Neue Kameras: Das sind die ersten Photokina-Neuheiten (Spiegel Online, 13.9.2012)
Fujifilm X-E1 / Sony NEX-6 / Sony RX1 / Nikon D600 / Impossible FPU
Das sind die ersten Photokina-Neuheiten
Größere Bildsensoren, schärfere Aufnahmen, kleinere Gehäuse: Kamerahersteller zeigen ihre ersten Photokina-Neuheiten. Darunter sind die leichtesteste Vollformat-Kamera aller Zeiten und ein iPhone-Fotolabor.
Spiegel Online, 13.9.2012
{jumi [*3]}
Die Smartphones sind schuld. Auf der Photokina in Köln werden die Kamerahersteller vom 18. September an so viele außergewöhnliche und vergleichsweise teure Fotoapparate zeigen wie schon lange nicht mehr. Die Hersteller experimentieren, bauen immer größere Bildsensoren in kompakte Gehäuse, probieren neue Technik aus und versprechen bisher unerreichte Bildqualität. Ein Grund für den Innovationsschub ist die enorme Verbreitung von Smartphones.
Bei Tageslicht genügen Smartphones den meisten Nutzern als Schnappschusskamera, nur eine Minderheit der Millionen neuen Fotos auf Instagram und Facebook kommt heute aus traditionellen Kameras. Der Umsatz mit Kompaktkameras in Deutschland sinkt seit Jahren, von 1,4 Milliarden Euro 2007 auf inzwischen nur noch eine Milliarde.
Die Menschen kaufen weniger Kompaktkameras und bezahlen im Durchschnitt auch weniger für solche Modelle (im Schnitt 140 Euro je Kamera 2011). Gleichzeitig kaufen immer mehr Menschen erheblich teurere Spiegelreflex- und Systemkameras und passende Objektive. Diese im Schnitt 612 Euro teuren Kameras machen inzwischen fast 40 Prozent des Gesamtumsatzes mit Fotoapparaten in Deutschland aus, 2007 war es nur ein Viertel.
Fujifilm X-E1 – filterlose Systemkamera
Passenderweise stellen die Kamerabauer im Vorfeld der Fotomesse vergleichsweise teure neue Systemkameras vor. Fujifilm hat für November die X-E1 angekündigt. Die ist zwar nichts für die Hemdtasche, aber erheblich leichter und kompakter als Spiegelreflexkameras. Die Objektive an der X-E1 kann man auswechseln, es lassen sich alle bisher für die erheblich teurere X-Pro1 erschienenen Objektive nutzen. Die Bildqualität der Kamera dürfte hervorragend sein, denn hier es ist derselbe Bildsensor eingebaut wie in der von uns getesteten X-Pro1. Wie bei der X-Pro1 und Sigma bei der DP2 Merrill verzichtet Fujifilm auf einen Tiefpassfilter, was der Schärfe der Aufnahmen zugutekommt.
Bei der X-Pro1 gab es anfangs Probleme mit dem bisweilen trägen Autofokus. Inzwischen gibt es neue Firmware für diese Kamera, die Verbesserungen kommen auch der X-E1 zugute. Bei Probeaufnahmen in einem geschlossenen Raum mit mäßiger Beleuchtung stellten die X-E1 und die X-Pro1 zuverlässig scharf. Die X-E1 dürfte dem teuren, älteren Modell Konkurrenz machen: Sie kostet etwa 600 Euro weniger, es fehlt der Hybridsucher und der Bildschirm ist nicht ganz so gut wie beim teureren Modell.
Sony Nex-6 – W-Lan-Kamera mit Sucher
Sony wirft in kurzen Abständen neue, leicht veränderte Modelle seiner Nex-Systemkameras auf den Markt. Die Nex-6 ist eine interessante Mischung der bisherigen Modelle: Der digitale Sucher stammt vom Spitzenmodell Nex-7 und dürfte eher die Fotoenthusiasten ansprechen. Das gilt auch für den Bildsensor, der mit 16,1 Megapixeln eine niedrigere (und für die meisten Zwecke vernünftigere) Auflösung hat als der der Nex-7. Allerdings hat Sony in der Nex-6 eine W-Lan-Funktion und die Foto-App “PlayMemories” integriert. Das sind nun wiederum Details, die sich eher an Smartphone-Fotografierer richten.
Für die meisten Nutzer dürfte die günstigere Nex-6 die bessere Wahl sein als die mehr als 200 Euro teurere Nex-7 (wesentliche Vorzüge: höhere Auflösung, ein zusätzliches Wahlrad). Wie Fujifilm mit der X-E1 macht Sony dem eigenen Spitzenmodell Konkurrenz. Doch auch wenn die Nex-6 günstiger ist als die große Schwester – etwa 1000 Euro für eine Kamera mit einem einfachen Zoomobjektiv sind ein stolzer Preis, deutlich über dem Durchschnittsumsatz je Spiegelreflexkamera.
RX1 – die leichteste digitale Vollformat-Kamera
Sonys Kompaktkamera RX1 ist eine verblüffende technische Leistung: Die Kamera wiegt gerade mal 480 Gramm, aber sie hat einen Vollformat-Sensor eingebaut, mit gut acht Quadratzentimeter Sensorfläche. Dieses Format war bisher großen und schweren Spiegelreflex-Kameras wie Canon 5D Mark II oder der Nikon 800 vorbehalten. Allein die Gehäuse dieser Vollformatkameras wiegen fast doppelt so viel wie die Sony RX1 mit Objektiv. In der Sony RX1 ist derselbe Bildsensor eingebaut wie in der gleichzeitig vorgestellten Vollformat-Kamera A99, die mit einem halbdurchlässigen Spiegelapparat ausgestattet ist und 812 Gramm wiegt (ohne Objektiv).
Bei der Vollformat-Kompaktkamera RX1 hingegen ist das Objektiv fest eingebaut. Das hat die Kunden schon bei der Fujifilm X100 nicht gestört, die Brennweite von 35 mm ist flexibel genug, die größtmögliche Blendenöffnung von f/2 dürfte in Verbindung mit der großen Sensorfläche starke Unschärfeeffekte ermöglichen, um zum Beispiel bei Porträts das Motiv vom Hintergrund abzuheben.
Angesicht der Preisempfehlung von 3099 Euro ist diese Kamera für die meisten Fotoenthusiasten nur ein Ausblick darauf, welche Technik in den nächsten Jahren erschwinglich wird.
D600 – Nikon unterbietet Vollformat-Konkurrenz
Nikons neue Vollformat-Kamera sieht aus wie eine klassische Spiegelreflexkamera. Aufsehenerregend ist bei dieser Kamera der Preis: Als Verkaufspreis für das Gehäuse empfiehlt Nikon 2149 Euro. Das ist viel Geld, für eine Vollformat-Spiegelreflex allerdings vergleichsweise wenig, die Vollformat-Gehäuse von Canon (5D Mark III) und Sony (A99) kosten etwa 800 Euro mehr.
Impossible FPU – das Polaroid-Studio fürs iPhone
Einige Innovationen aus der Filmchemie wird man auf der Photokina auch sehen können. Das Unternehmen Impossible Project stellt Prototypen eines tragbaren Sofortbildentwicklers vor. Die Firma hat 2008 eine Polaroid-Filmfabrik in den Niederlanden übernommen, inzwischen produziert die Firma eigene Sofortbildfilme und repariert alte Sofortbild-Kameras.
Nur neue analoge Kameras hatten sie bisher nicht im Angebot. Nun hat die Firma ein eigenes Entwicklungsmodul konstruiert, 2013 will das Unternehmen erste analoge Kameras anbieten. Das erste Produkt soll das Impossible Instant Lab sein – ein mobiles Fotostudio zum Entwickeln von iPhone-Fotos. Auf der Finanzierungs-Plattform Kickstarter hat das Unternehmen für dieses Mini-Labor schon mehr als 300.000 Dollar von über 1500 interessierten Käufern eingesammelt (Stand Mittwochnachmittag).