Fotopräsentation unterwegs: Kamera-Projektor gegen Hosentaschen-Drucker (Spiegel Online, 3.11.2009)
Fotopräsentation unterwegs
Kamera-Projektor gegen Hosentaschen-Drucker
Knipsen und sofort Abzüge drucken oder direkt eine Diaschau improvisieren – Fotofirmen entwickeln neue Wiedergabe-Geräte für unterwegs. SPIEGEL ONLINE hat die erste Kompakt-Kamera mit Projektor und Polaroids Zwerg-Drucker ausprobiert.
Spiegel Online, 3.11.2009
Ach, das waren noch Zeiten, als die Eltern aus dem Urlaub kamen und Wochen später der Oma beim Diaabend die 100 schönsten Aufnahmen zeigten – nachdem vorher am Kaffeetisch schon die 200 besten Abzüge herumgereicht wurden.
Diese Tradition aus der Zeit der chemischen Fotografie wollen ein paar Unternehmen für Digitalfotos wiederaufleben lassen: Wer bei einer Party fotografiert, will die Fotos ja vielleicht gleich allen zeigen – was recht beschwerlich ist, wenn alle Interessierten auf ein Kameradisplay in Zigarettenschachtelgröße starren.
Nikon und Polaroid bieten zwei ganz unterschiedliche technische Lösung für dieses vermeintliche Präsentationsproblem: Nikon baut eine Art Digitaldiashow für unterwegs, und Polaroid verscherbelt einen Hosentaschen-Drucker zu Niedrigpreisen, der Fotoabzüge druckt, die so groß wie der iPhone-Bildschirm sind.
Nikons Diashow-Kamera S1000pj ist die erste Kompaktknipse mit eingebautem Pico-Projektor. Das Gerät kostet derzeit im Online-Versandhandel etwa 350 Euro. Dafür bekommt man eine recht kleine Kompaktkamera. Die hat allerdings zwei Linsen: in der Mitte die des Projektors, oben rechts die der Kamera.
Drucken oder Projizieren?
Das ist auch das größte Problem bei der Bedienung: Da die Linse dort sitzt, wo der linke Zeigefinger üblicherweise am Kameragehäuse ruht, grabscht man beim Fotografieren leicht vors Objektiv, ähnlich wie bei der iPhone-Kamera. Abgesehen davon ist die Bedienung der Projektor-Kamera einfach. Wer schon einmal eine Digitalkamera in der Hand hatte, kann ohne einen Blick ins Handbuch binnen fünf Minuten ein Foto schießen und an die Wand werfen.
Der Projektor wird mit gerade einmal zwei Knöpfen bedient: Einer schaltet ihn ein, mit dem anderen, einem Schieberegler, stellt man das projizierte Bild scharf. Das sieht auch ganz gut aus – in abgedunkelten Räumen. Je heller es ist, desto weniger ist zu erkennen. Bei normalen Lichtverhältnissen selbst in geschlossenen Räumen ohne allzu helles Deckenlicht sieht man zu wenig vom Bild des Pico-Projektors. Aber wenn es schummrig genug ist, beeindruckt die Projektion durchaus: Mit VGA-Auflösung (640 x 480 Pixel) wirft die Kamera die Fotos und aufgezeichneten Videos an die Wand. Die Farben sind nicht brillant, aber man sieht gerne hin und erkennt genug, um einer Foto-Präsentation zu folgen und Spaß daran zu haben.
Videoclips gibt die Projektorkamera auch wieder – der etwas scheppernde Klang aus dem eingebauten Lautsprecher ist ein nettes Extra – etwas Brandungsgeräusch zum Strandfoto ist wirklich nett.
Digitaldias sieht man nur im Dunkeln
Nikon gibt die Helligkeit mit 10 Lumen an – das ist in etwa so gut oder schlecht wie fast alle Taschenprojektoren leuchten. Das genügt in abgedunkelten Räumen auf glatten Oberflächen, alles andere kann man vergessen. Je nachdem, wie weit entfernt von der Behelfsleinwand das Gerät platziert wird, erreicht das Bild eine Diagonale von knapp 15 Zentimetern bis zu einem Meter (dafür muss es aber schon richtig dunkel im Raum sein).
Für seine Größe arbeitet der Mini-Projektor ordentlich. Ärgerlich ist nur, dass der Akku recht schnell leer ist, wenn man Bilder an die Wand wirft – nach einer knappen Stunde ist Schluss. Man kann die Kamera dann nicht an die Steckdose stöpseln und weitergucken – der Akku muss herausgenommen und geladen werden. Das ist nicht besonders gut durchdacht, bei knapp 350 Euro könnte man durchaus einen Netzstecker für den Kameraprojektor erwarten.
Die Kamera, die neben dem Mini-Projektor im Gehäuse der Nikon S1000pj steckt, ist durchschnittlich: Zwölf Megapixel, fünffacher optischer Zoom und so weiter – und durchschnittliche Bildqualität. Es gibt Kompaktkameras, die matschigere oder verrauschtere Bilddateien aus dem einfallenden Licht errechnen. Die sind aber meistens deutlich billiger. Für 350 Euro kann man heute auch eine neue Lumix LX3 kaufen, eine Kompaktkamera, die dank eines hervorragenden Objektivs bei Tageslicht erstaunlich gute Bilder für eine derart kleine Kamera macht.
Durchschnittliche Kompaktknipse mit Projektor-Aufpreis
Solche Bildqualität liefert die Nikon S1000pj nicht: Schaut man sich die Fotos in voller Größe an, fällt bei schlechtem Licht arges Bildrauschen auf. Fotos von Oberflächen mit feinen Strukturen wirken auch bei Tageslicht recht verwaschen – andere aktuelle Kompaktkameras wie die Canon S90 oder G11 zeigen hier deutlich mehr Details. Das sind keine katastrophalen Schwächen – die Nikon S1000pj ist eine ordentliche Kompaktkamera, für die man aber mehr als für andere ähnlich gut knipsende zahlt – das ist der Projektoraufpreis.
Der Videomodus der S1000pj ist ähnlich bodenständig: Die Projektorkamera filmt in VGA-Auflösung (640 x 480), was ein nettes Extra ist, aber nicht sonderlich begeistert. Aber anders als jede andere Kamera derzeit kann man diese Filmchen eben gleich auf eine Wand projizieren – wenn es dunkel genug ist.
Ausdrucke so groß wie der iPhone-Bildschirm
Polaroids Pogo-Drucker hat dieses Helligkeitsproblem nicht. Der Hosentaschen-Drucker (ungefähr so groß wie eine etwas klobigere Kompaktkamera) druckt in einer knappen Minute einen Farbabzug ohne Rand in der Größe eines iPhone-Bildschirms (5 mal 7,5 Zentimeter). Die Installation ist denkbar einfach: Man stöpselt das USB-Kabel seiner Kamera in den Pogo-Drucker und wählt dann am Kameradisplay aus, was man drucken möchte. Voraussetzung dafür ist, dass die Kamera den herstellerunabhängigen PictBridge-Standard für Sofortdruck beherrscht, was heute aber fast alle Kamera tun.
Im Test klappte das mit der Canon S90 und G11 sowie der Nikon D90 problemlos. Eine wichtige Einschränkung: Der Pogo-Drucker kann nur JPG-Dateien drucken – wer Aufnahmen nur im Rohdaten-Format aufzeichnet, kann diese nicht unterwegs ausdrucken. Auch viele gängige Mobiltelefone können per Bluetooth drahtlos Aufnahmen auf dem Pogo drucken. Hier gibt es allerdings weit mehr Ausnahmen als bei Digitalkameras: Das iPhone zum Beispiel verweigert die Zusammenarbeit mit dem Hosentaschendrucker, weil Apple die Bluetooth-Funktion per Software verkrüppelt (mit einem geknackten iPhone kann man drahtlos mit dem Pogo drucken). Entweder funktioniert das Unterwegs-Drucken also sofort und problemlos oder es funktioniert gar nicht.
Die Druckqualität ist ganz ordentlich. Allerdings hat beim Test kein Ausdruck die von Polaroid-Werbefotos suggerierten satten Farben gezeigt: Alle Farbtöne wirken ein wenig blass. Blau kippt mal in Lila, mal ins Grünliche, und insgesamt sind die Ausdrucke alle etwas schwammig. Das ist auch nicht weiter schlimm – von einem Unterwegs-Drucker erwartet ja niemand perfekte Qualität.
50 Euro für den Drucker, 20 Cent pro Ausdruck
Der Pogo-Drucker ist wie die Projektorkamera auch ein nettes kleines Gimmick – kostet aber deutlich weniger: Im Onlinehandel gibt es den Pogo-Drucker für etwa 50 Euro, 70 Blatt Fotopapier kosten gerade mal 15 Euro. Ärgerlich ist, dass die Batterie sehr schnell leer ist – nach acht Ausdrucken war im Test Schluss, der Hersteller gibt 15 an. Allerdings druckt der Pogo dann auch wieder, wenn er an der Steckdose hängt, man muss den Akku nicht erst komplett aufladen.
In einen Rahmen wird sich die kleinen, mauen Drucke niemand stecken. Aber vielleicht aufs Notebook kleben: Das Pogo-Fotopapier ist selbstklebend, wenn man die Folie auf der Rückseite abzieht. Die Drucke halten auch Hitze und Wasser aus – am Druck ändert sich nichts.
Das macht den Pogo-Drucker einzigartig. Man will so eine niedliche Sticker-Fabrik sofort haben. Der Pogo funktioniert beeindruckend unkompliziert. Nur: Was soll man eigentlich damit drucken? Wer Fotos unterwegs herumzeigen will, hat auf dem Display seiner Kamera ein ähnlich großes, aber besser aussehendes Bild als auf dem Pogo-Print. Um unterwegs einem Fotografierten einen Abzug als Dankeschön zu schenken, ist die Qualität der Pogo-Prints nicht gut genug. So etwas zu verschenken, ist peinlich. Und als Ersatz für die alten Chemie-Sofortbilder kann ein Pogo-Druck gar nicht herhalten: Pogo-Drucker sehen wie ein beliebiger, mittelmäßiger Abzug eines Digitalbilds aus. Die Chemie-Polaroids hingegen sind auf ihre eigene Art schön, interessant und eigenständig.
Fazit: Ein Pogo-Projektor wäre ideal
Zum Rumzeigen von Fotos ist Nikons Mini-Projektor deutlich geeigneter. Dafür muss man allerdings 350 Euro ausgeben und erhält neben dem Projektor eine lediglich durchschnittliche Kompaktkamera. Wer ohnehin eine Schnappschuss-Knipse kaufen will und für den Projektor-Spaß etwa 150 Euro Aufpreis zahlen will, ist mit der Nikon S1000pj gut beraten. Wer Unterwegs gerne niedliche Sticker drucken möchte (warum auch immer), hat mit dem Pogo-Drucker sicher viel Spaß.
Für alle anderen Menschen, die eine ordentliche Kamera haben und gerne einmal unterwegs ohne Computer Fotos zeigen würden, muss wohl noch jemand so etwas wie einen Projektor nach Pogo-Prinzip basteln: Ein kleiner Dia-Projektor zum Einstöpseln und Loslegen, der so unkompliziert mit fast jeder Kamera zusammenarbeitet wie Polaroids Pogo-Zwerg. Ansatzweise gibt es das schon: Wer eine Digitalkamera mit AV-Ausgang hat, kann sie an die meisten Pico-Projektoren anschließen. Einige dieser Mini-Geräte haben auch einen Steckplatz für SD-Speicherkarten und können gängige Bild- und Videoformate dank integrierter Software wiedergeben (zum Beispiel Aiptek Pocket Cinema V10, Easypix PX50). Diese Geräte kosten im Online-Versand derzeit etwa 100 Euro weniger als Nikons Projektor-Kamera.