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Mini-Kamera für Tiere: Katzen spähen ihre Nachbarn aus (Spiegel Online, 5.8.2007)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
3 minuten gelesen

Mini-Kamera für Tiere

Katzen spähen ihre Nachbarn aus

Mit der Umhänge-Kamera eines deutsche Ingenieurs dokumentieren Katzen ihren Alltag: Sie mischen Kindergeburtstage auf und brechen in fremde Häuser ein. SPIEGEL ONLINE zeigt die besten Bilder – eingeschickt von Katzen-Freunden aus den USA, England und den Niederlanden.

Spiegel Online, 5.8.2007

Es war eine nette, witzige Idee. Der deutsche Ingenieur Jürgen Perthold wollte wissen: Was macht mein Kater den ganzen Tag? Er baute eine Mini-Kamera, hängte sie seinem Kater Lee um und ließ ihn fotografieren: Die rothaarige Katze hinter dem hohen Stahlzaun der Nachbarn, den hageren schwarzen Konkurrenten, das Vogelhäuschen im Wald. Vor zwei Monaten stellte Perthold die Fotos ins Internet – seither kann er sich vor Anfragen kaum retten: Katzen-Freunde aus aller Welt wollen die "Cat-Cam" haben. Aus der niedlichen Idee ist ein Geschäft geworden.

Jetzt sucht er mit seiner Frau Jenny sogar Mitarbeiter, die Katzen-Kameras zusammenbauen. Die Pertholds, die in South Carolina leben, müssen mehrere hundert Bestellungen für die Katzenkamera abarbeiten. Gut hundert Kameras haben sie schon zusammengebaut und verschickt. Einige der ersten Kamera-Besitzer haben ihre Fotos an SPIEGEL ONLINE geschickt. Hier die besten Bilder – und ihre Geschichten.

Primo spannt neben

Kater "Primo" ist jung und neugierig: Mit seinen drei Jahren streunt er viel durch Eindhoven. Und auch durch die Häuser der Nachbarn, wie sein Besitzer Henk van Broekhuyzen durch die Bilder der Katzenkamera erfahren hat. Der 35-jährige Ingenieur erzählt: "Er besucht das Haus meiner Nachbarn durch deren Katzentür. Ich habe ihre Wohnzimmerlampe auf ‘Primos’ Fotos gesehen."

Außerdem fasziniert den jungen Kater eine Villa in der Nachbarschaft: Da gibt es einen Teich, einen Springbrunnen und einen riesigen Garten. Da schläft er auch gern, erzählt van Broekhuyzen: "Das macht ‘Primo’ überhaupt sehr oft: Dreiviertel seiner Zeit draußen – in Gartenschuppen, auf Motorradsitzen und in der Hecke der Nachbarn."

Präsident Meow knipst den Kindergeburtstag

Kater "Meow" lebt seit sieben Jahren bei Ian Schmutte: Damals lief er – verwahrlost und ein paar Monate jung – dem Wirtschaftswissenschaftler zu. In St. Louis war das. Er hat seitdem alles miterlebt: den Umzug nach Ithaca, wo Schmutte eine Doktorarbeit an der Cornell Universität schreibt, die Geburt des ersten Sohnes von Ian und Tiffanie. Und jetzt: der erste Geburtstag des kleinen Desmond.

Der schwarze, kleine "Meow" schleicht in der Küche umher, streift auf die Terrasse hinaus, schlängelt sich zwischen den Ballons hindurch und fotografiert die Party von unten: Beine, Sandalen, Dreiräder. Er will dabei sein, das sieht man. Nur manchmal lockt ihn seine Neugier weg von der Familie: In das Spielzelt, das da auf der Wiese steht. Ein neues Versteck?

"Meow" ist vorsichtig – seine Familie wohnt noch nicht sehr lange in der Gegend. Ian Schmutte erklärt SPIEGEL ONLINE: "Wir sehen auf den Fotos, wie er langsam sein Territorium ausweitet. Und wir lernen die Umgebung kennen, vor allem den Wald hinterm Haus." Seine Pausen verbringt "Meow" draußen – wie offenbar viele Katzen – unterm Auto. Und er erkennt offenbar den Wagen seiner Familie. Schmutte: "Wir wissen jetzt sehr gut, wie unser Auto von unten aussieht."

Pummelchen Jacquie verrät ihre Fress-Plätze

"Jacquie" ist acht Jahre alt, lebt in Norwich im Südosten Englands und hat ein Gewichtsproblem: "Sie ist einfach zu schwer", erzählt Programmierer Martin Harris.

Die Katzen-Kamera ist Harris’ letzte Hoffnung: "Ich hatte ihr schon eine leichte Diät verpasst, aber es half nichts. Sie nimmt nicht ab. Jetzt will ich herausfinden, bei welchen Nachbarn sie sich ihre Extra-Mahlzeiten holt."

Bislang ist er aber nicht fündig geworden. "Jacquies" Fotos zeigen, wie sie um ihren Futternapf streift, die Küche und das Haus durchsucht. Aber Nachbarn hat sie nicht besucht – nur die Garten-Schaufel und den Müllsack hinterm Haus. Aber vielleicht bringt der Stress ihren Stoffwechsel durcheinander.

Harris arbeitet oft in Kalifornien, muss "Jacquie" immer wieder für Wochen verlassen und von einem Freund versorgen lassen. Aber das könnte sich bald ändern: "Ich hoffe, sie kommt dieses Jahr mit mir nach Kalifornien – ich bin mir sicher, dass sie die Sonne hier lieben wird!"

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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