Kuriose Technik auf der CES: Mikrowelle googelt, Fotorahmen malt Gauguins (Spiegel Online, 9.1.2010)
Kuriose Technik auf der CES
Mikrowelle googelt, Fotorahmen malt Gauguins
Der Putzautomat scannt mit lasergestützter Zielerfassung sein Einsatzgebiet, der digitale Fotorahmen brezelt Schnappschüsse zu Ölgemälden auf, und die Küche googelt sich durchs Web: Auf der Hightech-Show CES in Las Vegas zeigen Hersteller Technikspielzeug, das reichlich kurios wirkt.
Spiegel Online, 9.1.2010
Zwischen all den 3-D-Fernsehern und Lesegeräten gibt es sie noch auf der CES, die guten alten Technikkuriositäten: Die merkwürdigen Geräte, bei denen man auf den ersten Blick nicht erkennt, wofür sie gut sein sollen, und die die Besucher mehr als jeder Riesenfernseher verzaubern.
Der kleine gelbe Wackelroboter Keepon zum Beispiel: Dieser Gummiknubbel wippt zur Musik, filmt seine Umgebung durch zwei Kameras in seinen Augen und lauscht durch das Mikrofon in seiner Nase.
Auf der CES tummeln sich die Besucher am Keepon-Stand, weil der gelbe Knubbelmann so niedlich aussieht. Dabei geht ein wenig unter, dass der Keepon in Japan seit Jahren in der Forschung genutzt wird, um die Therapiearbeit mit verhaltensgestörten Kindern zu unterstützen. So wie man dem Keepon seinen Nutzen nicht sofort ansieht, wird es vielleicht auch einigen anderen Technikkuriositäten auf der CES ergehen.
Wer weiß, vielleicht findet sich einmal sogar für die googelnde Mikrowelle eine sinnvolle Anwendung.
Waschmaschinen im Web, Staubsauger mit Zielerfassung und Fotorahmen mit Kunstfilter – SPIEGEL ONLINE zeigt das merkwürdigste Technikspielzeug von der CES.
Diese Mikrowelle googelt
Das Gerät sieht zwar aus wie eine Mikrowelle, es ist aber ein “Küchen-Kommandozentrum”. So nennt der US-Hersteller Touch Revolution seine auf der CES aufgebaute Supermikrowelle, die ans Internet angeschlossen und per Touchscreen zu bedienen ist und vom Google-Betriebssystem Android gesteuert wird.
Dank dieser Ausstattung kann das Küchen-Kommandozentrum im Internet suchen, Fotos anzeigen, Internetradios abspielen, Landkarten abrufen, Termine und Telefonnummern aus dem Adressbuch des Mikrowellenbesitzers anzeigen.
Das Ganze funktioniert ersten Berichten zufolge recht gut, der Geschäftsführer von Touch Revolution Mark Hamblin hat in seinem vorherigen Job schließlich auch bei Apple den Touchscreen des iPhone mitgestaltet. Er will das NIM1000 getaufte Bedienmodul an die Hersteller von Küchengeräten, Flugzeugausstatter und alle erdenklichen Unternehmen verkaufen, die einen Touchscreen gebrauchen könnten.
Immerhin: Mit dem Küchen-Kommandozentrum kann man sogar Pizza aufwärmen.
In Las Vegas hatte Touch Revolution auch noch eine Waschmaschine mit Web-Browser aufgebaut. Was man beim Waschen googeln soll? Einsatzmöglichkeiten für den Waschmaschinen-Browser vielleicht.
Digitaler Fotorahmen verleiht “künstlerische Integrität”
Casio hat die Lösung für ein Problem gefunden, das man so noch gar nicht wahrgenommen hat: Stört es Sie nicht auch, dass Ihre Fotos nicht aussehen wie Gauguins, van Goghs oder Sisleys? Das ändert der digitale Bilderrahmen “Digital Arts Frame”, der Fotos von SD-Karten einliest und auf einem Bildschirm mit 25 Zentimetern Diagonale reichlich verfremdet zeigt, nachdem ein Grafikfilter das Foto aufgebrezelt hat.
Das Foto von Kater, Oma und Kuchen rechnet Casio zu einem Aquarell-, Pastell- oder Ölgemälde um, gerne auch in einem spezifischen Stil (Pointillismus, Fauvismus usw.), den man dann vor den staunenden Betrachtern korrekt benennen kann, wenn man denn mit seinem kunstgeschichtlichen Wissen vor einem Casio-Fotorahmen angeben mag.
Der US-Chef von Casio, Toshiharu Okimuro, feierte den Hobbymaler-Rahmen in Las Vegas mit Aussagen wie: “Ein Gerät mit bisher nicht dagewesenen Eigenschaften, das dem gewöhnlichen digitalen Fotorahmen künstlerische Integrität verleiht.”
Casio wird den Hobbymaler-Fotorahmen wohl nur in Japan und den Vereinigten Staaten offiziell vertreiben. Keine künstlerische Integrität für Europa – es sei denn, man bestellt direkt im Ausland.
iPhone steuert Freizeitdrohne
Warum sollte man mit seinem Telefon einen Quadcopter durch die Gegend fliegen lassen? Keine Ahnung, aber auf den Videos von den Vorführungen auf der CES sieht das verdammt einfach aus: Parrots “AR Drone Quadricopter” getaufte Spielzeugdrohne dreht ab, wenn man das iPhone neigt, steigt auf, wenn man es hochhebt und sendet dabei die ganze Zeit über eine W-Lan-Verbindung einen Live-Videofeed der Bordkamera zurück ans iPhone.
Die Freizeitdrohne soll in der zweiten Hälfte dieses Jahres in den Vereinigten Staaten und Großbritannien erhältlich sein. Eine offizielle Preisempfehlung gab der Hersteller noch nicht ab, diverse Technikblogs berichten aber, dass am Rande der CES-Vorführungen von 500 US-Dollar als Größenordnung die Rede war.
Und wer wirklich einen Grund braucht, um 500 Dollar für eine per iPhone steuerbare Spähdrohne auszugeben: Man soll mit dem Ding auch in halbvirtuellen Luftgefechten gegen andere Drohnen antreten können. Ein Spieler steuert die echte, der andere eine allein in der Spielwelt existierende Drohne. Hmm.
Mint-Roboter wischt, wo Roomba nur saugen kann
Jahre lang war der Roomba ein Synonym für Haushaltsroboter. Roomba, der Staubsaugerautomat des US-Herstellers iRobot hatte den Markt für Haushaltshelfer geschaffen und übernommen. Jetzt kriegt der runde Roomba Konkurrenz von eckigen Putzmaschinen: Das US-Unternehmen Evolution Robotics zeigt auf der CES einen Wischroboter namens Mint, der harte Böden vollautomatisch wischt.
Als einen großen Vorzug das Mint preist der Hersteller seine Ecken. Ja, wirklich: “Um schwer zu erreichende Stellen zu reinigen, macht der Mint Schluss mit der traditionellen runden Roboterform.” Abgesehen von vier Ecken hat der Mint auch drei Navigationssysteme an Bord, die festhalten, wo er schon gewischt hat und wo welche Bodenform anfängt (um zum Beispiel Teppich von Parkett zu unterscheiden).
Der Mint soll im Herbst 2010 in den Vereinigten Staaten zu kaufen sein – für etwas weniger als 250 Dollar.
Saugroboter mit lasergesteuerter Zielerfassung
Die schlechten Scherze zuerst: Ja, der Neato Saugroboter XV-11 hat einen Laser an Bord, nein, er pulverisiert damit nicht den Hausstaub. Stattdessen vermisst der Saugautomat mit dem Laserscanner sein Einsatzgebiet. Hersteller Neato hat das lasergestützte System Room Positioning System (RPS) getauft. Per RPS soll der XV-11 Hürden in bis zu vier Metern Entfernung erfassen und nebenbei auch noch feststellen, ob er mit seinen zehn Zentimetern Höhe saugend unter ihnen durchfahren kann oder nicht.
Auch den Rand von Teppichen soll das RPS erkennen können, um daran entlangzusaugen statt drüber hinwegzurasen. Da der Neato XV-11 einen Plan seines Einsatzgebiets speichert, kann der Besitzer ihn programmieren, an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten nur in bestimmten Zimmern zu saugen.
In den Vereinigten Staaten soll der XV-11 noch im Februar für etwa 400 US-Dollar erhältlich sein. Laut “Golem.de” plant der Hersteller einen Deutschland-Start bis zur Mitte des Jahres.