Samsung Galaxy Camera: Diese Kamera zoomt und skypt (9.12.2012)
Samsung Galaxy Camera
Diese Kamera zoomt und skypt
Großer Touchscreen, Mobilfunk-Modul und ein Riesen-Zoom: Samsungs Galaxy Camera ist ein Online-Fotoapparat, mit dem man unterwegs aufnehmen, Bilder bearbeiten und gleich veröffentlichen kann. Der Test zeigt, ob die funkende Kamera tatsächlich gut fotografiert.
Spiegel Online, 9.12.2012
Mehr als zwölf Zentimeter Bildschirmdiagonale – Samsungs Galaxy Camera hat ein größeres Display als die meisten Smartphones. Dieses Gerät ist ein Experiment, neben Nikons S800c und dem Nokia Pureview 808 ist die Galaxy Camera einer der ersten Online-Fotoapparate. Samsungs Kamera hat viel mehr Ähnlichkeit mit einem modernen Smartphone als die Nikon-Kameras: Ein Sim-Karten-Steckplatz ist eingebaut, eine aktuelle Android-Version installiert und dazu ein Zoom-Objektiv mit enormer Brennweite.
Browsen, Fotografieren, Bloggen – wie gut ist die Galaxy Camera als Smartphone, wie gut als Kamera?
Das gefällt: gute Steuerung, aktuelles Android, viel Funktechnik
Bedienung: Die Galaxy Camera ist schnell. Die Kamera ist so fix einsatzbereit wie ein Smartphone, einmal den Einschaltknopf drücken und in einem Augenblick kann man fotografieren, indem man den Auslöser drückt. Das Android-System und auch rechenintensive Apps wie das Bildbearbeitungsprogramm Snapseed laufen flüssig ohne störende Wartezeit.
Das Android-Betriebssystem hat Samsung um eine eigene Kamera-Software ergänzt. Man steuert die Kamera per Bildschirm. Das hat Samsung besser gelöst als Nikon bei der S800c. Man kann Motivprogramme auswählen, in Voll- und Halbautomatik fotografieren, ISO-Empfindlichkeit, Belichtungskorrektur, Blendenöffnung und Verschlusszeit selbst einstellen. All diese Details reguliert man per Touchscreen über eine Bildschirmansicht, in der die verschiedenen Werte in Drehrädchen angezeigt sind. Dabei sieht man immer noch genug vom Motiv, dank des großen Bildschirms mit der hohen Auflösung. Nur gezoomt wird mit einem kleinen Hebel am Auslöser.
Aktuelles Android–System: Anders als Nikon bei seiner Online-Kamera hat Samsung eine recht aktuelle Android-Version installiert (4.1.1. aus dem Juli 2012). Viele gute Foto-Programme laufen auf der Galaxy-Kamera, Snapseed, Instagram, Photoshop Express, Flickr (auf unserem Testgerät allerdings nur nach Direktinstallation der APK). Mit Programmen wie WordPress und Tumblr kann man Fotos direkt im eigenen Blog veröffentlichen und per Touchscreen betexten. Über den Sinn von Bildbearbeitung auf einem Zwölf-Zentimeter-Bildschirm kann man streiten. Aber wer unbedingt unterwegs fotografieren, die Aufnahmen veredeln und publizieren will, findet in der Galaxy Camera ein gutes Werkzeug.
Ausstattung: Samsung hat in der Galaxy Camera viel Standard-Technik aktueller Smartphones verbaut: Dank des Steckplatzes für die Mini-Sim-Karte kann man überall online sein, auch ohne Smartphone. Per Bluetooth kann man zum Beispiel ein Headset anschließen und per Skype telefonieren. Dank GPS-Chip kann man Fotos mit Koordinaten versehen oder Karten aufrufen. Nettes Extra: Käufer der Galaxy Camera erhalten für zwei Jahre 50 Gigabyte kostenlosen Speicherplatz beim US-Anbieter Dropbox. Wer will, kann mit dieser Kompaktkamera E-Mail schreiben, Nachrichten lesen, navigieren, skypen und spielen – nur telefonieren kann man nicht.
Nicht so schön: groß, schwer, rauschend
Bildqualität: So gut die Galaxy Camera als Smartphone ist, so durchschnittlich ist sie als Kamera. Die Bildqualität ist den meisten Smartphones weit überlegen, aber nicht viel höher als bei Kompaktkameras, die im Handel weniger als 200 Euro kosten. Schon bei einer niedrigen ISO-Empfindlichkeit von 100 sind Details verschmiert und Störungen zu sehen, das Objektiv ist mit der größtmöglichen Blendenöffnung von f/2,8 nicht besonders hell, im Zoom-Bereich wird es noch dunkler.
Die Galaxy Camera speichert Aufnahmen nur im JPG-Format, Raw-Dateien sind bei Kameras in dieser Preisklasse eigentlich Standard, sie geben Freiraum bei der nachträglichen Bearbeitung, davon profitiert bei manchen Aufnahmen die Bildqualität. In der Preisklasse von 450 Euro gibt es kleinere Kameras, die erheblich bessere Fotos machen – man zahlt also einen Aufpreis für Touchscreen, Android und Funkchips. Auch das Nokia Pureview 808 liefert höhere Bildqualität, hat aber keinen optischen Zoom.
Größe: Wegen des großen Bildschirm und des Zoom-Objektivs ist die Galaxy Camera vergleichsweise groß und schwer. Kameras wie die Canon S90, die Sony RX100, die Panasonic LX7 sind leichter, kleiner und machen bessere Fotos. Die Galaxy Camera hat mit diesem Modellen wenig gemeinsam, sie ist eher ein Smartphone mit angesteckter Kompaktkamera.
Allerdings ersetzt sie ein Smartphone nicht – man kann ja nicht mit ihr telefonieren. Es ist also fraglich, ob das Gewicht der Kamera wirklich sinnvoll genutzt wird. Wenn man die Galaxy Camera zusätzlich zum Smartphone mit ähnlichen Komponenten (GPS, Mobilfunkmodul, Touchscreen) bei sich trägt, ist das wenig effizient.
Vorteile, Nachteile, Fazit
+ großer Bildschirm mit hoher Auflösung
+ gute Kamera-Software
+ aktuelles Android-System
+ große App-Auswahl
+ Steckplatz für Sim-Karte
– Bildqualität auf dem Niveau halb so teurer Kompaktkameras
– keine Raw-Dateien
– mangels Telefoniefunktion kein Smartphone-Ersatz
Fazit: Die Galaxy Camera ist die erste richtig gut funktionierende Umsetzung des Konzepts Online-Kamera. Dank aktuellem Android-System laufen viele interessante Programme zum Bearbeiten und Publizieren von Fotos auf dieser Kamera – kein Vergleich mit den dürftigen Online-Funktionen der Sony-Nex-Kameras. Dank des guten, großen Bildschirms lassen sich all die Programme gut per Touchscreen steuern. Die Kamera ist allerdings nicht so gut wie die restliche Technik – mit einer 200-Euro-Kompaktkamera gelingen ähnliche Aufnahmen. Für wen also ist die Samsung Galaxy Camera gemacht? Menschen, die ein altes Nokia-Tastentelefon und eine uralte Kompaktkamera haben, werden letztere durch die Galaxy Camera ersetzen und begeistert sein. Alle anderen mailen, surfen und spielen wohl längst mit ihrem Smartphone.
Das sagen die anderen: The Verge ist beeindruckt von den “phantastischen” Funktionen zum Bearbeiten und Teilen von Fotos, bleibt aber skeptisch – 300 Dollar Aufpreis seien die Extras nicht wert, wenn man ein gutes Smartphone besitze. Cnet nennt die Galaxy Camera die “beste Android-Kamera” bislang, Engadget ist angetan von dem Konzept, bewertet die Kamera aber als zu schwer und zu groß.
Komapktkameras und Smartphones im Überblick | |||||
Kamera | Samsung Galaxy Camera | Nikon S800C | Nokia Pureview 808 | Olympus XZ-2 | iPhone 4s |
günstigster Preis * | 449 | 325 | 427,97 | 541 | 399 |
Maße (Gehäuse) | 12,9 x 7,1 x 1,9 | 11,1 x 6 x 2,7 | 12,4 x 6 x 1,4 | 11,3 x 6,5 x 4,8 | 11,5 x 5,86 x 0,93 |
Volumen (Gehäuse-maße), cm³ | 188,727 | 179,82 | 104,16 | 352,56 | 62,6727 |
Gewicht | 305 | 184 | 169 | 346 | 137 |
Objektiv | f/2,8- f/5,9 | f/3,2 – f/ 5,8 | f/2,4 | f/1,8 – f/2,5 | f/2,4 |
Objektiv (Brennweite kb.-äquivalent, mm) | 23 – 483 | 25-250 | 28 | 28-112 | – |
Mindest-abstand (cm) | 10 | – | 15 cm | 1 | – |
Auflösung (Megapixel) | 16 | 16 | 3 / 5 / 8 / 38,4 | 12 | 8 |
Sensorgröße (cm²) | 0,28 | 0,28 | 0,85 | 0,43 | 0,155 |
Megapixel pro cm² | 58,2 | 57,14 | 3,53 / 5,87 / 9,40 / 45,18 | 27,91 | 51,61 |
Display (Diagonale Zoll / cm) | 4,8 / 12,19 | 3,5 / 8,89 | 4 / 10,16 | 3 / 7,6 | 3,5 / 8,89 |
Display Auflösung (Pixel / Subpixel) | 921.600 / 2.764.800 | 273.000 / 819.000 | 230400 / 691.200 | 306.666 / 920.000 | 614.400 / 1.843.200 |
Dateiformat | JPG | JPG | JPG | JPG / RAW | JPG |
Besonderheiten | Android 4.1, GPS, Glosnass, 8 Gb interner Speicher, microSD-Card, SIM-Slot, W-Lan | Touchscreen, Android 2.3.3, GPS, W-Lan | Touchscreen, Symbian | Touchscreen, Bildschirm neigbar | Touchscreen, iOS, 3G |
Sunspider Standardbrowser (Javascript Benchmark, weniger ist besser) ** | 1802,4 | – | 4341,8 | – | 1816,2 |
An3DBenchXL (Grafikleistung, mehr ist besser) | 29612 | – | – | – | – |
* günstigster Preis im deutschen Online-Handel (laut geizhals.at, Stand 7.12.2012 / ** 808 Pureview laut Harrdwareluxx.com |