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Eric Schmidt über soziale Netzwerke: Googles private Meldestelle (Spiegel Online, 29.8.2011)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
2 minuten gelesen

Eric Schmidt über soziale Netzwerke

Googles private Meldestelle

Eric Schmidt redet Klartext: Google habe sein soziales Netzwerk als “Identitätsdienst” konzipiert. Deshalb sei der echte Name Pflicht für Nutzer von Google+. Wer damit ein Problem hat, soll eben draußen bleiben.

Spiegel Online, 29.8.2011

{jumi [*3]}

Warum hat Google diesen Eklat provoziert? Kurz nach dem Start des sozialen Netzwerks Google+ setzten die Verantwortlichen beim Onlinekonzern mit harter Hand die Echtnamen-Politik des Dienstes durch. Wer sich bei Google+ unter einem – wenn auch bekannten – Pseudonym registriert hatte, dem wurde das Profil, zum Teil auch der Zugriff auf andere Google-Dienste blockiert . Nun hat Googles Verwaltungsratschef Eric Schmidt eine interessante Erklärung dafür geliefert, warum dem Webriesen so sehr daran gelegen ist, die Klarname der Nutzer zu kennen.

Schmidt stellte sich am Wochenende den Fragen bei einer Konferenz in Edinburgh den Fragen des Publikums. Andy Carvin, Manager beim National Public Radio (NPR) fragte Schmidt nach den Hintergründen des Klarnamenzwangs bei Google+. Carvin paraphrasiert die Antwort Schmidts so: “Er sagte, dass Google+ in erster Linie als Identitätsdienst entwickelt wurde. Deshalb sei es unerlässlich, die echten Namen der Nutzer zu registrieren für den Fall, dass man in Zukunft darauf aufbauende Produkte entwickeln werde.”
Schmidt: “Niemand zwingt Sie, Google+ zu nutzen”

Auf den Einwand, dass bestimmte Personen (Minderheiten, Oppositionelle in autoritären Staaten) berechtigte Interessen haben, unter Pseudonym zu publizieren , antwortete Schmidt laut Carvin, Google+ sei optional – niemand zwinge einen Nutzer dazu, den Dienst zu nutzen.

Wie freiwillig die Nutzung tatsächlich ist, erscheint fraglich, wenn alle Freunde und Bekannten große Teile ihrer Online-Kommunikation über ein Netzwerk mit Klarnamenzwang abwickeln. Google+ ist im Vergleich zu Facebook noch winzig. Facebook verlangt in seinen Nutzungsbedingungen auch, dass Kunden ihren “tatsächlichen Namen” angeben. Und mit knapp 21 Millionen in Deutschland registrierten Mitgliedern erreicht Facebook fast 50 Prozent der Internetnutzer hierzulande. Je höher dieser Anteil wird, desto größer wird der soziale Druck, den Dienst ebenfalls zu nutzen.

“Regierungen werden Namensdienste verlangen”

Eric Schmidts Bewertung von Google+ als Identitätsdienst (“identity service” sagte er laut Carvin) kann man als logische Konsequenz seiner früheren Äußerungen interpretieren. Im Sommer 2010 äußerte sich Schmidt schon einmal zu Identität im Netz. Bei der Techonomy-Konferenz sagte er im Hinblick auf Gefahren im Netz:

“Der einzige Weg, dem zu begegnen ist echte Transparenz und keine Anonymität. In einer Welt asynchroner Bedrohungen ist es zu gefährlich, auf eine Möglichkeit zu verzichten, Menschen zu identifizieren. Wir brauchen einen Namensdienst für Menschen. Regierungen werden das verlangen.”

Mit dieser Prognose lag Eric Schmidt richtig: Im August forderte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Ende der Anonymität im Internet , später milderte er die Äußerungen ab – ein Gesetz gegen Anonymität sei derzeit nicht geplant .

Randi Zuckerberg: “Anonymität im Internet muss verschwinden”

Das sieht nach einer großen Koalition der Pseudonym-Gegner aus: Politiker fordern ein “Vermummungsverbot” im Web, Polizeifunktionäre drängen auf einen “verlässlichen Identitätsnachweis im Netz”, Facebook und Google verlangen bei bestimmten Diensten die richtigen Namen der Nutzer.

Und manchmal dienen sich die Online-Riesen in dem Zusammenhang der Gesellschaft auch als Helfer bei Problemen an, für die der Staat zuständig ist: Im Juli antwortete Facebook-Managerin Randi Zuckerberg – kurz bevor sie das Unternehmen verließ , um sich selbständig zu machen – auf die Frage, was man denn gegen die Schattenseiten des Webs unternehmen könne: “Anonymität im Internet muss verschwinden.” Zuckerberg hob in dem Zusammenhang den Zwang zur Angabe richtiger Namen bei Facebook hervor.

Andy Carvin zitiert Eric Schmidt mit einer Aussage, die in dieselbe Richtung geht: “Einige Menschen sind einfach böse und wir müssen in der Lage sein, sie zu identifizieren und herunterzustufen.”

Diese Äußerung kommentiert Oke Göttlich, Manager des Musikdienstes Finetunes, bei Google+ so: “Es sind also nicht die Regierungen, die das Netz eines Tages kontrollieren, sondern Firmen, die Menschen identifizieren und bewerten können. Aber wo sind die Richter?”

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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