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Technikärgernisse: "Wenn das Wetter kalt ist, wird die Puff Unterlage sich langsam puffen" (Spiegel Online, 17.5.2010)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
4 minuten gelesen

Technikärgernisse

“Wenn das Wetter kalt ist, wird die Puff Unterlage sich langsam puffen”

Bizarre Übersetzungsfehler in Geräteanleitungen, skurrile Vorschläge bei der Rechtschreibkorrektur: Überall im Alltag lauern ärgerliche Technikpannen. SPIEGEL ONLINE stellt aberwitzige Fehlfunktionen vor – von “blinzelnden Bildschirmen” bis zur Kratzblech-Lüge.

Spiegel Online, 17.5.2010

{jumi [*3]}

Ein Doktorand hat wenig zu lachen, wenn er den ganzen Tag an seiner Arbeit schreibt. Da bleibt oft nur ein Lichtblick im “grauen Bildschirm-Alltag”, schreibt ein SPIEGEL-ONLINE-Leser: die automatische Korrektur der Textverarbeitung. Kommentar des Lesers: “Ich musste über Niklas Luhmann schreiben, den mir Word immer zum ‘Buhmann’ machen wollte – zurecht!”

{jumi [*4]}

Technik-Macken können ganz schön nerven. Aber manchmal sind sie auch sehr unterhaltsam. SPIEGEL-ONLINE-Leser haben eifrig beide Varianten der Technik-Pannen zusammengetragen, eine Sammlung der Fehlfunktionskolumnen ist nun erschienen (siehe Kasten links). Aber es kommen immer noch viele neue, bemerkenswerte Einträge dazu.

Eine neue Glühlampe für 145 Euro, Googles Rechtschreibschwäche und der blinzelnde Bildschirm – SPIEGEL ONLINE zeigt kuriose Technikpannen:

Der Technik-Blogger und der Apple-Boss (oder wer auch immer um ein Uhr morgens seine E-Mails abarbeitet) haben sich dann noch ein kleines Mail-Gefecht um Pornografie und Freiheit geliefert, das Ryan Tate natürlich veröffentlicht hat.

“Wenn der Bildschirm zweimal blinzelt” – Unverständliche Anleitungen

Vor mehr als 20 Jahren nahm sich das Fachmagazin für Technikdokumentation ” Tekom-Nachrichten” ein paar als “Gebrechanleitungen” beschimpfte Handbücher vor, die offenbar von Software ins Deutsche übersetzt worden waren. Damals lachten die Mitglieder des Fachverbands Tekom über Anleitungen wie diese: “Wenn das Wetter kalt ist, wird die Puff Unterlage sich langsam puffen.” So stand es vor zwei Jahrzehnten im Handbuch einer sich selbst aufpustenden Luftmatratze.

Und heute?

Heute wundern sich SPIEGEL-ONLINE-Leser über ähnlich unfreiwillig komische Handbücher. Rudolf Berner zum Beispiel, der in der Serviceanleitung seines in Spanien produzierten Ölheizkessels lesen musste “Wenn der Bildschirm 2 Male blinzelt, das wieder-cupération wünschte, wird erreicht werden.”

 

Zum Glühlampenwechsel in die Werkstatt – Umständliche Reparaturen

Es scheint für die Autobauer enorm schwierig zu sein, ein Auto so zu konstruieren, dass auch Laien die Glühbirnen wechseln können: Tester des Magazins “Auto Bild” haben das 2008 bei 36 Pkw-Modellen versucht. Ergebnis: Nur bei 18 Autos ist der Wechsel einfach. Bei den anderen müsste man Verkleidungen demontieren, Scheinwerfer komplett ausbauen oder gleich zur Werkstatt fahren. Der Wechsel ist bei manchen Pkw-Riesen genauso kompliziert wie bei einigen Kleinwagen.

Experten erklären das so: Im Motorraum müssen die Hersteller heute viel mehr Technik unterbringen als vor zehn Jahren – Servolenkung, Klimaanlage und so weiter. Da verzichten einige Hersteller auf die leichte Auswechselbarkeit der Leuchtmittel. Die Folge für SPIEGEL-ONLINE-Leser Johann A.: Er muss die Xenon-Leuchtmittel des Standlichts an seinem Auto in der Werkstatt auswechseln lassen. Das ist teuer, weil zum Austausch der Stoßfänger vorne demontiert werden muss.

Der Leser rechnet vor: “TÜV und AU mit einer Motorprüfung müssen aus dem Gesamtbetrag von 269,95 Euro herausgerechnet werden, verbleiben 145,22 Euro brutto.”

145 Euro für den Glühlampenwechsel!

 

Die Kratzblech-Lüge – Hartnäckiger Apparate-Aberglaube

 

Eine Million Verkaufsautomaten spucken in Deutschland gegen Geld Zigaretten, Cola oder Fischköder aus. Manchmal fallen die Münzen einfach durch, weil der Münzprüfer im Automaten echtes Geld für falsch erklärt. Denn nach ein paar Monaten in Kassen, Automaten und Geldbörsen können zwei Euro-Münzen ganz unterschiedlich dick und schwer sein – je nachdem, wie sehr der Bezahleinsatz ihnen zugesetzt hat.

Oft sind die Abweichungen vom Toleranzspielraum so gering, dass der Münzprüfer das Geldstück beim zweiten Versuch annimmt – egal ob man die Münze am Automaten reibt oder nicht. Und warum kleben dann auf fast allen Getränkeautomaten Kratzbleche wie dieses an der Technischen Universität Braunschweig? Sie kanalisieren den Drang der Menschen, die Münzen am Automaten zu reiben, weil irgendjemand einmal das Gerücht in die Welt gesetzt hat, das erhöhe die Chance, dass eine Münze angenommen wird.

Kratzbleche schonen den Lack des Automaten, mehr nicht.

 

“Löscht den Spion” – Übersetzersoftware schlampt unkontrolliert

 

Eigentlich ist das frech: Da lässt ein Unternehmen die Anleitung von einer Übersetzungssoftware in Deutsche übertragen und niemand gibt sich die Mühe, jemandem noch einmal den Text zur Kontrolle zu geben. Immerhin klingen solche Softwareübersetzungen dann meistens lustig, statt nur komplett unverständlich zu sein.

Tilman Heckel hat diese Forderung nach “linientreuen Geldscheinen” 2005 südlich von Siena an einer Automatentanksäule gelesen. Heckel: “Wir haben dann woanders getankt.”

Ziemlich gut ist die englische Variante: “Select the wanted bomb!” An einer Tankstelle!

 

Szenehintern statt szeneintern – Wirre Softwarekorrektur

 

Seit es Textverarbeitungssoftware gibt, lachen Nutzer über diese Fehler: Die Rechtschreibkorrektur schlägt für korrekt eingetippte Wörter aberwitzige Verbesserungsvorschläge vor. Und manchmal, wenn der Nutzer nicht aufpasst, tauscht das Programm die vermeintlichen Fehler durch schöne Wortschöpfungen aus. Zum Beispiel in dieser Stellenanzeige einer Personalagentur: “Im Auftrag einer Berliner Unternehmensberatung suchen wir eine Telefonistin. Sie werden von Ihrem Homo-Office die Kunden unseres Auftraggebers kontaktieren und Termine für ihn vereinbaren.”

Homo-Office? Lustig, dass die Agentur von den Kandidaten dann noch “neben einer angenehmen Telefonstimme exzellente Deutschkenntnisse” verlangt.

Das Homo-Office hat sich die Korrektursoftware so zusammenphantasiert: Die Korrekturroutinen arbeiten mit Wortlisten und berechnen bei jedem Wort im Text, das nicht in den Listen auftaucht, die Wahrscheinlichkeit, dass etwas anderes gemeint sein könnte. “Homo” und “Office” stehen wohl in der Wortliste, im Vergleich zu Home fehlt nur ein Buchstabe – da liegt für die Software ohne “exzellente Deutschkenntnisse” die Vermutung nahe, dass sich der Autor vertippt hat und eigentlich das “Homo-Office” meinte.

So kommt Googles Online-Textverarbeitung Docs auch auf die absurden Korrekturvorschläge für das Wort “szeneintern”. Meinten Sie vielleicht Szenehintern? Oder Szeneinder? Der Unterschied in der Buchstabenfolge ist minimal, die Bedeutung – nun ja. Aber die Software erkennt nicht, was sie da korrigiert.

 

Und jetzt alle!

Versteckte Einschaltknöpfe, verschiedene Akku-Größen bei Handys desselben Herstellers – was ärgert Sie im Alltag an Ihren Gadgets? Schicken Sie uns Ihre Anregungen mit einer kurzen Begründung. Am besten per E-Mail. Oder teilen Sie Ihre Erfahrungen auf der Facebook-Seite “Fehlfunktionen”.

Mehr Alltagsärger mit Fehlfunktionen, wirre technische Anleitungen und absurde Entschuldigungen von Herstellern finden Sie im SPIEGEL-ONLINE-Buch “Fehlfunktion” (siehe Kasten links). Eine kostenlose Leseprobe bietet der Goldmann Verlag an.

{jumi [*5]}

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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