Zum Inhalt springen

Facebooks AGB-Ärger: Wem Community-Daten wirklich gehören (Spiegel Online, 17.2.2009)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
10 minuten gelesen

Facebooks AGB-Ärger

Wem Community-Daten wirklich gehören

Facebook sichert sich per AGB-Änderung die Rechte an den Daten seiner Mitglieder für alle Ewigkeit. Begründung: Nur so könne ein soziales Netzwerk optimal funktionieren. Wie gehen deutsche Anbieter mit den Daten um? SPIEGEL ONLINE vergleicht die AGB von StudiVZ, Wer kennt Wen und Co.

Spiegel Online, 17.2.2009

Mit einer verschämten Änderung der Geschäftsbedingungen verschafft sich das soziale Netzwerk Facebook eine Endlos-Lizenz an den von Mitgliedern veröffentlichen Inhalten: Geht es nach der US-Firma, darf sie in Zukunft mit Bildern, Kommentaren, Foreneinträgen und allem anderen, was der Nutzer in der Community hinterlässt, für sich werben. Außerdem will Facebook dieses Material speichern, auch nachdem sich die Nutzer abgemeldet haben.


Facebook-Gründer Mark Zuckerberg verteidigt im Firmenblog die geänderten Geschäftsbedingungen, die Nutzer sind empört, Juristen bezweifeln, dass diese Bedingungen in Deutschland überhaupt rechtlich zulässig sind.

Ein Vergleich mit den Speicher-Praktiken und Datenschutzbestimmungen anderer sozialer Netzwerke zeigt: Es geht auch anders. Einige Anbieter löschen die Beiträge ihrer Mitglieder nach der Abmeldung komplett, andere anonymisieren alle öffentlichen Einträge. Und mit einer Ausnahme lässt sich keins der Unternehmen so umfangreiche Rechte per AGB übertragen wie Facebook derzeit.

Abmeldung, Rechteübertragung, Anonymisierung – SPIEGEL ONLINE vergleicht, wie viel Kontrolle über die Mitgliederdaten soziale Netzwerke sich verschaffen.

Lokalisten – Beiträge werden bei Abmeldung gelöscht

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

Andreas Hauenstein, Gründer von Lokalisten.de antwortet: “Im Falle einer Kündigung beziehungsweise Abmeldung werden alle Daten irreversibel und ohne Pseudonymisierung gelöscht, egal, ob dies der User explizit wünscht oder nicht. Dies bezieht sich auf Nachrichten, Profil, Gästebuch, Tagebuch, Gruppen, Kommentare in Gruppen, Fotokommentare, etc. Technisch bedingt kann der Löschprozess, insbesondere das vollständige Bereinigen aller Caches, bis zu zwei Tage dauern. Der User wird hierauf während des Löschprozesses hingewiesen.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Beide Parteien haben jederzeit das Recht, den Vertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen Nutzerseitig erfolgt die Kündigung per E-Mail an deleteuser@lokalisten.de zu richten. Nach Beendigung des Vertrages werden auf Wunsch sämtliche Daten des Kunden von Lokalisten gelöscht. Lokalisten teilt eine Kündigung schriftlich per Email mit. Die Interessen des Nutzers werden im Fall der Kündigung berücksichtigt.” (aus Abschnitt 3 der Lokalisten-AGB)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus? Sind Kommentare und Nachrichten zum Beispiel noch anonymisiert gespeichert?

Andreas Hauenstein, Gründer von Lokalisten.de antwortet: “Alle Inhalte des Users verschwinden komplett und sind für niemanden mehr sichtbar. Ist der abgemeldete User ein “Einlader”, steht bei den Eingeladenen ein unklickbarer “Exloki” ( Beispiel), in der Freundeskette findet sich ein Platzhalter von drei Punkten. Ansonsten weist nichts mehr auf einen ehemaligen User hin.”

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

Andreas Hauenstein, Gründer von Lokalisten.de antwortet: “Die User übertragen uns nicht explizit die Rechte an ihren Inhalten, diese sind ausschließlich User generated und gehören auch den Usern.”

So bewertet das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie den Löschumfang:

“Dieses Prozedere ist umständlich und mit dem Stand der Technik nicht zu rechtfertigen. Deshalb wird eine negative Bewertung vergeben. Positiv ist aber der Umfang des Löschens: Unter anderem werden Gästebucheinträge in fremden Profilen, Nachrichten in Gruppen, Fotoverknüpfungen und Kommentare zu einem Blog gelöscht.” (aus der Studie ” Privatsphäre in Sozial-Netzwerke-Plattformen” vom 25.9.2008, Seite 97, PDF-Dokument).

Fazit: Wer es schafft, sich abzumelden, löscht auch seine Beiträge. Der Nutzer gibt dem Betreiber bei weitem nicht so viele Rechte wie bei Facebook.

MySpace – einfaches Nutzungsrecht endet bei Abmeldung

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

MySpace-Sprecher Mats Wappmann: “Durch Löschen des MySpace-Accounts werden alle Profildaten auf MySpace vollständig gelöscht, also auch Fotos, Kommentare, Blogs, Foreneinträge, etc. (an der jeweiligen Stelle wird dann darauf hingewiesen, dass der Eintrag gelöscht wurde oder das Mitglied sich abgemeldet hat). Diese Daten können nicht wiederhergestellt werden.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Wenn Sie MySpace auffordern, Ihre PII (Personally Identifiable Information) nicht länger zu verwenden, folgt MySpace dieser Aufforderung, behält jedoch Ihre PII, soweit dies notwendig ist, um die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllen.” (aus dem Abschnitt “Zugriff, Rechtsbehelfe und Compliance der MySpace- Datenschutzbestimmungen)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus?

MySpace-Sprecher Mats Wappmann: “Alle Profildaten auf MySpace werden vollständig gelöscht.”

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

MySpace-Sprecher Mats Wappmann “Es geht laut dem ersten Passus unserer Datenschutzbestimmungen um die Rechte an personenbezogenen Daten (Personally Identifiable Information, PII )”.

Konkret sind das laut den Bestimmungen: “Ihr(e) vollständiger Name, E-Mail-Adresse, Postanschrift, Telefonnummer oder Kreditkartennummer) sowie Daten, die unter bestimmten Umständen indirekt zu PII führen können, (“zusammenhängende Daten”) und die die Mitglieder MySpace bei der Anmeldung freiwillig mitteilen.”

MySpace lässt sich laut Sprecher Wappmann ein “einfaches Nutzungsrecht, welches mit Beendigung der Mitgliedschaft endet” einräumen.

In Punkt 6 der MySpace-Nutzungsbedingungen steht: “MySpace beansprucht keinerlei Eigentumsrechte an Texten, Dateien, Bildern, Fotos, Videos, Sounds, Musikwerken, urheberrechtlich geschützten Werken, Anwendungen oder sonstigen Materialen (sic) (insgesamt “Inhalt”), die Sie auf den oder über die MySpace Services veröffentlichen.”

Allerdings gewähren Nutzer der Veröffentlichung von Inhalt auf MySpace dem Unternehmen eine “beschränkte Lizenz, den Inhalt lediglich auf den oder über die MySpace Services zu nutzen, zu modifizieren, daraus zu löschen, zu ergänzen, öffentlich darzubieten, zu reproduzieren und zu verbreiten. (…) Diese beschränkte Lizenz gewährt MySpace nicht das Recht, Ihren Inhalt außerhalb der MySpace Services zu verkaufen oder auf sonstige Weise zu verbreiten. Wenn Sie Ihren Inhalt von der MySpace Website entfernen, werden wir die Verbreitung so bald wie praktikabel und möglich einstellen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Verbreitung aufhört, endet auch die Lizenz (…).”

So bewertet das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie den Löschumfang:

“Gelöscht wird gründlich. Gruppennachrichten, Foreneinträge und Kommentare zu Blogs werden vollständig entfernt.” (aus der Studie “Privatsphäre in Sozial-Netzwerke-Plattformen” vom 25.9.2008, Seite 77, PDF-Dokument)

Fazit: Anders als Facebook lässt sich MySpace nur ein einfaches Nutzungsrecht einräumen – wer sich abmeldet, zieht dieses Zugeständnis auch zurück und tilgt seine Beiträge.

Spin – keine Rechteübertragung

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

Spin-Geschäftsführer Paul Schmid: “In unseren AGB findet keine Rechteübertragung statt. Das unterscheidet (insbesondere für die werbliche Nutzung) uns im wesentlich von Facebook. Anders als Facebook (und nahezu alle anderen Communities) arbeiten wir eben gerade nicht Realnamen-basiert (Markus Mustermann), sondern jeder Nutzer tätigt seine Veröffentlichungen unter Pseudonym/einem Nicknamen. Die optional (!) hinterlegbaren Realnamen und Adressdaten werden bei der Löschung des Profils komplett mitgelöscht. Wir erheben von Anfang an weniger Daten von unseren Nutzern als Pflichtdaten und geben auch keine Nutzerdaten weiter.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Von registrierten Benutzern werden darüber hinaus die E-Mail-Adresse und Zugangsdaten sowie gegebenenfalls die Mobilfunknummer für den Zeitraum von der erfolgreichen Registrierung des Nicknamens an bis zu seiner Löschung gespeichert.” (Abschnitt 3 der Spin-Datenschutzregelung)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus?

Spin: “Nach Ablauf der Frist von sieben Tagen nach dem Löschantrag, in denen sich ein Benutzer das noch mal neu überlegen kann (die Frist gibt es, um Passwortdiebstahl auszuschließen) passiert folgendes: Das Profil selbst, das Blog und ähnliche Inhalte, die zu dem Profil gehören und alle Fotos verschwinden und werden gelöscht. Verschickte Nachrichten an andere Nutzer bleiben bei diesen Nutzern erhalten, allerdings verschwinden Fotos aus diesen Nachrichten. Sonstige Veröffentlichungen (z.B. Forum, Gästebucheintrag) des Nutzers bleiben unter seinem Pseudonym ebenfalls erhalten, nur das Profil dahinter verschwindet dann. Wenn Nutzer allerdings in einem Forumsbeitrag persönliche Daten preisgegeben haben und das gelöscht haben wollen, können sie das per Mail an den Support erreichen. Das wurde in der Vergangenheit mehrfach so praktiziert.”

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

Spin: “Es findet keine Rechteübertragung statt.”

Fazit: Spin macht es ganz anders als Facebook – keine Rechteübertragung auf immer und ewig. Nach der Abmeldung bleiben die Beiträge online – allerdings unter dem selbstgewählten Pseudonym des Nutzers.

StudiVZ – öffentliche Nachrichten bleiben anonym online

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

StudiVZ erklärt: “Alle Mitglieder haben zudem selbstverständlich die Möglichkeit, die eigenen Daten jederzeit und dauerhaft zu löschen.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Mit der erfolgreichen Exmatrikulation eines Nutzers wird der Account des Nutzers und alle personenbezogenen Daten des Nutzers dauerhaft gelöscht. Diejenigen Beiträge, die der Nutzer vor der Exmatrikulation über das studiVZ-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht hat (z.B. auf der Pinnwand eines anderen Nutzers oder innerhalb einer Gruppe), bleiben nach der erfolgten Deaktivierung weiterhin abrufbar – dies jedoch ohne Angabe des Namens und mit dem Hinweis, dass der Beitrag von einem inzwischen gelöschten Nutzer stammt.” (Punkt 3.3 der StudiVZ-AGB)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus?

Der Text öffentlicher Nachrichten in Gruppen und auf Pinnwänden anderer Nutzer bleibt lesbar, der zugeordnete Nutzername wird aber nicht mehr angezeigt. (Punkt 3.3 der StudiVZ-AGB)

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

StudiVZ erklärt: “Die Rechte aller angegebenen Nutzerdaten – das heißt sämtliche Profildaten, Fotos und Texte – liegen immer bei dem jeweiligen Mitglied. Alle eingestellten Daten werden ausschließlich im Rahmen des täglichen Betriebs unserer Plattformen anderen Nutzern angezeigt – abhängig von der individuell gewählten Privatsphäreeinstellung. Darüber hinaus übertragen die Nutzer keinerlei Verwendungsrechte der Daten an uns.”

So bewertet das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie den Löschumfang:

“Die Abmeldung bei studiVZ ist unkompliziert: Auf der Seite “mein Account” wird einfach die Funktion “Meinen Account löschen” ausgewählt. Weitere Maßnahmen sind nicht erforderlich. (…) Es wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass bestimmte Daten technisch bedingt weiterhin in der Plattform gespeichert bleiben (z. B. Gästebucheinträge bei anderen Nutzern). Nach dem Löschen wird bei Foren und Gästebucheinträgen der Nutzername durch den Text “Gelöschte Person” ersetzt. Die Einträge selbst bleiben erhalten. Das Ersetzen des Personennamens garantiert aber keine vollständige Anonymisierung, da nicht auszuschließen ist, dass der Personenbezug über den Textinhalt bestehen bleibt.” (aus der Studie “Privatsphäre in Sozial-Netzwerke-Plattformen” vom 25.9.2008, Seite 88, PDF-Dokument)

Fazit: StudiVZ hat aus dem Protest der Nutzer gelernt. Nach einem umstrittenen Versuch Ende 2007, per AGB-Änderung der Firma eine weiter als zuvor gehende Nutzung der Daten zu erlauben, stand StudiVZ in der Kritik. In den aktuellen Geschäftsbedingngen ist klar geregelt, dass bei Abmeldung gelöscht wird. Öffentliche Nachrichten bleiben allerdings online, doch der Nutzername wird dabei anonymisiert.

Wer kennt wen – Beiträge bleiben anonymisiert online

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

Wer-kennt-Wen-Sprecherin Karin Rothgänger erklärt: “Das Profil eines wer-kennt-wen.de-Nutzers wird bei der Abmeldung unwiderruflich gelöscht. Es kann von anderen Nutzern nicht mehr abgerufen werden oder es kann auch nicht wieder aktiviert werden.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Der Nutzer kann jederzeit durch Abmeldung seine Mitgliedschaft beenden. (…) In jedem Fall der Beendigung der Nutzungsberechtigung ist Lemonline berechtigt, die von dem Nutzer eingestellten Inhalte zu löschen. Der Nutzer hat keinen Anspruch auf Herausgabe oder sonstige Überlassung der von ihm eingestellten Inhalte.” (Punkt 5.1 und 5.3 der Wer-kennt-Wen-AGB)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus?

Wer-kennt-Wen: “Das Profil eines wer-kennt-wen.de-Nutzers wird bei der Abmeldung unwiderruflich gelöscht. Es kann von anderen Nutzern nicht mehr abgerufen werden und es kann auch nicht wieder aktiviert werden. Auch die zugehörigen Fotos und die Fotokommentare werden entfernt. Persönliche Nachrichten, Foren- und Gästebucheinträge werden anonymisiert. Der zugeordnete Name wird durch ‘gelöschter Benutzer’ ersetzt. Bewertungen gibt es auf wer-kennt-wen.de bisher nicht.”

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

Wer-kennt-Wen: “Die Rechte an den von den unseren Nutzern eingestellten Inhalten gelten lediglich für den Zeitraum der Mitgliedschaft. Nach der Abmeldung von wer-kennt-wen.de erlöschen diese Rechte.”

In den AGB ist das unter Punkt 6.1 und 6.4. formuliert: “Der Nutzer gestattet Lemonline, die eingestellten Inhalte für die Erbringung der unter wer-kennt-wen abrufbaren Dienstleistungen zu nutzen und räumt Lemonline die hierfür erforderlichen Rechte an den Inhalten unentgeltlich ein. (…) Die von dem Nutzer an Lemonline eingeräumten Rechte erlöschen mit Beendigung der Mitgliedschaft oder mit Herausnahme der Inhalte aus dem Angebot von wer-kennt-wen.”

So bewertet das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie den Löschumfang:

“Foren und Gästebucheinträge blieben nach Auslösen des Löschvorgangs bestehen. Der Autor wurde aber auf “gelöschter Benutzer” umgeändert. Der Eintrag wird damit aber nicht zwangsläufig vollständig anonymisiert, da über den Textinhalt der Personenbezug erhalten bleiben kann. Bei den Tests konnte außerdem festgestellt werden, dass Fotoverknüpfungen nicht sofort, sondern erst nach zwei Tagen gelöscht wurden. Hierbei könnte es sich aber auch um ein temporäres technisches Problem gehandelt haben.” (aus der Studie “Privatsphäre in Sozial-Netzwerke-Plattformen” vom 25.9.2008, Seite 92, PDF-Dokument)

Fazit: Mit der Mitgliedschaft endet auch das Nutzungsrecht von Wer-kennt-Wen für die Mitgliederdaten. Wie auch bei StudiVZ bleiben öffentliche Beiträge online – mit anonymisiertem Nutzernamen.

Xing – Beiträge bleiben mit Namen online

Was geschieht nach Abmeldung mit den von einem Mitglied eingestellten Inhalten?

Xing-Sprecher Thorsten Vespermann: “Bei der Abmeldung von Xing wird das komplette Profil des Mitglieds gelöscht. Wir behalten keine personenbezogenen Daten der Person – bis auf die Rechnungsinformation, dazu sind wir rechtlich verpflichtet. Bestehen bleiben die Forenbeiträge, die versendeten privaten Nachrichten in den Posteingängen der Personen, denen die Person geschrieben hat, sowie die Gästebucheinträge. Wichtig ist, zwischen personenbezogenen Daten wie den Profilangaben und dem eigenen Foto und sonstigen Daten, also Inhalten wie z.B. Forenbeiträgen oder Gästebucheinträgen zu unterscheiden. Personenbezogene Daten sind in Deutschland besonders geschützt, der User bleibt jederzeit Herr seiner personenbezogenen Daten. Unsere AGBs sehen keine allgemeine Übertragung der Nutzungsrechte von Mitgliedern an XING vor. Sie weisen nur auf eine Ausnahme bei Forenbeiträgen hin.”

Und so steht es in den Geschäftsbedingungen:

“Der Nutzer räumt XING mit dem Einstellen seines Beitrags in ein Forum ein unbeschränktes, unwiderrufliches und übertragbares Nutzungsrecht an dem jeweiligen Beitrag ein, welches XING zu jeglicher Art der Verwertung, insbesondere zur dauerhaften Vorhaltung des Beitrags in dem entsprechenden Forum sowohl auf ihren Seiten als auch auf den Webseiten ihrer Kooperationspartner sowie zur sonstigen Vermarktung des Forums, berechtigt. XING hat damit das Nutzungsrecht an allen Beiträgen zu den von ihr betriebenen Diskussionsforen.” (aus den Xing-AGB, Abschnitt 12, “Rechte an Inhalten”)

Wie sieht das konkret nach der Abmeldung aus?

Die Forenbeiträge bleiben samt Namen online. Nutzer können eine Löschung einzelner Forenbeiträge beantragen, erklärt Xing-Sprecher Vespermann: “Bei mehr als 22.000 Gruppen auf XING kommt es gelegentlich vor, dass Mitglieder um die Löschung eines von ihnen geposteten Forenbeitrags bitten. In begründeten Einzelfällen kann dies durch die Moderatoren oder das Community Management von XING vorgenommen werden. Abgesehen davon hat jeder Autor eines Posts die Möglichkeit, seine Beiträge innerhalb von drei Tagen nach Erstellung selbst zu editieren oder ganz zu löschen. Bei privaten Nachrichten sind auch die persönlichen Rechte des Empfängers betroffen. Der Empfänger hat die Hoheit über sein Postfach, ein Löschen seitens des Anbieters würde einen Eingriff in seine Privatsphäre darstellen. Marketplace-Posting sind nur für einen begrenzten Zeitraum auf XING sichtbar und können vom Absender auch jederzeit entfernt werden.”

Welche Rechte übertragen Nutzer an den von ihnen eingestellten Inhalten?

Xing-Sprecher Vespermann: “Nur für die Forenbeiträge wird XING ein dauerhaftes Nutzungsrecht übertragen.” In Einzelfällen können Forenbeiträge gelöscht werden (siehe Frage oben).

So bewertet das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie den Löschumfang:

“Eine Abmeldefunktion ist somit vorhanden aber umständlich aufzufinden. Nach dem Löschen erscheint der eigene Name weiterhin bei Einträgen in Gruppenforen und bei Einträgen in Gästebüchern anderer Nutzer. Zu bedenken ist, dass Einträge in Gruppenforen möglicherweise außerhalb der Plattform zugänglich sind, je nachdem, ob das Forum selbst öffentlich ist und wie die Zugriffskontrollen des Nutzers bei der Eintragerzeugung eingestellt waren.”

“Der reguläre Abmeldeprozess sieht keine Lösch- oder Anonymisierungsfunktion für Foren und Gästebucheinträge vor. Dieses Faktum allein reicht bereits aus, damit die Anforderungen für dieses Kriterium nicht mehr erfüllt werden können. Zudem sind die zusätzlichen Leistungen des Kundendienstes auf den Abmeldeseiten nicht dokumentiert.” (aus der Studie “Privatsphäre in Sozial-Netzwerke-Plattformen” vom 25.9.2008, Seite 102, PDF-Dokument)

Fazit: Xing geht weiter als die anderen hier beschriebenen deutschen Netzwerke. Das Unternehmen lässt sich ein unbegrenztes Nutzungsrecht für die Forenbeiträge der Nutzer einräumen. Das gilt auch nach der Abmeldung. Die Beiträge bleiben online – mit dem vollständigen Namen des Nutzers.

 


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
Immer gut: Newsletter abonnieren


auch interessant

Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Der common senf aktueller Debatten um Staatsausgaben, Tarifverhandlungen und Zinspolitik scheint mir gerade ein gefährlicher: Alle sollen sparen. Der Staat soll weniger ausgeben und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Arbeitnehmer sollen Reallohnverluste akzeptieren, sparen und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Und Unternehmen sollen sparen, bloß keine Kredite aufnehmen für Investitionen

Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Paradox der Gegenwart

Einerseits sehen so viele Menschen ihre individuellen (Konsum)Bedürfnisse als das wichtigste Gut, als absolut schützenswert. Überspitzte Maxime: Was ich will, ist heilig – alles geht vom Individuum aus. Andererseits erscheint genauso viele Menschen das Individuum ganz klein, wenn es darum geht, etwas zu verändern in der Welt. Überspitzte Maxime: Ich

Paradox der Gegenwart

Wie Schmecken funktioniert

Gelernt: Geschmack und Aroma sind zwei ganz unterschiedliche Wahrnehmungen. Für jede ist ein anderer Teil im Gehirn verantwortlich. Und jede basiert auf unterschiedlichen Daten: Für den Geschmack kommen Eindrücke von der Zunge, fürs Aroma von Rezeptoren in der Nase. Beides vermischt das Gehirn zum Gesamteindruck Schmecken. Sehr lesenswerter Aufsatz darüber

Wie Schmecken funktioniert