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Nintendo Wii u: So fühlt sich Nintendos Spieleschirm an (Spiegel Online, 8.6.2011)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Nintendo Wii u

So fühlt sich Nintendos Spieleschirm an

Ein Weltraum-Shooter für die ganze Familie und Versteckspiele mit dem Steuerschirm: Nintendo hat auf der Videospielmesse E3 in Los Angeles erste Mini-Spiele für seine neue Konsole Wii u vorgestellt – Konrad Lischka hat sie ausprobiert.

Spiegel Online, 8.6.2011

{jumi [*3]}

Der Controller der neuen Nintendo-Spielkonsole Wii u fühlt sich viel besser an als er aussieht. Wegen des berührungsempfindlichen Bildschirms, der die größte Fläche einnimmt, vergleicht man den Controller auf Anhieb mit den bekannten Tablets. In diesem Umfeld wirkt der Wii-u-Controller pummelig – zwei Finger dick, zudem hat er noch einen Huckel auf der Rückseite, an dem zwei Feuerknöpfe liegen, die man mit den Zeigefingern bedient.

Aber hat man den Controller erstmal in der Hand, fühlt sich die Gestaltung perfekt an – perfekt zum Spielen: Die analogen Steuerknöpfe am Rand des Touchscreens lassen sich bequem mit den Daumen bedienen, auch wenn man den Steuer-Schirm mit beiden Händen festhält und hin- und herdreht. Und das wird man wohl bei einigen Wii-u-Spielen tun müssen. Nintendo zeigt auf der Videospielmesse E3 drei Prototypen von Mini-Spielen, um zu demonstrieren, welche Spielideen sich mit der neuen Bedienung umsetzen lassen.

Der Shooter für die ganze Familie

Bei “Battle Mii” spielen drei Spieler eine Art aufgemotztes Paintball. Ein Spieler steuert mit dem Wii-u-Controller einen Kampfgleiter, der über dem Spielfeld irgendwo im Weltall schwebt. Er verfolgt das Spiel auf dem 6,2-Zoll Bildschirm des Wii u-Controllers. Die zwei anderen Spieler steuern mit der Wii-Remote und dem Nunchuck Figuren, die in Raumanzügen am Boden herumlaufen. Sie sehen das Spielfeld aus anderen Perspektiven auf dem geteilten Fernsehschirm. Das Ziel ist simpel: Der Flieger muss auf die Figuren am Boden schießen, die beiden unten müssen den Flieger treffen.

Die Steuerung des Raumgleiters mit dem Wii-u-Controller hat man nach einer Minute verinnerlicht: Mit den Daumen bestimmt man an den analogen Steuerknöpfen die Höhe und Flugrichtung des Gleiters. Präzise zielt man, indem man den Bildschirm bewegt. Kippt man den Bildschirm-Controller in die Horizontale, zielt man nach unten, schwenkt man das Display nach links und rechts, zieht das Fadenkreuz mit. Das funktioniert sehr gut – die Darstellung auf dem Controller-Display reagiert sofort, die Sensoren des Controllers registrieren die Bewegungen präzise.

 

Seinen Reiz entwickelt der einfache Shooter durch die Gruppendynamik: Als Bodenkämpfer ruft man dem Mitstreiter zu, wo der Raumgleiter zu sehen war, wenn der andere Orientierungsprobleme hat. Bei den Probespielen auf der E3, riefen sich Wildfremde nach ein paar Augeblicken zu, wo der Raumgleiter gerade ist.

Ein Mii auf der Flucht

Dieses Gesellschaftspiel-Phänomen war bei der zweiten Demonstration für Gruppenspiele, “Chase Mii”, noch deutlicher: Hier müssen bis zu vier Spieler in einem Labyrinth den fünften fangen, der sich versteckt. Auch dieses Spiel nutzt den Wii-u-Controller für einen Ich-sehe-was-das-du-nicht-siehst-Effekt: Der Flüchtende betrachtet auf dem Controller das Labyrinth aus der Draufsicht und sieht zudem noch eine Nahaufnahme seiner unmittelbaren Umgebung. Die Fänger rufen sich zu, in welcher Gegend (einzelne Teile des Labyrinths haben Farbkodierungen) sie gerade das Mii auf der Flucht gesehen haben, dann eilen die anderen zu Hilfe, um die Fluchtwege abzusperren.

Das einzige Solospiel, “Shield Pose”, demonstriert, wie ein Spiel zwei Bildschirme gleichzeitig nutzen kann: Auf dem Fernsehschirm gibt ein Pirat dem Spieler Kommandos und sein Kollege feuert Pfeile ab. Die muss der Spieler mit seinem Wii-u-Controller auffangen, indem er den Steuerschirm hochreißt, zur Seite, nach oben oder unten dreht. Die Pfeile kommen immer schneller, so dass man den richtigen Rhythmus finden und halten muss.

Diese Prototypen zeigen wohl nur einen sehr kleinen Ausschnitt dessen, was mit der neuen Konsole und dem Controller möglich ist. Es bleiben noch viele Fragen offen: Ist der berührungsempfindliche Bildschirm des Controllers multitouch-fähig? Sprich: Kann er Gesten wie das Heranzoomen durchs Spreizen von Daumen und Zeigefinger erkennen? Wie gut ist die Kamera des Controllers – kann man damit zum Beispiel Gegenstände aus der Umwelt in Spiele integrieren? Gibt der Controller ein Videosignal aus, das man auf einem zweiten Fernseher betrachten kann?

“Pikmin” wird einer der ersten Titel für die Wii u

Nintendo schweigt zu diesen Details. Das Unternehmen verrät nicht einmal, wie gut die Auflösung des Steuerschirms ist – gefühlt HD. Hier die wenigen bislang bekannten Details:

  • Die Wii-u-Konsole wird eine Auflösung von bis zu 1080p bieten. Die Grafikleistung soll mit der einer Playstation 3 oder Xbox 360 vergleichbar sein – viel mehr kann man dazu derzeit aber auch nicht sagen. Auf der E3 waren nur ein paar wunderschöne Demovideos zu sehen (herumwirbelnde Schneeflocken, Lichtreflektionen – das volle Programm. Wie das in Spielen aussieht, muss Nintendo noch zeigen.)
  • Nintendo wird die Wii u 2012 veröffentlichen, frühestens im April (da beginnt das nächste Geschäftsjahr). Allerdings erscheint es wahrscheinlicher, dass die neue Konsole nach dem Sommer kommt, wie schon die Wii, der Gamecube und alle Konsolen der aktuellen Generation.
  • Obwohl der Wii-u-Controller wie ein Tablet aussieht, wird er nicht als solcher zu benutzen sein – die Konsole muss immer angeschaltet sein, sagten Nintendo-Vertreter.
  • Eines der ersten Wii-u-Spiele dürfte ein neues “Pikmin” sein – Nintendo-Mastermind Shigeru Miyamoto kündigte das bei einer Entwickler-Veranstaltung im Rahmen der E3 an. Sein Team habe zunächst an einer neuen Wii-Version des Echtzeit-Strategiespiels gearbeitet: “Aber als ich die HD-Grafik sah, war mit klar, dass die Wii u das perfekte System dafür ist, also habe ich entschieden: Wir machen es für die Wii u.” Überhaupt konzentriert sich Miyamotos Entwicklergruppe bei Nintendo derzeit auf Wii-u-Titel, sagte er.
  • Der 2009 angekündigte “Vitality Sensor”, der zum Beispiel den Puls des Spielers messen sollte, wird nicht Teil der Wii u, sagte Shigeru Miyamoto. Man habe die Idee zwar nicht völlig aufgegeben, aber es seien einig Probleme aufgetreten – die Messergebnisse des Sensors seien zu leicht von Umweltfaktoren beeinflusst worden.

Obwohl Nintendo für die Wii u offiziell keine Spiele angekündigt hat, war auf der E3 zu sehen, was bei unabhängigen Entwicklern derzeit in Arbeit ist. Ein kurzer Videoclip bei der Wii-u-Vorstellung zeigte unter anderem Titel wie “Assassin’s Creed”, “Batman: Arkham City”, “Ghost Recon Online” und “Tekken” – allesamt Titel, die Vielspieler begeistern dürften. Jene Spieler also, die derzeit wohl zum größten Teil Konsolen wie die Xbox 360 und Playstation 3 Nintendos Wii vorziehen. Nachdem Nintendo den Massenmarkt der Gelegenheits-Konsolenspieler geschaffen und erobert hat, will der Konzern nun seine Zielgruppe hier erweitern, während Microsoft mit Xbox Kinect in die andere Richtung drängt.

 

{jumi [*5]}

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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