Ebay-Enttäuschung: Tschüss, Ebay! (Spiegel Online, 12.5.2007)
Ebay-Enttäuschung
Tschüss, Ebay!
Rekordgewinn, ein eigenes Magazin, immer mehr Mitglieder: Jeder sechste Deutsche kauft inzwischen bei Ebay ein. Doch die Auktionspreise für gebrauchte Artikel sind mittlerweile oft höher als für Neuware, der Service ist mies. Ein Abschied.
Spiegel Online, 12.5.2007
Ebay hat zwölf Millionen deutsche Nutzer, Ebay hat jetzt ein eigenes Magazin aus dem Stern-Verlag Gruner und Jahr – Ebay hat Erfolg. Es scheint so etwas wie eine "Generation Ebay" zu entstehen, zumindest suggeriert das wirklich witzige "eBay Magazin" das: "Jeder von uns wusste noch genau, was er zum ersten Mal auf eBay gekauft oder verkauft hatte", schreibt die Redaktion am Anfang des Hefts.
Ich weiß es nicht mehr, nur, dass es am 1. April 1999 gewesen sein muss. Und heute, acht Jahre und 1268 Bewertungen später weiß ich genau, was ich zum letzten Mal bei Ebay gekauft und verkauft habe – und warum ich es nicht wieder tun werde.
1. Normale Produkte sind zu teuer
Natürlich gibt es bei Ebay noch Schnäppchen. Begehrte Produkte wie Digitalkameras gehören aber nicht dazu. Ende Januar der letzte Versuch: Eine Mega-Zoom-Digitalkamera soll es werden, die Sony DSC-H2. Allerdings: Bei Ebay sind alle Gebraucht-Geräte noch Stunden vor Auktionsende teurer als Neuware im Laden. Gekauft habe ich dann beim Händler. Preis: 267 Euro. Der Vergleich heute: Beim günstigsten Händler kostet die Kamera neu mit voller Garantie 243,35 Euro. Bei Ebay liegt das Höchstgebot für ein drei Monate altes Gerät – mehr als einen Tag vor Auktionsende! – bei 241 Euro. Ein Schnäppchen?
2. Trügerische Paypal-Sicherheit
Der Ebay-Bezahldienst Paypal gibt Käufern ein gutes Gefühl: "Sollte ein Ebay-Artikel einmal erheblich von der Beschreibung abweichen, oder der Verkäufer den Artikel nicht verschicken", erstattet PayPal dem Käufer bis zu 500 Euro des Artikelwerts. Das stimmt – im Prinzip. Manchmal aber auch nicht: Am 30. Juni kaufte ich eine alte Spiegelreflexkamera, eine Canon EOS 500n mit 300er-Teleobjektiv. Der Verkäufer hatte zwar nur sechs Bewertungen, aber es gibt ja den Paypal-Schutz. Ich bezahlte also sofort, 212,99 Euro. Nach einer Woche war die Ware noch immer nicht da, der Verkäufer reagierte nicht auf Anfragen, ich stellte Antrag auf Paypal-Käuferschutz.
Die Droh-E-Mails von Paypal verschreckten den Verkäufer offensichtlich. Am 14. Juli kommt das Paket mit der Kamera. Aber das Objektiv – viel wertvoller als die Kamera allein – fehlt. Also noch eine Paypal-Beschwerde?
Nach einer Stunde Lektüre der Paypal-Nutzungsbedingungen der Schock: "pro Paypal-Transaktion darf nur eine Beschwerde eingereicht werden". Und die Paypal-Käuferbeschwerderichtlinie führt dazu aus: "Es ist insbesondere nicht gestattet, eine Beschwerde für einen nicht erhaltenen Artikel einzureichen und dieselbe dann in eine Beschwerde für einen erheblich von seiner Beschreibung abweichenden Artikel umzuwandeln (oder umgekehrt), falls sich die Umstände nach dem Einreichen der ersten Beschwerde ändern."
Ich ändere die Beschwerde nicht, Paypal zahlt das Geld zurück, ich schicke dem Verkäufer die Kamera. Alles noch mal gut gegangen. Aber sicher fühlt sich niemand, der einmal einige Stunden lang die Paypal- Nutzungsbedingungen und die diversen Richtlinien gelesen hat.
3. Lieber löschen als prüfen
Der vorletzte Verkaufsversuch bei Ebay: Am 15. Januar stelle ich eine Jacke einer interessanten, aber nicht sehr bekannten Marke ein. Um das alles attraktiver zu machen, kommen viele Fotos dazu, eine ausführliche Beschreibung – und ein Link zur Webseite des Modelabels. Das war ein Fehler: Bei Ebay sind Links nicht erlaubt.
Das ist den meisten Verkäufern auch bekannt und durchaus verständlich, schließlich soll ja auf der Plattform niemand Werbung für seinen eigenen Laden machen, wo er dann günstiger verkauft und die Ebay-Provision spart. Ich habe diese Ebay-Richtlinie einfach vergessen. Nur: Ich habe nichts Schlimmes getan, nur zum Hersteller verlinkt. Eine Stunde später war die Artikelbeschreibung, waren alle Fotos gelöscht – eine Stunde Arbeit verloren. Nicht der Link wird gelöscht – sondern das komplette Angebot wegen "verbotener Links".
4. Rechteinhaber haben immer Recht
Der letzte Verkaufsversuch bei Ebay: eine alte Jeans einer japanischen Marke. Die Beschreibung ist wieder sehr umfangreich, diesmal speichere ich sie vorsichtshalber auf dem Computer zu Hause ab. Einen Tag läuft die Auktion, dann kommt die E-Mail von Ebay: "Angebot wurde entfernt: Markennamenmissbrauch".
Missbrauch? Weil der Name der Marke genannt wurde? Beschwert hatte sich eine britische Firma, weil durch die Auktion ihre "Rechte an geistigem Eigentum verletzt" wurden. Angeblich.
Die Jeans war so echt, wie man sich bei einer im Laden gekauften Hose eben sein kann. Andere Markennamen tauchten in der Auktion nicht auf. Aber eine Quittung habe ich nicht mehr und Lust auf Auseinandersetzungen mit britischen Unternehmen auch nicht. Die Position Ebays ist klar: Ebay muss "den Artikel entfernen, um bestimmte rechtliche Anforderungen zu erfüllen", schreibt das Unternehmen.
Das klingt ganz anders als im Ebay-Magazin. Da steht: "eBay ist eben nicht einfach ein Kaufhaus, sondern hinter eBay stecken Millionen von Menschen aus der ganzen Welt, die sich treffen und miteinander handeln."
Das war auch mal so. Tschüss, Ebay – es waren acht schöne Jahre, aber du hast dich sehr verändert.