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Online-Auktionen: Kunden zweifeln an Ebay-Zahldienst PayPal (Spiegel Online, 5.6.2008)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
6 minuten gelesen

Online-Auktionen

Kunden zweifeln an Ebay-Zahldienst PayPal

Misstraut ein Ebay-Manager dem hauseigenen Bezahldienst PayPal? In seinen Privatauktionen verlangt er von PayPal-Zahlern Ausweis-Kopien – nur so sei er vor unberechtigten Rückbuchungen geschützt. Ebay-Mitglieder sehen ihr Misstrauen gegen PayPal bestätigt.

Spiegel Online, 5.6.2008

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Frerk-Malte Feller betreibt ein einträgliches Nebengeschäft: Der
32-jährige Manager, bis Februar Deutschland-Boss der Ebay-Bank PayPal,
seitdem bei Ebay fürs Auktionsgeschäft verantwortlich, versteigert als
Privatmann beim Online-Auktionshaus EM-Tickets. Für 641 Euro gingen
zuletzt zwei von Fellers Eintrittskarten für das EM-Viertefinale in
Basel weg.

Der
Auktionstext ist mustergültig formuliert – wie man es von einem
Ebay-Manager erwarten kann. Nur ein Detail lässt viele Ebayer stutzen.

Feller verlangt von Käufern, die Ebays Bezahldienst PayPal nutzen wollen, eine Kopie des Personalausweises.


Die so ausführliche wie interessante
Begründung des Ex-PayPal-Chefs für die Vorsichtsmaßnahme:

  • "Bei PayPal-Zahlung benötige ich von Ihnen beidseitige Kopien Ihres
    Personalausweises und Ihrer Kreditkarte bzw. eine Kopie Ihres
    Kontoauszuges"
  • "Der Hintergrund ist, dass PayPal Verkäufer nur bei Beachtung
    dieser Bedingungen vor unberechtigten Rückbuchungen schützt. Sie als
    Käufer bleiben vollständig im Rahmen des Käuferschutz geschützt. So
    sind beide Seiten abgesichert. :-)"
  • "Der Versand kann bei Zahlung mit PayPal nur an die bei PayPal
    hinterlegte Adresse erfolgen. Ausnahmen sind nicht möglich! Wenn der
    Versand an eine andere Adresse erfolgen soll, dann müssen Sie per
    Überweisung bezahlen."

Moment mal – Verkäufer sind bei PayPal nicht geschützt, wenn Sie
nicht vorab Scans von Personalausweisen und Kreditkarten ihrer Kunden
anfordern? Warum die große Vorsicht? Ebay-Manager Feller zu SPIEGEL
ONLINE: "Die Kopien habe ich verlangt, weil begehrte Tickets auch
Menschen mit unlauterer Absicht anlocken können. Gerade EM-Tickets
werden viel von Mitgliedern aus dem Ausland gekauft und PayPal bietet
zur Zeit noch keinen Verkäuferschutz über Ländergrenzen hinweg an." Er
habe sich also zusätzlich selbst abgesichert, wie es alle Verkäufer bei
Ebay-Transaktionen "mit einem hohen Risikopotenzial" tun sollten.

PayPal-Zahlung nur mit Scan von Personalausweis und Kreditkarte

Diese merkwürdigen Einschränkungen aus dem Auktionstext eines
Ebay-Chefs klingen so ganz anders als die PayPal-Werbung. O-Ton: "Mit
PayPal kann jedes Unternehmen und jeder Privatkunde mit einer
E-Mail-Adresse sicher, bequem und kostengünstig online Zahlungen senden
und empfangen." Aber offenbar nur, wenn einige sehr umfassende Auflagen
erfüllt sind.

Die Äußerungen des Ebay-Managers Feller verunsichern die Kunden des Online-Auktionshauses. In
Ebay-Foren diskutieren Mitglieder erregt. Beispiele:

  • "Stimmt das so? Muss ein Verkäufer sonst immer mit unberechtigten Rückbuchungen rechnen?"
  • "Wenn schon der Ex-PayPal-Chef so vorsichtig ist, scheint das Bezahlen per PayPal ja so sicher nicht zu sein."
  • "Es spricht für sein sehr geringes Vertrauen in die
    Sicherheitskontrollen des Zahldienstes, wenn er nun Kopien von Ausweis-
    und Kreditkarte vor jeder PayPal-Zahlung verlangt. Ist das mit ‘einfach
    und schnell’ gemeint, wie von PayPal beworben?"

Der Ärger bei den Kunden ist groß, weil PayPal in Deutschland bei
immer mehr Ebay-Angeboten Pflicht wird. Ebay hat in Deutschland zum
Beispiel bei iPhone-Verkäufen und Auktionen, die nur einen Tag lang
laufen, einen PayPal-Zwang eingeführt. Für PayPal-Zahlungen fallen
Extra-Gebühren an – aber gibt es dafür auch mehr Sicherheit? Das Sicherheitsportal "Falle-Internet" warnt zum Beispiel regelmäßig vor Lücken beim PayPal-Schutz.

Ausschlussklauseln, Ausweiskopien und Kreditkartenrückbuchungen –
SPIEGEL ONLINE beantwortet die wichtigsten Fragen zum PayPal-Schutz.

PayPal-Verkäuferschutz nur mit Ausweiskopien?

Das Problem:

Ebay-Geschäftsführer Feller gibt in seiner E-Ticket-Auktion an, man
könne hier nur auf Schutz durch PayPal hoffen, wenn man als Verkäufer
von den Bezahlern Ausweiskopien anfordere. Ist das korrekt? Welche
anderen Bedingungen und Einschränkungen gelten?

Ebay antwortet:

Für Deutschland ist der PayPal-Verkäuferschutz im Moment auf den Schutz
vor unberechtigten Rückbuchungen innerdeutscher Kreditkarten- und
Lastschriftzahlungen beschränkt. Es besteht zurzeit noch kein Schutz
bei internationalen Kreditkartenzahlungen. Im speziellen Falle des
besonders risikoreichen EM-Ticketverkaufs, der zudem oft
grenzüberschreitend stattfindet, kann es sinnvoll sein, sich als
Verkäufer die Käuferidentität eindeutig nachweisen zu lassen. Um den
Verkäuferschutz in Anspruch nehmen zu können, muss dem Verkäufer ein
Versandbeleg vorliegen, dem klar die Adresse des Käufers zu entnehmen
ist. Dies ist besonders bei ausländischen "EM-Touristen" besonders
schwer sicherzustellen, Herr Feller hatte z.B. schwedische und
amerikanische Käufer. Alle Bedingungen des Verkäuferschutzes stehen auf
den PayPal-Seiten 

Unberechtigte Rückbuchungen – nach Monaten?

Das Problem:

In Ebay-Foren berichten PayPal-Zahlungsempfänger von unberechtigten
Kredikartenrückbuchungen ihrer über PayPal empfangen Zahlungen, die
Monate nach dem Verkauf abgewickelt werden. Einige
Beispiele:
Eine Firma verkauft eine Maschine nach Großbritannien, die Zahlung
läuft über PayPal, die Maschine wird verschickt und zwei Monate später
wird das Geld vom PayPal-Konto zurückgebucht. Trotz Vorlage von Belegen
für den korrekten Versand gibt PayPal der Rückbuchung statt. Wie lange
nach einer PayPal-Transaktion können über Kreditkarten geleistete
Zahlungen rückgebucht werden? Auf welcher Basis entscheidet PayPal hier
über die Berechtigung der Rückbuchung oder wird solchen Rückbuchungen
generell stattgegeben?

Ebay antwortet:

Bis auf wenige Ausnahmen laufen PayPal-Transaktionen für Käufer und
Verkäufer problemlos ab. Wäre dies nicht so, könnten wir unsere
Schutzprogramme für Käufer und Verkäufer, die jeweils auf Kulanzbasis
abgewickelt werden, gar nicht anbieten.

Für Deutschland ist der PayPal-Verkäuferschutz im Moment auf den
Schutz vor unberechtigten Rückbuchungen innerdeutscher Kreditkarten und
Lastschriftzahlungen beschränkt. Dies kommunizieren wir deutlich auf
allen unseren Informationsseiten.

Wird eine Rückbuchung von einem ausländischen Käufer veranlasst,
fragen wir beim Verkäufer dennoch nach Versandbelegen, um uns in seinem
Sinne beim Kreditkartenunternehmen für ihn einzusetzen. Die
Entscheidung, ob die Beweise anerkannt werden, liegt dann jedoch beim
Kreditkartenunternehmen. Rechtliche Schritte gegen den Käufer stehen
dem Verkäufer jederzeit frei. Da internationaler Handel immer wichtiger
wird, arbeiten wir daran, unsere Schutzprogramme weiter auszubauen.

Betrug trotz PayPal-Käuferschutz?

Das Problem:

Bei PayPal ist dieses Betrugsszenario möglich: Der betrügerische
Verkäufer verzögert den Versand, bis der Käufer eine PayPal-Beschwerde
einreicht, dann versendet er ein leeres Paket oder ähnliches, um einen
Versandnachweis zu erlangen. So ist ein erneuter Antrag auf
PayPal-Käuferschutz unmöglich – man darf nämlich pro PayPal-Transaktion
nur eine Käuferbeschwerde eingelegen.

Ebay antwortet:

Systematisches Vorgehen nach diesem Muster fällt PayPal auf und das
Verhalten solcher Verkäufer wird entsprechend geahndet. Zudem kann der
Kundenservice, wenn er telefonisch kontaktiert wird, den
Käuferschutzantrag manuell ändern. Im Interesse unserer Kunden sind wir
das Problem aber aktiv angegangen und werden daher in den nächsten
Monaten die Bearbeitung der Käuferschutzanträge ändern. Ab diesem
Zeitpunkt kann ein Käuferschutzantrag vom Käufer selbst und direkt von
"nicht erhalten" auf "nicht wie beschrieben" geändert werden 

Kein Schutz für bei Ebay erlaubte, bei PayPal ausgeschlossene Artikel

Das Problem:

Bislang müssen Käufer prüfen, ob der bei Ebay erstandene Artikel
nach den PayPal-Geschäftsbedingungen, Käuferbeschwerde-, Käuferschutz-
und Nutzungsrichtlinien für einen Schutz qualifiziert ist. Denn PayPal
schließt einige bei Ebay zulässige Artikel von seinem Schutzprogramm
aus.

Nach einer Prüfung stellt sich die Frage: Schließt PayPal
Vorabverkaufs-Artikel, Maßanfertigungen und Veranstaltungstickets vom
Käuferschutz aus?

Ebay antwortet:

Es gibt einige wenige Fälle, in denen die Regelungen der beiden
Unternehmen nicht synchron scheinen, für diese gibt es
Sonderregelungen. Zum Beispiel zum Vorverkauf von Maßanfertigungen.
Dort schreibt
Ebay einen Hinweis in der Artikelbeschreibung vor, der darauf
aufmerksam macht, dass der Käuferschutz gegebenenfalls nicht wirksam
sein wird.

Ebay verlangt PayPal bei EM-Tickethandel – PayPal schließt Tickethandel aus

Das Problem:

Beim Verkauf von EM-Tickets scheint Ebay die PayPal-Zahlungsmethode
vorzuschreiben. Es gibt keine Angebote ohne PayPal. Allerdings schließt
PayPal Tickets generell als Artikel aus, verschiedene
Eintrittskarten-Verkäufer berichten in Ebay-Foren von Problemen bei der Abwicklung, weil die Tickets nicht für PayPal-Zahlung zulässig waren.

Ebay antwortet:

Die Bezahlung von über Ebay gehandelten Tickets für die Fußball EM
2008 mit PayPal ist grundsätzlich möglich. Ebay und PayPal haben hier
im Interesse der Kunden eine Ausnahmeregelung geschaffen. Hintergrund
ist das Interesse von Ebay, seinen Kunden eine bequeme und sichere
Zahlungsmethode anbieten zu können. Jedes Angebot von EM-Tickets auf
Ebay ist daher an das Angebot von PayPal als einer der angebotenen
Zahlungsoptionen gebunden. Für bestimmte Länder, wie zum Beispiel
England, gelten weiterhin die gesetzlich vorgeschriebenen Verbote.
Diese Sonderregelung wird auch vom PayPal-Kundenservice umgesetzt. Die
Umstände des zitierten Einzelfalles prüfen wir derzeit noch.


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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