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Techniktrends zur CES: Showtime in der Spaßzentrale (Spiegel Online, 4.1,2010)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
5 minuten gelesen

Techniktrends zur CES

Showtime in der Spaßzentrale

Es wird eine Gadget-Show der Extreme: Auf der weltgrößten Unterhaltungselektronikmesse CES präsentieren die Hersteller, was 2010 angesagt ist. SPIEGEL ONLINE gibt den Überblick – vom biegsamen E-Reader über neue Smartbooks bis zum Turbo-USB.

Spiegel Online, 4.1,2010

Liebesszenen wie im echten Leben. Schlachtengemetzel mitten im Wohnzimmer. Fernsehen, als wäre man mittendrin. Jetzt soll es endlich so weit sein, diesmal wirklich, versprechen Sony und Samsung, Mitsubishi und LG: 3-D-TV ist ihr Schlagwort für die weltgrößte Unterhaltungselektronikmesse CES in Las Vegas.

Die Hersteller präsentieren dort neue Fernseher, die dreidimensionale Filme zeigen können. Der Zuschauer braucht für das spektakuläre Heimkinoerlebnis nur die passende Brille auf dem Kopf. Der Erfolg des 3-D-Kinoschlagers Avatar und vieler ähnlicher Filme soll nun den Durchbruch bei den Käufern bringen. Schon wird darüber spekuliert, dass der US-Satellitenfernsehriese DirectTV im Frühjahr einen ersten 3-D-Kanal starten wird.

3-D-Heimkino könnte das nächste große Ding in der Unterhaltungselektronik werden – aber vielleicht auch nicht?

Mancher erinnert sich in diesen Tagen an die Geschichte der Tablet PCs. Acht Jahre ist es her, dass Bill Gates die Kritzel-auf-den-Touchscreen-Rechner in Las Vegas als Computer der Zukunft pries. Doch erst in diesem Jahr wird ihnen ein echter Erfolg auf dem Markt zugetraut.

Viele erwarten, dass Apple – außerhalb der CES – im Januar ein bahnbrechendes Tablet-Gerät vorstellt. Auch Google wird sein neues Handy Nexus One – wenn es denn kommt – vor der CES zeigen, vielleicht schon an diesem Dienstag. Andere Hersteller dürften – auf der CES selbst – interessante Lesegeräte mit neuen Bildschirmtechniken zeigen. Biegsam sollen einige von ihnen sein, andere Videos zeigen und trotzdem Strom sparen wie E-Ink-Displays.

Was kommt 2010? Neue Lesegeräte, Biegebildschirme und billige Netbooks, die sauber HD-Videos abspielen – SPIEGEL ONLINE gibt den Überblick zur CES:

E-Reader – bunt, biegsam, Video-tauglich

Der Touchscreen ist biegsam, so groß wie ein A4-Papier und kann zwar keine Farben darstellen, aber immerhin Graustufen: Das sind die bisher bekannten Eckdaten des neuen Lesegeräts Que. Der Hersteller Plastic Logic wird den E-Reader am 7. Januar auf der CES in Las Vegas vorstellen, dann soll er in den USA verkauft werden. Ob und wann der in Dresden gefertigte Que in Deutschland erhältlich sein soll, beantwortet der Hersteller derzeit nicht.

Auch wie viel er kosten soll, ob die Bedienung brauchbar ist, wie groß das Angebot sein wird – alles unklar. Fest steht, dass der Que in den USA in den Filialen des Buchhandelsriesen Barnes and Noble vertrieben werden soll. Die US-Version soll Inhalte aus einem Online-Buchladen über Mobilfunk abrufen können. Außerdem kann man per USB-Schnittstelle PDF- und ePUB-Dokumente, Grafiken in Standardformaten und Textdateien (RTF, Microsoft-Office 2003/2007) auf den Que laden.

Der US-Medienkonzern Hearst wird wohl zur CES sein Lesegerät namens Skiff vorstellen. Über die Hardware ist bislang nur bekannt, dass das Gerät einen Farbbildschirm hat, mit E-Ink arbeitet, Inhalte über Mobilfunk abruft und vor allem für den Vertrieb von digitalen Zeitschriftenausgaben optimiert sein soll – Shop- und Bezahlsystem inklusive.

Mirasol-Bildschirme sind eine Alternative zum klassischen E-Ink-Display (mehr auf Wikipedia…), die der Hersteller Qualcomm auf der CES voraussichtlich an Prototypen demonstrieren wird. Die Farbdisplays arbeiten mit vielen kleinen Spiegeln, die einfallendes Licht in nur einer bestimmten Wellenlänge zurückwerfen und so sichtbare Farben erzeugen.

Ein enormer Vorteil der Mirasol-Technik gegenüber E-Ink: Die Spiegel können schnell genug bewegt werden, um Videos auf den Displays abzuspielen. Trotzdem soll ein Mirasol-Display beim Stromverbrauch ähnlich genügsam sein wie E-Ink und angeblich weniger als ein Zehntel der Energie eines vergleichbar großen LCD-Schirms verbrauchen. Qualcomm hat angekündigt, dass 2010 die ersten Lesegeräte mit Mirasol-Bildschirmen in Produktion gehen.

Tablets – ein EeePad und vielleicht etwas von Apple

In einer Hand hält man den Computer, der kaum größer als ein A4-Papier ist – mit der anderen tippt, schreibt und malt man per Stift oder Finger auf dem Gerät. Das klingt nach XXL-iPhone. War aber schon 2002 in Las Vegas auf der CES zu sehen. Bill Gates führte in seiner Eröffnungsrede seinen Tablet PC und das “Mira” getaufte Konzept vor und verkündete: “Das ist eine bedeutende Entwicklung.”

Tatsächlich waren die Tablet PCs dann allerdings ziemlich teuer, ziemlich schwer und keineswegs so begehrt wie erhofft. Acht Jahre mussten vergehen, bis Bill Gates nun womöglich Recht bekommt. Auf der CES 2010 werden wohl einige Tablets zu sehen sein, die seinem Konzept ähneln.

Angeblich soll Asus ein sogenanntes EeePad vorstellen – Gerüchten zufolge ein Multitouch-fähiges Gerät. Der Hersteller hat das nicht bestätigt, ein hartes Dementi gibt es aber auch nicht. Alles scheint möglich.

Irgendetwas wird auch Apple im Januar vorstellen. Kurz vor der CES und Ende Januar sollen Produkte präsentiert werden. Offiziell ist nichts, aber dass es sich um ein Apple Tablet handeln könnte, ist recht wahrscheinlich. Was es kann, wie viel es kostet, ob es den Markt für mobile Unterhaltung, E-Books und digitale Magazine umkrempeln wird – das sind gerade die spannendsten Fragen.

Kleine Kameras mit großen Sensoren

Das wurde auch Zeit: Seit einem Jahr wird in Fotoblogs und Foren über Samsungs neues Kamerasystem NX spekuliert – nach vielen Versprechen und vagen Andeutungen kündigt der Hersteller nun offiziell die NX-10 an, die erste Kamera der Baureihe. Zusammen mit drei passenden Objektiven soll sie im Frühjahr erhältlich sein, die Preisempfehlungen sind noch nicht bekannt.

Das Besondere: Die NX-10 ist ungefähr so klein und leicht wie die kleinen Kameras mit Wechselobjektiven von Olympus (EP1) und Panasonic (GF1) – gut zwölf Zentimeter breit, knapp neun Zentimeter hoch und ohne Objektiv gut 350 Gramm schwer.

Die neue Samsung-Kamera hat einen erheblich größeren Bildsensor als die Konkurrenz. Er hat das sogenannte APS-C-Format – das entspricht der Sensorgröße einer Spiegelreflexkamera wie der Canon EOS 350D (3,28 cm²) und ist deutlich mehr als das Sensorformat Four-Thirds, wie es Kleinkameras wie die Olympus EP-1 und die Panasonic Lumix G1 nutzen (2,24 cm²). Die NX-10 nimmt Fotos in einem Samsung-eigenen Rohdatenformat auf. Videos werden mit einer Auflösung von 1280×720 Pixeln und einer Bildrate von 30 Aufnahmen in der Sekunde aufgezeichnet.

Bei den drei zum Start angekündigten Objektiven für das neue Samsung-NX-Bajonett handelt es sich um eine Festbrennweite (f/2,0, 43 mm Kleinbild-äquivalente Brennweite) und zwei Zoom-Objektive (f/3,5-f/5,6 18-55 Kb-äquivalent und 50-200 mm mit der vom Zoom abhängigen größtmöglichen f/4,0 bis 5,6).

Nicht ganz so aufregend ist die auf jeden Fall zur CES zu erwartende Welle neuer Kompaktknipsen – integriertes W-Lan und OLED-Touchscreens (soll die Samsung CL80 alles haben) sind ganz nett, aber nicht weiter überraschend.

Wohl nicht zur CES, aber irgendwann 2010, kommen sicher auch von Canon und Nikon Kameras, die den kleinen Knipsen mit Wechselobjektiven von Olympus, Panasonic und Samsung Konkurrenz machen.

USB 3.0 – schneller in beide Richtungen (gleichzeitig!)

Über USB 3.0 haben die Hersteller schon 2008 gesprochen. Der neue Standard ermöglicht zehnmal höhere Transferraten als USB 2.0. Eine 10-Gigabyte-Fotosammlung in einer halben Minute auf einen USB-Stick ziehen? Kein Problem. Interessant an USB 3.0 ist auch, dass Downloads genauso schnell wie parallele Uploads laufen können und Akkus schneller laden sollen.

Auf der CES werden wohl einige Anwendungen des neuen Standards zu sehen sein. Leider will Intel nach bisherigen Plänen USB 3.0 in seinen Chipsätzen erst ab 2011 unterstützen. Das könnte sich bei großem Anklang vielleicht noch ändern.

Netbooks – kleiner, schneller und billig wie immer

Das MSI Wind U160 zeigt, was an Netbook-Neuigkeiten auf der CES zu erwarten ist. Der für die Messe angekündigte Rechner soll länger ohne Akkuladung durchhalten (bis zu zehn Stunden), mit dem neuen 1,66-Gigahertz-Intel-Atom-N450 arbeiten, einen 10-Zoll-Bildschirm haben und gerade mal 350 Dollar kosten.

Damit hat MSI schon vor Beginn der Messe klargemacht, wie die Eckdaten für die neuen Netbooks aussehen werden, die auf der CES zu erwarten sind. Sie beruhen auf Intels neuer Pinetrail-Plattform, bei der ein Atom-Chip direkt mit einem Grafikchip kombiniert verbaut wird. Das soll Energie sparen und Performance-Vorteile bringen – wenn auch keine großen, wie erste Tests zeigen. Nach wie vor haben Atom-Netbooks ihre Probleme mit der Darstellung von HD-Videos.

Die rund 80 neuen Netbooks auf dieser neuen Plattform, die auf der CES vorgestellt werden sollen, stellen also die neue Einstiegsklasse dar. Auch über Pinetrail-Produkte von Asus, Hewlett-Packard und Samsung sind schon erste Details durchgesickert. Alle sollen um die 350 Euro kosten und sich – wie die vorherige Netbook-Generation – weitgehend ähneln. Windows 7 Home Basic ist nun das Standardbetriebssystem. Deshalb sind Festplatten bis 250 Gigabyte möglich. Die 6-Zellen-Akkus sollen jetzt Laufzeiten von zehn Stunden und mehr bringen. Ansonsten: Alles wie gehabt.


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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