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Gaga-Gadgets: Plastikpinguin brüht den perfekten Tee (Spiegel Online, 10.12.2007)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
6 minuten gelesen

Gaga-Gadgets

Plastikpinguin brüht den perfekten Tee

Die besten Geschenke braucht niemand wirklich, will aber jeder haben, sobald er sie sieht. Zum Beispiel: Windows-Ordner für die Bürowand, edle Kabelschlucker, MP3-Tanzkatzen und einen Pinguin, der Tee zubereitet. SPIEGEL ONLINE zeigt die charmantesten Gadget-Geschenke.

Spiegel Online, 10.12.2007

Frack, Filzzylinder und eine sehr lange, gelbe Nase: So steht der Tee-Pinguin vor einer Teetasse. In seiner Schnabelspitze klemmt ein Teebeutel. Den hält der Plastik-Pinguin ins heiße Teewasser und tickt. Die Aufziehuhr an seiner Seite läuft ab: drei Minuten noch, zwei, eins, dann klingelt der Pinguin, sein Schnabel hebt sich und zieht den Beutel rechtzeitig aus der Tasse – der Drei-Minuten-Tee ist fertig. US-Technik-Blogger lieben diesen Helfer für vergessliche Teefreunde. "Die wohl niedlichste Art, obsessiv in Bezug auf Tee zu sein", feierte Science-Fiction-Autor Cory Doctorow den Tee-Pinguin im Sommer im Gadget-Blog BoingBoing. Seitdem taucht der Tee-Pinguin regelmäßig in US-Technikblogs auf, das legendäre Web-Magazin Wired empfiehlt ihn sogar als Weihnachtsgeschenk – eines der wenigen niedlichen, leidlich nützlichen, aber nicht allzu praktischen Technik-Geschenke.

In der deutschen Blogosphäre ist der Tee-Pinguin nicht annähernd so populär – dabei wurde er in Nordrhein-Westfalen erfunden und entwickelt. Die Idee hatte Arne Kotowski, Arzt und Teetrinker aus Düren. Er hatte, so erzählt Björn Weißmeier vom Tee-Pinguin-Hersteller Küchenprofi, "in seiner Arztpraxis des öfteren das Problem, dass der Tee aufgrund einer zu langen Brühphase ungenießbar wurde". Das Leid kennen wohl die meisten Teetrinker, die im Büro eine Tasse aufbrühen. Kotowski wollte einen Tee-Butler zum Aufziehen bauen, der die Beutel rechtszeitig aus der Tasse zieht.

Mit der Idee wandte sich der Arzt an eine Solinger Familienfirma – seit 1999 hat die den "Teaboy" getauften und patentierten Tee-Pinguin im Programm. Pinguin-Besitzer bewerten den Küchenhelfer in Webforen trotz Plastikfrack als "standfest" und "solide verarbeitet" – das bestätigt der SPIEGEL ONLINE Test. Nichts wackelt, die Aufziehuhr hakt nicht – der Pinguin funktioniert einfach (siehe Video unten).

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Ein Kritikpunkt von Tee-Enthusiasten im Web: Der Tee-Pinguin komme nur mit Teebeuteln zurecht – und für "den Teegenuss" sei nun mal "loser Tee einfach besser geeignet." Das Problem scheint inzwischen gelöst: Der Testpinguin hebt mit seinem Schnabel auch Teeeier. Knapp 20 Euro kostet das Gerät bei Online-Händlern.

Windows-Ordner, MP3-Tanztiere und edle Kabelschlucker – SPIEGEL ONLINE zeigt charmante Gadget-Geschenke.

Der Desktop-Ordner aus Metall

Wer schnell etwas Ordnung auf seinem Computer-Desktop machen will, ohne etwas wegzuwerfen, legt einen neuen Ordner an und schiebt alle Dateien rein, die nutzlos den virtuellen Computer-Arbeitsplatz zumüllen. Dank zwei Coburger Studenten können Computer-Freaks ihren echten Schreibtisch nun mit derselben Methode aufräumen.

Kathrin Lang und Wolfgang Rößler haben für ihre Diplomarbeit in Produktdesign einen Windows-Ordner entworfen, den man sich an die Bürowand hängen kann. "Neuer Ordner" heißt das Stück. Die Farbe ist dem blassen Standard-Gelb der Windows-Ordner nachempfunden, die Form mit den Reitern auch. Der Ordner der Studenten besteht allerdings aus pulverbeschichtetem Stahlblech, hat A4-Format und ist in einem spitzen Winkel nach oben hin geöffnet, so dass man Zeitengen, Ausdrucke und Magazine schnell hinweinwerfen und vergessen kann.

Dank zwei Löchern an der Rückseite kann man den Windows-Metall-Ordner an jede Bürowand hängen – für knapp 30 Euro bekommen Ordnungsfanatiker noch ein paar weiße, beschriftbare Magnetfolien dazu. Damit kann man Mauszeiger imitieren oder den Ordner beschriften.

Die Anwendungsmöglichkeiten haben die Studenten schon erprobt: Ein paar Ordner beherbergen das temporäre Archiv in ihrem gemeinsamen Arbeits- und Vereinsraum – ein Windows-Desktop an der Wand gewissermaßen. Außerdem, erzählt Wolfgang Rößler, sind "mehrere Ordner als Posteingang in unseren WGs verteilt, ein Ordner findet als Nachttischersatz Verwendung und einer speichert die Tageszeitung in der Küche."

Der tanzende MP3-Pinguin

Er sieht nicht so aus, aber der "iPenguin" getaufte Tanzpinguin hat sogar eine ganz nützliche Funktion: In seinem Bauch steckt ein Lautsprecher, der an iPod oder Handy gestöpselt, abspielt, was eigentlich aus Kopfhörern kommen sollte – mit einer seiner Flossen dreht man die Lautstärke auf. Nebenbei stampft der Pinguin aber auch im Takt und blinkt mit bunten LED-Leuchten seine aktuelle Stimmung in die Welt – angeblich mit einem Bezug zur Musik (siehe Video unten).

In Japan verkauft der Spielzeughersteller Sega Toys eine ganze Familie solcher MP3-Tanztiere: Neben dem Pinguin gibt es eine Katze, einen Fisch und einen Hund. In Deutschland sind die Tiere nicht ganz so einfach zu bekommen. Denn hier bietet die Firma Hasbro die japanischen Technik-Spielzeuge unter anderem Namen an: e-Fish, e-Dog und e-Cat heißen sie, kosten bei deutschen Online-Händlern um die 40 Euro.

Wer sich in den japanischen Tanz-Pinguin verguckt hat – sich das niedlichste der Tanztiere – muss einen Umweg nehmen: Den Pinguin kann man nur in England kaufen – wie in Deutschland von Hasbro, allerdings unter dem Namen "I-Cy". Der Lieferung aus Großbritannien dauert länger, aber dafür kostet der Tanzpinguin selbst mit Luftpostzuschlag bei der britischen Amazon-Niederlassung umgerechnet nur etwas mehr als 30 Euro.

Tierkameras für Hunde und Katzen

Was macht ein Haustier den ganzen Tag lang? Und wie sieht es die Welt? Die Frage beschäftigt Hardware-Bastler weltweit. Der deutsche Ingenieur Jürgen Perthold hat im Sommer eine Mini-Katzen-Kamera gebastelt, seinem Kater Mister Lee umgehängt und ihn die Umgebung auf seinen Streifzügen fotografieren lassen. Die Cat-Cam-Fotos waren im Web so beliebt, dass Perthold inzwischen Bausätze und fertig gelötete Mini-Kameras verkauft.

Die Cat-Cam schießt automatisch jede Minute ein Foto – je nach Speicherkarte und Auflösung bis zu 48 Stunden lang. 45 Euro kostet eine fertige Kamera, 24 Euro ein Baussatz zum Selber-Löten. Da Perthold in den Vereinigten Staaten lebt, kommen für den Versand noch mal bis zu 16 Euro dazu. Weil Perthold mit dem Löten den Bestellungen nicht mehr hinterkommt, wird er fertige Kameras nicht mehr rechtzeitig vor Weihnachten verschicken können – als Alternative bietet er ein Geschenkzertifikat mit Fotos von Mr. Lee. Oder man kauft den Bastelsatz – für Hobby-Frickler vielleicht ohnehin das bessere Geschenk.

In Japan ist eine andere Tierkamera bereits in Serienfertigung: Der "Wonderful Shot" getaufte Fotoapparat des Spielzeug-Herstellers Takara Tomy. Die 38 Gramm leichte Kamera kann man auch Katzen umhängen, obwohl sie etwas größer ist als Pertholds Cat-Cam. Allerdings gibt es die "Wonderful Shot"-Kamera nicht bei deutschen Händlern. Da hilft Sven Kilian: Der in Japan lebende Deutsche hat sich darauf spezialisiert, Technik-Wunderwerke aus Japan zu verschicken. Für etwas mehr als 65 Euro samt Versand verkauft er die Kamera in seinem Online-Shop und bei eBay – sieben Werktage soll die Lieferung aus Japan dauern.

In Sven Kilians Japan-Shop findet man noch andere einmalig kuriose Geschenke für Technik-Verrückte: Winzige Insekten-Helikopter, die man per Infrarot-Fernbedienung durch die Wohnung fliegen lassen kann und neue Tamagotchis, bei denen man für das Wohl einer ganzen Ameisenkolonie verantwortlich ist. Warum es das alles nicht in Deutschland gibt? Sven Kilian: "Viele japanische Firmen konzentrieren sich hauptsächlich auf den inländischen Markt – und die meisten japanischen Hersteller verlangen von deutschen Vertriebspartnern Abnahmemengen zwischen 10.000 und 24.000 Stück, welche sich natürlich niemand auf Lager legen möchte." Schade eigentlich.

Edle Kabelschlucker für iPod und Notebook

Der kalifornischen Designer Dominic Symons entwirft eigentlich Edel-Leuchten und Sessel. Doch sein Ärger mit dem Kabel-WIrrwarr bei iPods und Laptops hat ihn ein sehr praktisches und schickes Produkt für Technikfreunde entwerfen lassen. "Ich war frustriert, dass jedes meiner Elektrogeräte ein Ladegerät und mindestens zwei Meter Kabel hatte. Sogar die drahtlosen Geräte!", schimpft Symons. Er hat also ein Kabel-Jojo für Notebook-Strippen und ein kleineres für Kopfhörer-Stränge entworfen.

Symons bändigt Kabel so: Das Kabel-Jojo ist ein Kunststoffquadrat, ein Zentimeter dünn, acht mal acht Zentimeter groß. In der Mitte ist eine Spindel, auf die man Kabel wickeln kann. Das Ganze lässt sich dann mit einer selbstklebenden Rückseite irgendwo befestigen. Symons Mini-Jojo für Kopfhörerkabel funktioniert genauso, lässt sich mit einem Saugnapf auf die iPod-Rückseite pappen oder mit einer Klammer an der Kleidung festpinnen.

Kauft man direkt bei Symons Designstudio, kostet ein Kabel-Jojo samt internationalem Versand umgerechnet weniger als zehn Euro, die Gadgets sind aber auch bei einigen deutschen Händlern zu kaufen – da dürfte die Lieferung vor Weihnachten auch sicher klappen.
 

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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