Trio infernal (Süddeutsche Zeitung,10.08.2000)
Trio infernal
Mehr Nullen als Einsen: Der Animationsfilm „Titan A.E.“
Süddeutsche Zeitung,10.08.2000
Erst einmal explodiert die Erde. Gesteinsbrocken zermalmen fliehende Raumschiffe, pulverisieren den Mond. „Titan A. E.“ („After Earth“) sprengt erstmal alles, was man über Hollywood-Animation zu wissen glaubt. Denn seine Bezugspunkte sind weder die zuckersüße Welt von „Anastasia“ noch Science-Fiction-Filme wie „Independence Day“. Dort reichte es den Aliens noch, das weiße Haus zu sprengen, hier zerstören die außerirdischen Drej im Jahr 3028 den gesamten Planeten mit ihrem Energiestrahl.
Der Film will Totales: Animationsfilm als erwachsenes Medium etablieren, computererzeugte Grafik und handgezeichnete Charaktere zusammenbringen. Die Geschichte indes ist traditionell. Cale, ein Held wie Luke Skywalker, hat von seinem Vater nur Erinnerungen. Der Wissenschaftler steckte ihn beim Angriff der Drej in ein Rettungsschiff, gab ihm einen Ring und sagte, die Hoffnung sei nicht verloren. Ein Jahrzehnt darauf ist Cale als Flüchtling auf einmal zu Großem berufen: Der Ring kann ihn zur Titan führen, einem Raumschiff, das den Menschen vielleicht eine neue Heimat ermöglicht. Natürlich macht er sich auf die Suche, die jedoch nicht als eine nach Identität, nach dem Vater begründet wird.
Zeichentrickcharaktere sind flach, damit Bilder, Bewegung, Musik Raum haben. Raumschiffe jagen durch einen Schwarm reflektierender, aneinander zerschellender Eiskristalle. In einer Totalen der Erdzerstörung ist der Zuschauer hilflos wie die Flüchtenden: Überall explodieren Schiffe, aber wessen Tod ist sehenswert, welcher kann vergessen bleiben? Zuweilen wirken die reduziert gezeichneten Charaktere zu klein für die präzise, detaillierte Umgebung aus dem Rechner. Nicht ohne Grund kämpfen Menschen gegen die Drej, die aus reiner Energie bestehend jede Form annehmen können. Wie die Nullen und Einsen, aus denen die Helden von „Toy Story“ bestanden. Diese Spannung zwischen Mensch und digitaler Technik wird nicht ausgeführt. Nicht der Überfluss an Action ist „Titan A. E.“ vorzuwerfen, sondern die unbegründete Darstellung des Menschen als überlegene Rasse. Die Drej zerstörten die Erde, weil sie die Menschen fürchten. Die Bilder erzählen eine andere Geschichte. Nicht wegen menschlicher Charaktere sondern rein der Technik wegen sind sie sehenswert.