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Top Ten der Promi-Werbepost: Angelina Jolie schlägt alle Spam-Stars (Spiegel Online, 14.8.2008)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
5 minuten gelesen

Top Ten der Promi-Werbepost

Angelina Jolie schlägt alle Spam-Stars

Mike Tyson boxt gegen Michael Jackson, und Paris Hilton liebt Britney Spears – mit bekannten Namen und erfundenen Gaga-Nachrichten locken Spammer Web-Nutzer auf ihre Seiten. Welche Promi-Namen besonders gut ziehen, zeigt die Top Ten der Spam-Stars.

Spiegel Online, 14.8.2008

Sind die Geschichten abgedreht genug, scheint der Trick noch immer
gut genug zu funktionieren, dass ein Bruchteil der Empfänger die
riskanten Links in solchen Nachrichten anklickt und dabei seinen
Computer mit Schadsoftware infiziert.


Spam-Schleudern jagten im Juli täglich hochgerechnet gut 800
Millionen E-Mails mit angeblichen Neuigkeiten zu Stars wie Angelina
Jolie und Britney Spears ins Netz. Das ergab eine Auswertung (
PDF-Dokument)
der IT-Sicherheitsfirma Secure Computing, deren Software weltweit auf
Unternehmensservern die eingehenden Nachrichten filtert.

Mit der Promi-Masche versuchen Spammer es bei etwa fünf Prozent der
verschickten Lock-Mails. Die Promi-Wahl ist manchmal seltsam, die
erfundenen Nachrichten sind oft bizarr.

Angelina Jolie, Aliens und das Sauerkraut – SPIEGEL ONLINE präsentiert die Top Ten der Spam-Stars.

Michael Jackson – abgeschlagen, aber immerhin in den Top Ten

Lange nichts mehr vom "King of Pop" gehört? Seit Jahren ist wenig
und kaum konkretes über Michael Jackson zu lesen. In Bahrain soll er
gelebt haben, seit Anfang vergangenen Jahres in Las Vegas wohnen, in
einem Hotel oder in einem Einfamilienhaus und ein neues Album, sogar
eine Tournee planen. Angeblich.

Vielleicht gerade weil die Nachrichten so vage und selten sind, gibt
es Neues über Michael Jackson immer wieder im Spam-Postfach zu lesen.
Der scheint so lange abgetaucht zu sein, dass sein Name allein
Klick-Reflexe bei manchem Spam-Empfänger auslöst.

Die Botschaften der Jackson-Spam sind so bizarr wie simpel:

  • "Michael Jackson von seinem eigenen Hund verklagt"
  • "Aliens von Michael Jackson entführt"
  • "Michael Jackson versteigert sich selbst bei Ebay"
  • "Mike Tyson wird gegen Michael Jackson kämpfen"

Böse Zeilen. Wer sensationslüstern die Links in den Nachrichten
anklickt, wird abgestraft: Auf der Web-Seite, auf der es vermeintlich
mehr über Jacksons Leid zu lesen gibt, fängt man sich mit einem
ungeschützten Computer Schadsoftware ein.


Brad Pitt ist sehr einsam auf Platz 9

Bitter: In der Beliebtheitsskala bei Spam-Versendern rangiert Brad
Pitt (1995 und 2000 laut "People" immerhin "Sexiest Man Alive") nur
ganz knapp vor Michael Jackson. Und dann auch noch mit (erfundenen)
Loser-Nachrichten im E-Mail-Betreff wie:

  • Angelina Jolie verlässt Brad Pitt

Kurios: Die Texte seiner Brad-Pitt-Nachrichten hat sich der Spammer
planlos anderswo im Netz abgegriffen. Bei einer Pitt-Spam-Mail ist das
dann auf einmal: "Naturlich kommt das Auto aus Hessen und ist damit
etwa so englisch wie Sauerkraut."

Das Auto?

Das Auto ist der neue Opel Insignia, den Satz hat der Promi-Spammer bei
SPIEGEL ONLINE abgegriffen (mehr…) – ohne Umlaute allerdings.

Osama Bin Laden – von Spammern auf Platz 8 verhöhnt

Mit dem Namen Bin Ladens fixen Cyber-Gauner schon seit Jahren die
Opfer ihrer Schadsoftware an. Die Tricks wechseln: 2004 sollte man mit
einem Klick auf den Link in der Lockmail angeblich das Foto des toten
Bin Laden sehen, später kamen dann viele Schadsoftware-Spamwellen, die
zu vermeintlichen Videobotschaften Bin Ladens verlinkten.

Inzwischen ist Bin Laden in der Top Ten des Bekanntheits-Spams auf Platz 8 gefallen – und die Betreffzeilen klingen derzeit so:

  • "Osama trainiert Ziegen für taktische Bombenangriffe"

Wer das glaubt, hat den Schaden: Ein Klick auf den Link in dieser
Nachrichten führt auf infizierte Web-Seiten, die Browser mit
entsprechender Sicherheitslücken den Pandex-Trojaner unterschieben.


George Bush hat keine Freunde, aber Spam-Platz 7

Der US-Präsident ist für Spam-Autoren eine Witz-Figur. Aber als
solche ist George W. Bush immerhin beliebter als Osama Bin Laden. Die
Spammer dichten auf Bush Zeilen wie diese:

  • "Bush hat nur noch 8 Freunde by Myspace"
  • "Bush besorgt über Homo-Ehe, sieht San Francisco als Teil der Achse des Bösen"

Quelle dieser Nachrichten ist laut der IT-Sicherheitsfirma Marshall
das Botnetz "Rustock", das seit knapp zwei Jahren existiert und zu
seinen besten Zeiten Ausgangspunkt für ein Fünftel des Spam-Aufkommens
weltweit gewesen sein soll.

Mit den Bush-Mails versuchen die Spammer neue Rechner zu infizieren
und so ihr Netzwerk ferngesteuerter Zombie-Rechner zu erweitern. "Die
Rustock-Spammer experimentieren gerade, mit welchen Betreffzeilen sie
die meisten Opfer zum Klick auf die Links in den E-Mails verleiten",
erklärte Phil Hay, Analyst bei Marshal dem IT-Fachblatt " SC Magazine".


Clinton, Simspon, Spears gleichauf und langweilig

Durchschaubar, langweilig und anzüglich – die Spam-Botschaften mit
Hilary Clinton, der Sängerin Jessica Simpson und Britney Spears als
Lockname im Betreff sind fast alle nach dem vertraut-dämlichen Muster
"sex tape" und "hilary clinton naked: watch the video" aufgebaut. Etwas
50 Millionen solcher Nachrichten haben Spammer laut den Statistiken von
"Secure Computing" an jedem Juli-Tag verschickt – mit Clintons Namen
etwas weniger als 50, mit Simpsons und Spears jeweils etwas mehr als
50-Millionen-mal.

Bitter für Britney Spears: Im Jahr 2005 schlug sie in der
Spam-Star-Statistik des IT-Unternehmens Panda noch alle anderen
Wettbewerber – heute reicht das Spam-Aufkommen mit ihrem Namen nicht
einmal mehr für die Bronzemedaille.


Bronze für Paris Hilton

Satire-Seiten lieben Paris Hilton. Und Spammer lesen und plündern offenbar sehr fleißig Satire-Seiten. So entstehen Werbemails mit Gaga-Betreffzeilen wie:

  • "Hulk zermatscht (Video) - Paris Hilton referiert über Dickens und Dostojewski." (Hier hat eine Spam-Software zwei Überschriften des Online- Satiremagazins "The Specious Report" kombiniert: eine kommt in die Betreffzeile, die andere in den E-Mail-Textkörper vor den Link zum Trojaner-Video
  • "Paris Hilton: Ich gebe mich dem Gewinner der French Open hin" (Diese Betreffzeile haben die Spam-Verfasser von der Satire-Seite "The Spoof" geklaut)
  • "Britney Spars und Paris Hilton sind ein Paar. Videobeweis!" (Das scheint eine nicht geklaute Spammer-Phantasie zu sein)

Der demokratischen Präsidentschaftsbewerber Barack Obama ist der Spam-Superstar: Sein republikanischer Rivale McCain taucht in den Top Ten der Spam-Botschaften mit Prominamen im Betreff nicht mal auf, Obama schafft es mit hochgerechnet fast 70 Millionen Spam-Botschaften am Tag auf den zweiten Platz.

Schwacher Trost für McCain: In einigen der Obama-Mails taucht sein Name auch auf. Das klingt dann zum Beispiel so

  • "Obama und McCain versprechen, dass sie Elton John deportieren werden"
  • "McCain nennt Obama einen Rassisten"
  • "McCain unsicher, ob Obama vielleicht ein getarntes Flusspferd ist"

Spam-Spitzenplatz für Angelina Jolie

 

Der beliebteste Promi-Köder bei Spammern ist derzeit Angelina Jolie.
Im Juli jagten Spam-Schleudern täglich schätzungsweise 400 Millionen
E-Mails mit angeblichen Neuigkeiten zu Angelina Jolie ins Netz – das
entspricht laut Secure Computing etwa zwei Prozent des gesamten
Mail-Aufkommens und fast der Hälfte aller Promi-Spam-Nachrichten
überhaupt.

Und so klingen die Gaga-Nachrichten der Spam-Roboter:

  • "Angelina Jolie gebiert Drillinge – Was jeder über Obamas fiese Methoden wissen sollte"
  • "Angelina Jolie bringt fünf Kinder zur Welt – gleichzeitig"
  • "Mick Jagger enthüllt Beziehung mit Angeline Jolie – Wir haben Ihre Informationen aus der IT-Abteilung"

Informationen über Angelina Jolie aus der IT-Abteilung? Fast aus erster Hand also. So klingen die auch.


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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