geschäftsmodell von Google gerade wandeln,
illustriert der Digitalisierungspakt des US-Konzerns mit Verlagen und Autoren in den Vereinigten Staaten:
Google vermarktet im Web exklusiv Digitalversionen sämtlicher Bücher,
die bis zum Oktober dieses Jahres veröffentlicht wurden.
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Google hebt den analogen Schatz von sieben Millionen lange Zeit
größtenteils nur in Bibliotheken verfügbaren Büchern und vertreibt ihn
online. Der Informationsmittler wird nun selbst zum Anbieter.
Für deutsche Surfer hat der Digitalisierungspakt erst einmal keine
direkten Folgen – sie können auch nach dem Abschluss auf diese Bestände
nicht online zugreifen. Google-Manager Alexander MacGillivray
bestätigte SPIEGEL ONLINE, dass Google "mit diversen Technologien"
sicherstellen werde, dass Nutzer außerhalb der Vereinigten Staaten
nicht auf das Material zugreifen können.
Direkt betroffen sind in Deutschland von dieser
Einigung
derzeit nur Verfasser von Büchern, die in den Vereinigten Staaten als
Übersetzungen verkauft werden. Sie haben – je nach Autorenvertrag – ein
Recht, an den Einnahmen beteiligt zu werden, die Google womöglich mit
den Übersetzungen ihrer Werke erzielt.
Mittelbar dürfte die US-Einigung aber ein Vorbild für ähnliche
Abkommen mit Verlagen auch in Deutschland sein. Google hat
offensichtlich ein Interesse daran, so viele nicht-digitale Inhalte wie
möglich zu digitalisieren und online verfügbar zu machen. Denn Google
verdient Geld mit der Werbung im Kontext solcher Angebote. Und je mehr
Zeit Menschen online verbringen, umso stärker wächst das Publikum für
solche Anzeigen.
Deshalb will Google so viele Inhalte wie möglich im Web verfügbar
machen – idealerweise selbst. Bei Landkarten, Fotos von Straßenzügen,
E-Mails und Videoclips klappt das schon ganz gut. Nun ist Google über
Nacht in den USA zur zentralen Büchervermarktungsagentur geworden.
Wie dabei ein Abkommen mit den Rechteinhabern möglich ist und wie es
aussehen kann, zeigt der nun geschlossene Digitalisierungspakt:
- Google finanziert mit 34,5 Millionen
Dollar die Einrichtung einer Registrierungsstelle, die einerseits die
Verwendung von Material mit den Rechteinhabern bei Verlagen und Autoren
zentral abstimmen und andererseits die Einnahmen verteilen soll. - Google führt 63 Prozent aller mit den digitalisierten Büchern erzielten Einnahmen an diese Registrierungsstelle ab.
- Digitalisierte Fassungen antiquarischer Bücher darf Google kostenlos mit Umfeldwerbung online anbieten.
- Bei noch erhältlichen Büchern
entscheiden Verlage und Autoren, ob Google die Werke verkaufen,
werbefinanziert und kostenfrei online anbieten oder gar nicht
digitalisiert anzeigen darf. - Der Digitalisierungspakt umfasst nicht
das Recht, Downloads anzubieten. Google wird – falls die Autoren und
Verlage das wünschen – die digitalisierten Bücher verkaufen, aber
ausschließlich zur Online-Nutzung. Ein weiteres Abkommen über Downloads
sei natürlich denkbar, sagte ein Google-Vertreter bei einer
Telefonkonferenz zum Thema. - Universitäten und Behörden werden ein
Flatrate-Abo für alle bei Google verfügbaren Digitalfassungen von
Büchern abschließen können, öffentliche Bibliotheken sollen kostenlose
Zugänge erhalten.
Ein Drittel aller in Zukunft erzielten Einnahmen als Gegenleistung
für die einmalige Digitalisierung und das Hosting der gedruckten
Kulturgeschichte – ein gutes Geschäft für Google.
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