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Preisvergleich: iPhone-Tarif schlägt Konkurrenz knapp (Spiegel Online, 30.10.07 mit Matthias Kremp)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
5 minuten gelesen

Preisvergleich

iPhone-Tarif schlägt Konkurrenz knapp

Deutsche Apple-Fans toben wegen des Teuer-Tarifs fürs iPhone. Doch der Vergleich zeigt: Das Apple-Handy kostet so viel wie vergleichbare Angebote. Extras wie die W-Lan-Flatrate schlagen sogar hausinterne Konkurrenz bei T-Mobile. SPIEGEL ONLINE hat sieben Tarife verglichen.

Spiegel Online, 30.10.2007, mit Matthias Kremp

So klingt enttäuschte Liebe: "Bye, bye iPhone", schreiben deutsche Apple-Fans. Sie zürnen T-Mobile und Apple wegen der gestern veröffentlichten iPhone-Tarife. Eine "Unverschämtheit" seien die, viel zu teuer. "Dagegen waren die Wegelagerer im Mittelalter wohltätige Vereine!", kommentiert ein Ex-Apple-Fan. Fazit vieler Leidensgenossen: Dann gibt es eben "vorerst kein iPhone". 1600 Euro dürfte das Gerät im billigsten Tarif für zwei Jahre kosten – und das sind nur die Grundgebühren, die Zuzahlung fürs Gerät und der Bereitstellungspreis. Für 1600 Euro kriegt man schon einen arg gebrauchten, aber jetzt wieder schicken Mercedes 200 Youngtimer. Oder einen mit dem iPhone-Tarif vergleichbares Konkurrenz-Paket.

Denn viel billiger sind Mobilfunktarife mit dem Spektrum des iPhone-Angebots kaum zu haben – zumindest nicht in den Mobilfunknetzen, die für eine schnelle Datenübertragung ähnlich gut gerüstet sind wie das von T-Mobile.

SPIEGEL ONLINE hat sechs Tarife mit dem günstigsten iPhone-Paket verglichen. Anforderungen waren:

  • etwa 100 Gesprächsminuten in alle Netze inklusive
  • ungefähr 200 Megabyte Datenvolumen im Monat enthalten
  • subventioniertes Handy eingeschlossen (das Nokia N95 dient als Vergleichsobjekt, weil alle Anbieter es führen)

Grundsätzlich gilt: Deutsche Mobilfunkanbieter haben einen kaum zu durchdringenden Tarifdschungel geschaffen. Das beginnt schon damit, dass es bei T-Mobile 100 Inklusiv-Minuten für alle Netze in einem Paket gibt, bei Vodafone aber nur zusammen mit einer Art Wochenend-Flatrate – und in Stückelungen zu 60 und 120 Minuten.

Abgesehen von solchen Details bieten sowohl T-Mobile als auch Vodafone Tarif-Pakete, die dem iPhone-Angebot ähneln. 49 Euro kostet das iPhone-Angebot, 48 die hausinterne T-Mobile-Konkurrenz und 54,90 Euro die Vodafone-Offerte mit einer Wochenend-Sprachflatrate (siehe Tabelle 1).

Deutlich günstiger gibt es mit dem iPhone-Angebot formal vergleichbare Tarife bei E-Plus und O2 ( siehe Tabelle 2). Sogennante Flatrates für mobile Datenabrufe bieten derzeit die Anbieter Base und Moobicent. Bei Moobicent muss man auf Sprachtelefonie verzichten, kann aber über das Vodafone-Netz surfen. Bei Base gibt es eine Daten und Festnetz-Flatrate zum iPhone-Preis, allerdings nur im E-Plus-Netz ( siehe Tabelle 3).

Allerdings muss man dabei bedenken, dass die Netze dieser Anbieter bei mobiler Internet-Nutzung auf dem Land oder auch in manchen Stadtgebieten nicht mit dem Edge-Netz von T-Mobile zu vergleichen sind.

Denn als einziger Mobilfunkanbieter verfügt T-Mobile derzeit über ein gut ausgebautes Edge-Netz. Bis Jahresende, so hat es sich der Konzern vorgenommen, soll das gesamte Bundesgebiet mit Edge versorgt sein. Vodafone hingegen hat mit seinem Edge-Netzausbau erst zum Jahresbeginn begonnen. Das Ziel des Unternehmens: Per Edge sollen jene ländlichen Gegenden mit schnellem Datenfunk versorgt werden, in denen kein UMTS verfügbar ist.

O2 und E-Plus hingegen, haben derzeit offenbar keine Pläne, ihre Netze auf Edge aufzurüsten. Allerdings installiert O2 überall dort wo alte Basisstationen gegen neue ausgetauscht werden bereits jetzt auch Edge-Hardware. Eine Entscheidung darüber, wann diese Hardware aktiviert werde, sei aber noch nicht gefallen, erklärte O2-Pressesprecher Albert Fetsch.

Edge ist manchmal sogar besser als UMTS

Dabei bietet Edge einen durchaus attraktiven Kompromiss zwischen dem für moderne Anwendungen zu langsamen GPRS und dem stromhungrigen UMTS sowie dessen Highspeed-Aufsätzen HSDPA und HSUPA. Da Edge auf das bestehende GSM-Handynetz aufsetzt, lässt es sich mit vergleichsweise geringem Aufwand flächendeckend aufbauen. Die Kosten halten sich für den Netzanbieter also, verglichen mit dem milliardenteuren Bau der UMTS-Netze, in Grenzen.

Auf Seite der Endgeräte bringt Edge den Vorteil, dass die entsprechende Funkchips weniger Strom verbrauchen als UMTS-Chips, der Akku also länger Strom liefert. Hinzu kommt, dass Edge innerhalb von Gebäuden oft besser funktioniert als UMTS.

Wirklich schnell ist nur HSDPA

Wer nur auf die mögliche Datenübertragungsrate schielt, muss bei Edge allerdings Einschränkungen in Kauf nehmen. T-Mobile verspricht für das Edge-Netz Datenraten von 220 Kilobit pro Sekunde. Die komplette Startseite von SPIEGEL ONLINE zu übertragen, dauert bei dieser Geschwindigkeit rund 20 Sekunden. Zum Vergleich: Im 384 Kilobit pro Sekunde schnellen UMTS-Netz würde derselbe Vorgang nach etwa 12 Sekunden abgeschlossen sein.

Geschwindigkeitsfans gelten aber ohnehin beide Technologien als längst veraltet. Wer wirklich schnell mobile surfen will, nutzt heute HSDPA, den Highspeed Downlink Packet Access. Denn per HSDPA übertragen würden die neuesten Nachrichten von SPIEGEL ONLINE bereits nach weniger als zwei Sekunden auf dem Display erscheinen.

Brancheninsider munkeln daher schon, das ganze Bohei um die UMTS-Netze sei vergebliche Liebesmüh gewesen. Am liebsten würden die Netzbetreiber die milliardenteure Infrastruktur einfach abschalten und durch das ungleich leistungsfähigere HSDPA ersetzen. Das geht allerdings aus diversen Gründen nicht so einfach.

Der Ausbau der Netze zieht sich in die Länge

Zum einen natürlich, weil sich die Betreiber seinerzeit mit dem Erwerb der UMTS-Lizenzen verpflichtet haben, mindestens 50 Prozent der Bevölkerung einen Zugang zur der schnellen Mobilfunktechnologie zu ermöglichen. Zum anderen, weil derzeit Millionen UMTS-Handys im Umlauf sind. Und schließlich, weil der Umbau der Netze auf HSDPA mit erheblichen Kosten verbunden ist und bislang nur wenige HSDPA-fähige Endgeräte Käufer gefunden haben – was sich bald ändern dürfte.

 Denn Firmen wie Samsung setzen längst auf die schnelle Technik. So kommt dieser Tage das neue Topmodell der Südkoreaner, das F700 auf den Markt, dass mit bis zu 7,2 Megabit mobil Daten tauschen kann – eine Geschwindigkeit, die den meisten DSL-Anschlüssen in nichts nachsteht.
Gleichzeitig arbeiten zumindest T-Mobile und Vodafone eifrig am HSDPA-Ausbau ihrer Netze. So konnte T-Mobile bereits verkünden, dass gesamte UMTS-Netz sei auf HSDPA aufgerüstet. Vodafone liegt ebenfalls gut im Rennen und Nachzügler E-Plus hat gerade erst beschlossen, ab Anfang 2008 mit dem Aufbau eines HSDPA-Netzes zu beginnen. O2 hingegen, beschränkt seine HSDPA-Netze derzeit auf sechs Großstädte: Frankfurt am Main, Düsseldorf, Köln, Berlin, München und Hamburg.

Eben diese Beschränkung zeigt gleichzeitig auch das größte Problem, mit dem Schnell-Surfer in Deutschland derzeit noch zu kämpfen haben: Richtig fix via UMTS und HSDPA geht es nur in den Ballungsräumen zur Sache. Zwischen den Städten jedoch muss man sich meist mit langsameren Technologien bescheiden. und genau da spielen Apple und T-Mobile mit dem iPhone ihre Trumpfkarte aus. denn das iPhone surft via Edge überall gleich schnell – oder langsam. Wie gut es um den Netzausbau in Deutschland bestellt ist, zeigt SPIEGEL ONLINE auf den folgenden Seiten ( siehe Übersicht).

Tarife, Tabellen, Netzabdeckung – SPIEGEL ONLINE zeigt, welche Standard-Mobilfunktarife mit dem iPhone-Tarif von T-Mobile vergleichbar sind:

 

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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