Knirpskamera Nikon S01: So gut ist die kleinste Nikon (Spiegel Online, 7.11.2012)
Knirpskamera Nikon S01
So gut ist die kleinste Nikon
96 Gramm, Touchscreen und ein optischer Zoom: Die Nikon S01 ist die bislang kleinste Kompaktkamera mit dieser Ausstattung. Wie gut die Aufnahmen der Knirpskamera aussehen, verrät der Test.
Spiegel Online, 7.11.2012
{jumi [*3]}
Für eine 130-Euro-Kamera sieht die Nikon S01 außergewöhnlich gut aus: Die Lackierung glänzt edel, das Gehäuse ist angenehm abgerundet und sehr, sehr klein. Diese Kamera ist kleiner als die Ladegeräte kompakter Fotoapparate, in etwa so groß wie zwei Zündholzschachteln nebeneinander. Und die Nikon S01 ist leichter als ein iPhone 5, die Kamera wiegt gerade einmal 96 Gramm.
Aber sehen die Fotos der S01 so gut aus wie ihr Gehäuse (gibt es in Pink, Schwarz, Silber, Rot oder Weiß)?
Das gefällt: Bedienung, Bildqualität, Zoom
Trotz des winzigen Gehäuses lässt sich die kleine Kamera erstaunlich gut bedienen, besser als die Fotofunktion vieler teurer Smartphones. Die Nikon S01 hat einen Auslöseknopf an der Oberseite, kombiniert mit einer Zoom-Wippe. Außerdem gibt es noch einen Einschaltknopf und eine Taste zum Anzeigen der Fotos im Speicher.
Alle anderen Funktionen der Kamera (es sind nicht viele) muss man über den Touchscreen aufrufen. Der reagiert langsamer und weniger präzise als bei allen gängigen Smartphones. Ab und zu muss man eine Schaltfläche ein zweites Mal etwas länger berühren, damit die Kamera reagiert.
Der Autofokus reagiert schnell und recht zuverlässig, man kann sogar auf dem Touchscreen einen Fokuspunkt auswählen. Viel mehr manuelle Einstellmöglichkeiten gibt es nicht: Man kann die Belichtungskorrektur einstellen, den Blitz ein- oder ausschalten, einen Selbstauslöser aktivieren, aber Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit und Blendenöffnung steuert immer die Kameraautomatik.
Die Aufnahmen der Nikon S01 sind bei vergleichbaren Motiven durchweg so gut wie die des iPhone 4, manchmal sogar besser. Das kann am geringfügig größeren Bildsensor liegen, dürfte aber auch mit der Software für Belichtungsmessung und automatischen Einstellung zusammenhängen. Bei Gegenlicht am Morgen belichtete das iPhone 4 die gesamte Aufnahme über, die Software der Nikon S01 belichtete ausgewogener.
Das kleine, optische Dreifach-Zoomobjektiv hebt die Nikon S01 von Smartphone-Kameras ab. Zoomt man mit der iPhone-4-Kamera, errechnet die Software die Vergrößerung eines Bildausschnitts, es werden weniger tatsächlich belichtete Bildpunkte genutzt. Deshalb wirken Aufnahmen mit Digitalzoom verschwommen, unscharf und aufgeblasen. Bei optischen Zoomobjektiven wie dem der kleinen Nikon S01 werden alle auf dem Sensor belichteten Bildpunkte genutzt, der Bildausschnitt ist ein anderer, weil Linsenelemente verschoben wurden.
Nicht so gut: Serienbilder, Funkverbindung
Auch wenn die Aufnahmen der S01 in vielen Situationen etwas besser aussehen als die eines Smartphones, jede aktuelle Kompaktkamera liefert bessere Bildqualität. Selbst bei strahlendem Sonnenschein und einer geringen ISO-Empfindlichkeit von 80 sind in den Aufnahmen der Nikon S01 störende Artefakte zu sehen – wenn man genau hinsieht.
Das ist für eine derart winzige Kamera akzeptabel, man muss eben Kompromisse machen. Es stört allerdings umso mehr, dass die Nikon S01 keine Serienbildfunktion bietet, anders als einige Foto-Apps für Smartphones. Der S01 fehlt auch ein Gewinde für ein Mini-Stativ. Das ist ärgerlich, weil die Kamera wegen des auch unten leicht gewölbten Gehäuses etwas wackelig auf ebenen Flächen steht.
Der Akku der Nikon S01 ist fest eingebaut, ebenso der Speicher (7,3 Gigabyte sind frei). Das ist akzeptabel. Der Kamera fehlt aber eine Möglichkeit, unterwegs Fotos auf ein Smartphone zu übertragen – wenn schon nicht ins Netz -, zum Beispiel über ein W-Lan-Modul. Man kann Aufnahmen sofort mit einem Dutzend Softwarefilter bearbeiten, aber nicht direkt veröffentlichen.
Fazit: schön, aber halbherzig
Die Nikon S01 ist nichts für Fotografen, die Wert auf die Bildqualität legen. Diese Menschen dürften ohnehin immer eine Kompaktkamera dabei haben, der Gewichtsvorteil der Nikon S01 steht in keinem Verhältnis zu dem Verlust an Bildqualität gegenüber einer Kompaktkamera.
Wer bislang aber nur mit einem Smartphone fotografiert hat und sich etwas schönere Fotos beim Zoomen wünscht, könnte Gefallen an der kleinen Kamera finden. Sie passt in jede Tasche, ist leicht zu bedienen und mit derzeit 137 Euro ziemlich günstig.
Ein Schnäppchen ist die Nikon S01 aber nur für Menschen, denen eine richtig kleine Kamera wichtig ist. Für 50 Euro mehr gibt es weit besser ausgestattete, aber auch erheblich größere und schwerere Kompaktkameras wie die CanonSX240H.
Könnte man die Fotos sofort über eine W-Lan-Verbindung online veröffentlichen, wäre die S01 die ideale Instagram-Kamera. In der gegenwärtigen Form aber ist sie ein halbherziges Produkt. Man weiß nicht so recht, für wen sie gemacht wurde, so niedlich sie auch aussieht.