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Ricoh CX3 vs. Sony WX1: Kompaktkameras für Nachteulen (Spiegel Online, 5.3.2010)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
5 minuten gelesen

Ricoh CX3 vs. Sony WX1

Kompaktkameras für Nachteulen

Bessere Nachtaufnahmen dank neuer Bildsensoren – Sony und Ricoh versprechen klare Fotos trotz Schummerlicht. SPIEGEL ONLINE hat die kleinen Nachtkameras CX3 und WX1 ausprobiert.

Spiegel Online, 5.3.2010

Die Idee klingt großartig: Sony und Ricoh bauen in einige ihrer kleinen Kompaktkameras neue Bildsensoren ein, die bei Dämmerung oder gar nachts bessere Fotos machen sollen. Das könnte ein altes Problem beheben – oder zumindest lindern. Weil auf den sehr kleinen Sensoren in Kompaktkameras die Fotodioden sehr dicht gedrängt sind, kommt wenig Licht bei jeder einzelnen an. Bei herkömmlichen Sensoren muss das Licht auch noch an der Verdrahtung vorbei, die wieder etwas Licht schluckt.

Die rückbeleuchteten Bildsensoren der Sony WX1 und Ricoh CX3 drehen das bisherige Bauprinzip um: Das Licht fällt direkt auf die Bildempfangsschicht, die Verdrahtung sitzt dahinter. Das hat zur Folge, dass das Signal nicht so sehr verstärkt werden muss, was wiederum weniger Bildrauschen bedeutet.

Mini-HDR, Wischpanorama und Nachtaufnahmen – SPIEGEL ONLINE vergleicht Sony WX1 und Ricoh CX3.

Bedienung – ein Winzling für die Hemdtasche

Die Sony-Kompaktkamera ist winzig – in etwa so klein wie das Display des iPhones (das Display, nicht das gesamte Telefon!) und knapp zwei Zentimeter tief. Die Ricoh CX3 ist in jede Richtung etwa einen Zentimeter breiter, was beim Hemdtaschentest Auswirkungen hat: Die winzige Sony-Kamera steckt man mühelos weg, die CX3 ist doch eher etwas für die Jackentasche.


Trotz dieser winzigen Abmessungen lässt sich die WX1 überraschend gut bedienen. Die Tasten sind auf der Rückseite untergebracht und recht klein, aber man vertippt sich nur selten. Die WX1 hat eine Zoom-Wippe, ein Moduswahlrad und einen Mini-Joysticks für das Hangeln durch die Menüs.

Die im Vergleich fast klobige CX3 bringt auf ihrem größeren Gehäuse gerade mal zwei Schalter mehr unter – allerdings lässt sich hier der Zoom präziser steuern, auch Detailstufen und Iso-Empfindlichkeit lassen sich besser einstellen. Die Bedienelemente sind logisch verteilt und belegt, die Gestaltung ist nahezu perfekt.

Aber das winzige Gehäuse der WX1 gleicht die kleinen Bedienungsnachteile aus – die WX1 ist klein genug, um als ständiger Begleiter wie eine Handykamera mit dem Besitzer durchs Leben zu gehen – und sie liefert erheblich bessere Bildqualität als jede Handyknipse.

Was an der WX1 wirklich nervt: Sowohl der Anschluss fürs USB-Kabel als auch das Speicherkartenformat (Memorystick) sind proprietäre Sony-Eigenheiten. Wer eine zweite Digitalkamera hat, kann nicht einfach die SD-Karte in die WX1 umstecken. Und wer bei Freunden die gerade gemachten Aufnahmen von der Kamera auf den Computer laden will, steht vor einem Problem: Ohne Sony-Kabel oder Memorycard-Lesegerät wird daraus nichts.

Ricoh macht es bei der CX3 anders – SD-Karten als Quasi-Standard und ein Mini-USB-Anschluss, in den jedes herkömmliche USB-Kabel passt.

Ausstattung – viele nette Extras

Die Bildsensoren der Sony WX1 und der Ricoh CX3 sind gleich groß, setzen auf ähnliche Technik und Auflösung – da unterscheidet sich die Hardware der beiden Kompaktkameras kaum. Die CX3 hat allerdings eine erheblich größere Brennweite als der Sony-Zwerg: Der zehnfache Zoom kommt mehr als doppelt so nah ran wie der der kleineren Sony-Kamera. Weiterer Vorteil der CX3: Das Display der Kamera hat eine sehr hohe Auflösung (920.000 Pixel) – die WX1 liefert mit nur 230.000 Pixeln ein erheblich gröberes Bild von dem, was man da eigentlich aufnehmen will oder schon fotografiert hat.

In einem Punkt ist die WX1 der CX3 aber voraus: Die größtmögliche Blendenöffnung der Kamera ist größer – also der Verschluss, durch den das Licht bei Aufnahmen auf den Fotosensor fällt. Das bedeutet: Bei sonst gleichen Voraussetzungen kriegt eine Aufnahm mit der größtmöglichen Blende beim Sony-Zwerg erheblich mehr Licht ab.

Dafür kann man mit der CX3 Makroaufnahmen aus nur einem Zentimeter Entfernung vom Motiv aufnehmen – der Sony-Zwerg braucht eine fünfmal so große Distanz.

HD-Videos (720p) filmen beide Kameras, Aufnahmen im Rohdatenformat zeichnet keine von beiden auf und beide legen die Nutzer auf einen Automatikmodus fest. Da gibt es keine großen Unterschiede – beide Kameras sind als unkomplizierte Automatik-Aufnahmegeräte gedacht, wer experimentieren will, muss mehr ausgeben.

Aber die Software unterscheidet die Sony- und Ricoh-Kamera durchaus – jede Kamera hat ihre Spezialmodi für mehr oder minder hilfreiche und interessante Effekte:

 

  • Mini-HDR in der Ricoh CX3: Die Ricoh-Kamera nimmt zwei Fotos desselben Motivs mit unterschiedlicher Belichtung auf und rechnet diese sofort zu einem Foto mit erhöhtem Dynamikumfang zusammen. HDR-Fotos mit superfeinen Farbnuancen liefert die Technik nicht, dafür Detailverbesserungen. Schattenbereiche sind nicht ganz dunkel wie sonst, sondern haben etwas Zeichnung. Auch helle Flächen sind nicht komplett weiß und ohne Textur wie im normalen Automatikmodus.
  • Hochkontrast-Schwarzweißfotos der CX3: Diese Bildautomatik liefert Aufnahmen mit schöner Körnigkeit und starken Kontrasten – das ist natürlich ein einfacher Bildbearbeitungstrick, der sich auch einfach am Rechner erzielen lässt. Aber diese Funktion steckt direkt in der Kamera, sieht interessant aus und dürfte allen entgegenkommen, die nicht viel übrig haben für Bildbearbeitung am Heimcomputer.
  • Miniaturisierungseffekt der CX3: Noch eine nette Automatik, die sich mit etwas Mühe auch per Bildbearbeitung am Computer erzielen ließe – zwei Drittel der Aufnahme werden per interner Kamera-Software verwischt, ein Streifen in der Bildmitte bleibt scharf. Das Ergebnis, wenn man aus großer Höhe nach unten fotografiert: Man glaubt, auf ein Spielzeugpanaroma zu blicken.
  • Sweep-Panorama-Modus der WX1: Ein interessanter Modus der Sony-Kamera liefert Breitformataufnahmen, indem man die Kamera von links nach rechts oder auch von oben nach unten schwenkt. Solange man nicht ruckelt oder Objekte durchs Motiv huschen, errechnet die Kamera ein brauchbares Panoramafoto aus der Aufnahme, allerdings in kleiner Auflösung. Größeres als Ansichtskarten wird man damit nicht bedrucken können.

Bildqualität und Fazit – noch reicht die Lichtempfindlichkeit nicht

Die Hamburger Speicherstadt bei Nacht – ein klassisches Touristenmotiv, es wird wohl nichts häufiger mit Kompaktkameras aufgenommen in dieser Stadt. Wir haben das eines Abends auch mit den Nachteulen-Kompaktkameras ausprobiert. Ergebnis: Die CX3 und WX1 liefern durchaus bessere Aufnahmen als manche Kompaktkamera – allerdings sind das keine gigantischen Verbesserungen, sondern graduelle. Bis zu einer Iso-Empfindlichkeit von 400 fallen Bildstörungen beim Betrachten der Fotos nicht besonders auf, bei einem Wert von 800 schon. Aber auch solche Fotos dürften für einen Druck bis A5 kein Problem sein.

Das schaffen aber auch andere Kompaktkameras ohne Rückbeleuchtung wie die Canon S90. Da diese Kompaktkamera ebenfalls eine Auflösung von zehn Megapixel liefern, liegt die Vermutung nahe, dass die auf das sinnvolle Maß von zehn Megapixel reduzierte Auflösung der CX3 und WX1 zur höheren Bildqualität mindestens ebensoviel beiträgt wie die neue Sensortechnik.

Dafür spricht auch der Vergleich von Aufnahmen der CX3 mit denen ihres Vorvorgängers CX1: Obwohl die Kameras mit unterschiedlichen Sensoren arbeiten, ist das in der Vollansicht der Aufnahmen erkennbare Bildrauschen auf ähnlichem Niveau. Die CX1 lieferte mit ihrem klassischen Bildsensor neun, die CX3 zehn Megapixel Auflösung.

Fazit: Die neue Sensortechnik hat kleine Vorteile in bestimmten Aufnahmesituationen, aber für Nachtaufnahmen sind auch diese Kameras nur als Notbehelf zu gebrauchen. Das gilt für die CX3 ebenso wie für die WX1. Beide sind als Kompaktkameras sehr empfehlenswert und im Vergleich zu 14-Megapixeln-Monstern die bessere Wahl.

Für welche von beiden man sich entscheidet, hängt von den Prioritäten ab: Wer einen großen Zoom-Bereich will, nimmt die Ricoh CX3, die zudem die interessanteren Aufnahmeautomatiken hat. Der Hochkontrast-Schwarzweiß-Modus und die Miniaturisierung liefern ansehnliche Effekte dank interner Bildbearbeitung.

Sonys Fotozwerg ist vor allem klein. Das Verhältnis von Bildqualität zu Volumen und Gewicht ist bei der WX1 auch dank des lichtstarken Objektivs so gut wie bei wohl kaum einer anderen Kompaktkamera.


Datenblatt

Datenblatt: Ricoh CX3 vs. Sony WX1
Kamera Ricoh CX3 Sony WX1
günstigster Preis im deutschen Online-Handel (laut geizhals.at, Stand 19.2.2010) 344 235
Maße (cm) 10,2 x 5,8 x 3 9,1 x 5,2 x 2
Gewicht (inkl. Akku in Gramm) 185 120
Auflösung (Megapixel) 10 10,2
Sensorgröße (cm²) 0,28 0,27
Megapixel pro cm² 35,6 37,8
Display (Zoll Diagonale) / Bildpunkte 3 Zoll / 920.000 px 2,7 Zoll / 230.400 px
vergleichbare Kleinbild-Brennweite mm 28 – 300 24 – 120
Dateiformat JPG JPG
Video-Qualität 1280×720 1280 x 720
Blendenöffnung f/3,5- f/5,6 f/2,4 – f/5,9

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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