Online-Reklame: Wie Facebook an dubioser Werbung verdient (Spiegel Online, 16.4.2009)
Online-Reklame
Wie Facebook an dubioser Werbung verdient
Intelligenztests, Gewinnspiele, Partnerbörsen: Bei Facebook werben einige Anbieter für Web-Dienste, die etwas ganz anderes bieten, als die Anzeigen verheißen. Wer nicht aufpasst, schließt bei manchem Test ein Handy-Abo ab. SPIEGEL ONLINE zeigt die Tricks der Firmen.
Spiegel Online, 16.4.2009
Ein Baby starrt mit sechs Augen den Betrachter an. Einem Mann schießt eine Stichflamme aus dem Hintern. Darunter der Werbetext: “Bist du klug? Finde heraus, wie schlau du bist.” Mit solchen Anzeigenmotiven wirbt auf den deutschen Seiten des Menschel-Netzwerks Facebook ein deutsches Unternehmen für einen sogenannten IQ-Test.
Klickt man auf die Anzeige, öffnet sich eine Seite mit einem als “IQ-Tester” überschriebenen Quiz, zum Start muss man auf einen mit “zum Test” beschrifteten Button klicken. Daneben steht “heutige Höchstpunktzahl 137” – Gutgläubige könnten annehmen, hier einen echten IQ-Test zu absolvieren. Nach dem Klick folgen ein paar simple Fragen wie diese: “Welche Nummer kommt in dieser Reihe als Nächste?”. Gezeigt werden die Zahlen 1, 2, 4, 8, 16. Antwortmöglichkeiten: 18, 24, 32 oder 14.
Vermeintlicher IQ-Test führt zum Online-Abo
Das ist nicht besonders schwierig, aber man muss die Fragen auf diesem Niveau nicht einmal beantworten, um in dem sogenannten Test weiterzukommen – ein Klick auf den Knopf “Weiter” genügt, um irgendwann zum Testende durchzukommen. Da erscheint diese Mitteilung: “Super, hol dir jetzt dein Ergebnis auf dein Handy!”
Bevor man seine Handy-Nummer in das Feld tippt und auf “Bestätigen” klickt, sollte man allerdings den in kleiner, dunkelgrauer Schrift auf weißem Hintergrund am Seitenende plazierten Text lesen. Da steht unter anderem: “Das visionclubgamez Abo kostet 2,99€/Spiel (max. 8,97/Woche inkl. 19% MwSt)”.
Im Klartext: Was bei Facebook mit dem Slogan “Bist du klug?” beworben und dann auf der entsprechenden Seite oft als “IQ-Test” bezeichnet wird, ist ein Abo für Handy-Spiele, das man mit der Eingabe der Handy-Nummer am Testende abschließt.
Den kleingedruckten Text am Seitenende lesen offenbar nicht alle Kunden, die auf die IQ-Test Seite geraten. Leser von SPIEGEL ONLINE klagen über versehentlich abgeschlossene Abos, eine Google-Suche nach den Schlagworten IQ-Test und Bobmobile (so heißt der Anbieter) offenbart mehrere hundert Treffer. Die ersten sind Hilferufe aus Web-Foren mit Titeln wie:
- “WARNUNG!-Ich habe den IQ-Test von Bobmobile nicht bestanden …”
- “Bobmobile – Abo ohne Einwilligung”
- “Ich bin auch über den IQ-Test auf Facebook Bobmobile in die Falle gegangen”
Die Kritik kann das Unternehmen Bobmobile nicht nachvollziehen. Sprecher Jorge Peralta erklärt auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE: “Was die Kosten der Software-Applikation anbelangt, so werden diese in den von Ihnen angesprochenen Werbemaßnahmen im Rahmen eines Abos vertrieben. Die Abo-Konditionen werden dabei vor Vertragsschluss deutlich kommuniziert.” Peralta verweist auf ein Sternchen, das neben dem “Bestätigen”-Button plaziert ist: “Insbesondere ist der ‘*’-Verweis auf die Konditionen bei einem Monitor mit üblicher Auflösung ohne Herunterscrollen sichtbar.”
Bobmobile: Kein Test, sondern “Beispielaufgaben”
Warum die Fragen in dem bei Facebook beworbenen Test so simpel sind, warum man sich auch ohne Antworten zu geben bis zum “Ergebnis” durchklicken kann, erklärt Peralta so: “Es handelt sich dabei nur um einige wenige Beispielaufgaben zur Veranschaulichung der Software.” Die “Möglichkeit, ohne Eingabe einer Antwortmöglichkeit zur nächsten Beispielfrage weiterzuklicken”, habe daher keine “negativen Auswirkungen auf die Einsatz- und Funktionsfähigkeit” der Applikation.” Denn die läuft ja nur auf dem Mobiltelefon – nachdem man mit einem Klick und Angabe seiner Handy-Nummer ein Abo abgeschlossen hat.
Auf den Seiten von Bobmobile findet man andere Dienste, die ähnlich beworben werden. Da gibt es den sogenannten “Diätchecker”. Die Werbung fordert auf: “Werte eingeben und Diätplan abholen”. Wer Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht eintippt und “Jetzt Berechnen” klickt, wird aufgefordert, die Handy-Nummer einzugeben (“Dein Ergebnis aufs Handy holen”) und auf “Download” zu klicken. Auch hier steht erst im Fußtext der Seite, dass hier ein Abo abgeschlossen wird: “Das visionclubappz Abo kostet 2,99€/Applikation (max. 8,97/Woche inkl. 19% MwSt).”
Facebook: Wir prüfen, aber nicht immer schnell genug
Ob Facebook solche Anzeigen für vermeintliche Tests, die sich als Abo entpuppen, erlaubt, beantwortet ein Firmensprecher so: “Anzeigen, die für täuschende Abo-Verfahren werben, verstoßen gegen unsere Richtlinien. Wir entfernen solche Arten von Anzeigen, sobald wir sie finden und darauf hingewiesen werden.” Ob die IQ-Test-Anzeigen dazu zählen, beantwortet Facebook nicht direkt. Im Verlauf von einer Woche hat SPIEGEL ONLINE entsprechende Anzeigen regelmäßig auf den Facebook-Seiten entdeckt, obwohl sie per “Report”-Werkzeug zur Prüfung gemeldet wurden.
Facebook beteuert, man wolle per Werberichtlinien die Nutzer “schützen”. Es könne aber sein, dass gemeldete Anzeigen nach einer Sperre “wieder auftauchen, bevor wir etwas dagegen unternehmen können.”
Auf Facebook finden sich viele Anzeigen für ähnlich dubiose Dienste. In den Vereinigten Staaten warnte bereits Anfang des Monats die Verbraucherschutzorganisation “Better Business Bureau” (BBB) vor unseriösen Angeboten, die auf den US-Seiten von Facebook werben. Diese Maschen sind laut BBB besonders häufig auf US-Seiten zu finden:
- Kostenloser Test eines Diätmittels: Laut BBB nehmen viele Kunden an, sie müssten nur die Portokosten für die Probelieferung bezahlen, würden aber ein Abo abschließen, das bis zu 87 US-Dollar im Monat kostet.
- Ratgeber, wie man viel Geld von zu Hause aus verdient: Laut BBB schließen die Interessenten bei vielen solcher Angebote unbemerkt ein Abo ab, das laut den sehr klein dargestellten Fußnoten auf den Seiten knapp 70 US-Dollar monatlich kostet, und nur monatlich mit sieben Tagen Frist zum Monatsende gekündigt werden kann – gezahlte Beträge werden nicht erstattet.
Der IQ-Test als Lockmittel für ein Spiel-Abo ist offenbar eine Besonderheit der Anzeigen auf den deutschen Facebook-Seiten. Neben vielen, nicht ohne weiteres auf Ihre Seriosität zu prüfenden Anzeigen für Partnervermittlungen (“Suchen Sie eine Frau?”) und Modell-Datenbanken (“Hübsch? Jetzt modeln m/w”), wirbt derzeit ein Gewinnspielanbieter sehr penetrant mit allerlei bunten MacBooks und Slogans wie “Gefällt Dir das MacBook?” für “exklusive Gewinnspiele”. Das Versprechen: “Das dünnste Notebook der Welt könnte schon Dir gehören. Jetzt am exklusiven Gewinnspiel teilnehmen.”
Gewinnspiel oder “Handy-Entertainmentflat”?
Wer auf die Anzeige klickt, kommt auf eine Seite, wo ein Mini-Spiel zu absolvieren ist, das nicht gerade eine intellektuelle Herausforderung darstellt – so muss man zum Beispiel auf einem herumkreisenden MacBook das Logo anklicken. Schafft man diese Aufgabe (was jeder mit etwas Sehvermögen hinbekommt), kommt die Aufforderung: “Glückwunsch! Du hast es in die nächste Runde geschafft. Gib hier eine HandyNummer ein.” Und auch hier sollte man den klein dargestellten Text am Seitenende lesen, in dem unter anderem steht:
“Für die Handy-Entertainmentflat wird alle 5 Tage 2.99 Euro (inkl. MwSt) verrechnet. Zusätzlich gibt es dafür gratis 100 SMS alle 5 Tage und pro registrierter Handynummer. Nach Ablauf der 5 Tage verlängert sich das Angebot automatisch.”
Jürgen Reutter, Geschäftsführer der Betreiberfirma Buongiorno Deutschland, will auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE “eventuelle Missverständnisse ausräumen” und erklärt: “Der Abschluss eines unserer Mobile Entertainment Dienste ist nicht zwingend notwendig, um bei unserem aktuellen Gewinnspiel teilzunehmen.” Den entsprechenden Hinweis auf die mögliche Teilnahme per E-Mail kann man in den Teilnahmebedingungen finden – wenn man sucht.
Buongiorno-Manager Reutter sieht diese Form der Information als branchenüblich an: “Über die aufgeführten Fußnoten informieren wir über den Abschluss eines Mobile Entertainment Dienstes, wie es beim Kauf von vielen Produkten im Internet üblich ist. Des Weiteren werden auch Teilnahmen auf dem Postweg an der Gewinnverlosung berücksichtigt.”