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Nintendo Wii U: Mit dem Zweiten spielt man besser ()

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Nintendo Konsole Wii U

Mit dem Zweiten spielt man besser

Nintendos Wii u hat einen Controller mit zusätzlichem Display – mit passenden Spielen ergibt das ein überraschend anderes Spielerlebnis. Besonders viel Spaß macht der Multiplayer-Modus.

Spiegel Online, 4.6.2012

{jumi [*3]}

Ist da schon der Akku drin? Nintendos neue Konsole Wii u steuert man nicht mit einem herkömmlichen Controller, sondern mit einem kleinen Extracomputer samt Touchscreen. Als ich den Steuerschirm in die Hand nehme, fällt mir als erstes auf, wie leicht er sich anfühlt, trotz Akku. Leichter als ich den Gamepad-Prototyen in Erinnerung habe, der im vorigen Jahr auf der E3 gezeigt wurde. Und viel leichter, als sich Tablets anfühlen.

Das Gamepad der Wii u liegt beim Spielen zudem viel besser in der Hand als Tablets mit ihren flachen Rückseiten. Man kann Nintendos Gamepad auch längere Zeit sicher und sehr bequem mit einer Hand halten, während man mit der anderen über den Touchscreen streicht.

Das muss man zum Beispiel bei dem Minispiel “Takamara’s Ninja Castle”: Das Ziel ist es, mit Wurfsternen Ninja zu erwischen, die auf dem Fernsehschirm plötzlich hinter Mauern und Hecken hervorspringen. Das Gamepad hält man parallel zum Boden, der Bildschirm weist mit der kürzeren Kante zum Fernseher. Je nachdem, wie man das Gamepad bewegt, zieht der Zielcursor auf dem großen Fernsehschirm mit. Hat man einen Ninja im Visier, streicht man mit der freien Hand über den Gamepad-Schirm in Richtung Fernseher – jeder Wisch feuert einen neuen Ninja-Stern ab.

Dieses Spiel ist das einfachste in der Sammlung “Nintendoland”, sozusagen das Trainingsprogramm. Zum Start der Wii u könnten die zwölf kleinen Spiele als Beigabe jeder verkauften Konsole beigelegt werden, ähnlich wie “Wii Sports” bei der ersten Wii vor sechs Jahren. Ob und in welchen Regionen “Nintendoland” als Dreingabe mit der Wii u verkauft wird, sagt Nintendo derzeit nicht. Auf eine entsprechende Frage bei einer Konferenz antwortet der Wii-u-Entwickler Katsuya Eguchi: “Nintendoland hat ein ähnliches Konzept wie Wii Sports, daraus kann man etwas ableiten. In Japan war zum Beispiel Wii Sports nicht jeder neuen Wii beigelegt, in den USA schon. Ich weiß nicht, wie es bei Nintendoland sein wird.”

Doppelte Action auf dem Fernseher und auf dem Gamepad

Mit dem Startpaket sollen die Konsolenbesitzer künftig lernen, was mit der Zweischirmsteuerung möglich ist. Eine verblüffend neue Spielerfahrung bieten Wii-u-Spiele, bei denen mehrere Spieler im selben Raum unterschiedliche Ausschnitte der Spielwelt sehen. Beim Minispiel “Legend of Zelda – Battle Quest” zum Beispiel blicken zwei Spieler auf den Fernsehschirm, sie steuern ihre Figuren mit den klassischen, länglichen Wii-Remotes. Diese Spieler kämpfen Seite an Seite mit Schwertern gegen Horden niedlicher, aber bedrohlicher Gegner. Der Spieler mit Gamepad hingegen führt einen Bogen. Er muss seine Mitspieler vor Gegnern beschützen, die unerreichbar für einfache Schwertkämpfer von Türmen herab auf sie schießen.

Der Bogenschütze hält das Gamepad parallel zum Boden, um Pfeile aufzusammeln. Ist der Köcher gefüllt, hebt man das Gamepad an, hält es vors Gesicht und dreht es dorthin, wohin man in der Spielwelt blicken will. Zieht man den rechten Steuer-Stick des Gamepads zurück, spannt man den Bogen, lässt man los, schießt der Pfeil los.

Während des Spiels reden meine zwei Mitstreitern und ich die ganze Zeit: Sie rufen mir, dem Bogenschützen, zu, was ich übersehen habe: “Oben rechts auf dem Turm, ein Schütze, tu was!” Ich habe mit dem Gamepad gerade in eine andere Richtung im Spiel geblickt – von links hinten rückt eine Schar von Gegnern heran, die wollte ich eigentlich aus der Ferne unter Beschuss nehmen. Aber die Schwertkämpfer haben ja recht, ich hab die Bedrohung rechts einfach nicht gesehen.

Völlig neues Spieleerlebnis

Viel zu besprechen gibt es selbst bei einem Einzelspieler-Minititel wie “Donkey Kong’s Crash Course”: Hier experimentiert der Spieler mit den Lagesensoren des Gamepads. Man muss ein Holzwägelchen von oben nach unten durch Labyrinth mit Rampen, Loopings und Plattformen steuern. Kippt man das Gamepad nach links, rollt das Wägelchen dorthin, kippt man es nach rechts, nimmt es Fahrt in diese Richtung auf. Wer zu schnell wird, wer die Rampen nicht in der richtigen Reihenfolge hoch- und runterklappt, fährt das Wägelchen zu Schrott und muss etwas weiter oben im Rampenlabyrinth neu starten.

Die Mitspieler von eben sehen zwar nur zu – aber auf dem Fernsehschirm einen größeren Ausschnitt des Spielfelds als ich auf dem Controller. Sie wissen eher als ich, dass ich schon wieder viel zu schnell auf die Stelle zurolle, an der das Spiel schon ein paar Mal meinetwegen zu Ende war. “Vorsicht, langsamer”, ruft einer. “Da kommt wieder der Huckel!”

Im Jump’n’Run “New Super Mario Bros. u”, das zeitgleich mit der Wii u erscheinen soll, baut der Spieler für seine Mitspieler die Spielwelt um – mit dem Gamepad, während der laufenden Runde. Meine zwei Kompagnons sammeln Münzen, hüpfen von Plattform zu Plattform, weichen hungrig schnappenden Pflanzen aus – was man in Jump’n’Run-Spielen eben so macht. Ich helfe, indem ich mit einem Tipp auf den Touchscreen des Gamepads neue Plattformen in die Spielwelt hineinpflanze, damit der Aufstieg leichter ist. Diese Hilfsplattformen verschwinden schnell wieder, deshalb muss ich immer im Auge behalten, welcher Spieler gerade wo unterwegs ist und ob er nicht etwas Hilfe braucht. Wobei: Bevor es so weit ist, rufen die schon: “Ich brauch’ eine Stufe hier!” Oder: “Hilfe, die Pflanze, die Pflanze!”

Stimmt, wenn ich auf einer der hungrigen Pflanzen herumtippe, schnappt sie nach mir, nicht mehr nach meinen Mitspielern. So hilft man sich bei jedem Spiel mit auf zwei Schirme verteilten Perspektiven: Weil nicht alle dasselbe sehen und können, spielt und quatscht man automatisch mit seinen Mitspielern, um zu bestehen.

Zumindest bei diesen Eigenentwicklungen geht das Nintendo-Konzept auf: Richtig eingesetzt, schaffen zwei Bildschirme ein völlig neues Spielerlebnis.

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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