Ultrazoom-Kameras: Feldstecher-Knipsen für die Handtasche (Spiegel Online, 30.4.2009)
Ultrazoom-Kameras
Feldstecher-Knipsen für die Handtasche
Kleines Gehäuse, riesige Brennweite: Günstige Kompaktkameras mit Extrem-Zoom holen Motive näher heran als je zuvor. SPIEGEL ONLINE hat die Zoom-Wunder von Kodak, Olympus und Pentax ausprobiert.
Spiegel Online, 30.4.2009
Um die 350 Euro teuer, ein halbes Kilo schwer und so groß wie eine Cola-Dose – die neuen kompakten Ultrazoom-Kameras der großen Hersteller sind eine Klasse für sich. Sie schaffen mit ihren fest verbauten Objektiven einen 24- oder gar 26-fachen Zoom, aber auch leichte Weitwinkel-Aufnahmen.
Wer diese Gestaltungsvielfalt mit einer Spiegelreflexkamera haben will, schleppt mehrere Kilo Ausrüstung mit, muss zwischen zwei oder drei Objektiven wechseln und dafür sicher mehr als tausend Euro bezahlen.
Mit der neuen Gestaltungsfreiheit wollen die Kamerahersteller Käufer locken. Das Argument: Viel Brennweite für wenig Geld. Entsprechende Modelle bringen viele Firmen in diesem Frühjahr heraus: Kodak (Z980), Olympus (SP-590UZ), Pentax (X70) und Nikon (P90). Sie machen mit diesen Billig-Zoomern ihren eigenen Digitalkameras Konkurrenz, könnte man meinen. Schließlich war bislang ein Argument für Spiegelreflexkameras die große Vielfalt an Brennweiten bei den Wechselobjektiven.
Viel Brennweite für relativ wenig Geld – was ist der Haken bei diesem Angebot? SPIEGEL ONLINE probiert die neuen Ultrazoomer aus:
Bedienung – viele nervige Fehler im Detail
Die Gehäuse der Ultrazoomer wirken durchweg etwas billig – aber das Plastik ist nur ein ästhetischer Mangel. Was wirklich ärgerlich ist: Die Objektivdeckel halten bei einigen Geräten einfach nicht. Statt die fest verbaute Optik vor Staub und Kratzern zu schützen, springt schon bei einer leichten seitlichen Berührung (im Rucksack unvermeidlich) der Schutzdeckel von der Olympus SP-590UZ und der Kodak Z980 ab.
Dass es durchaus möglich ist, eine Schutzklappe zu konstruieren, die besser hält, zeigt Pentax bei der X70. Diese Kamera kann man tatsächlich bedenkenlos in einer (großen) Handtasche oder dem Rucksack unterbringen – bei den Kameras von Kodak und Olympus ist das nicht zu empfehlen, verlässlichen Schutz bringt da nur eine zusätzliche Kameratasche.
Die Zoomwippe vor der Nase
Einige dieser kleinen, richtig nervigen Schnitzer bei der Bedienung hat leider jede der getesteten Ultrazoom-Knipsen. Dass die leicht zu vermeiden wären, zeigt der Vergleich: Was bei einem der Geräte nervt, ist bei einem anderen gut gelöst. Zum Beispiel die manuelle Einstellung von Verschlusszeit und Blendenzahl. Bei der Kodak Z980 steuert man das mit einem kleinen Einstellrädchen, einmal Drücken und man wechselt zwischen beiden Einstellmöglichkeiten.
Das ist sehr elegant gelöst und auf Anhieb verständlich. Solch ein Rädchen spendiert auch Pentax der X70, bei der Olympus-Kamera muss man sich stattdessen mit Knöpfen durch Kameramenüs klicken, um die Option zu finden.
Ansonsten orientiert sich die Bedienung der Kameras durchweg am mittlerweile üblichen Prinzip: Ein Steuerkreuz mit vier Tasten und einem Schalter in der Mitte hinten, ein Moduswahlrad (die Kameras haben dasselbe Angebot an P, A, S und M-Modi und Motivprogrammen), dazu noch ein paar Extratasten.
Manchmal lahmt der Autofokus
Wie leicht man ein so bewährtes Prinzip verhunzen kann, macht Olympus mit dem Verzicht aufs Einstellrad vor und Kodak mit der sehr eigenwilligen Bedienung des Objektivs. Statt eines Zoom-Hebels für den Zeigefinger an der Oberseite wie die Konkurrenz, plaziert Kodak eine Zoom-Wippe für den Daumen auf der Kamera-Rückseite. Der ist hakelig zu bedienen und erfordert einige Verrenkungen, wenn man durch den Sucher der Kamera blicken will.
Die Einschalt-, Zoom- und Fokussierzeiten sind bei keinem der Ultrazoomer mit einer Spiegelreflex zu vergleichen. Allerdings sind sie auch nicht katastrophal schlecht. Nur im extremen Telebereich nervt bei allen Kameras bisweilen die ewige Autofokussiererei.
Hierbei muss man allerdings bedenken: Von einer Weitwinkelbrennweite in den Telebereich zu wechseln, dauert bei diesen Kompaktknipsen wenige Sekunden, bei einer digitalen Spiegelreflex muss man dafür meist das Objektiv wechseln.
Fazit: Bei der Geschwindigkeit sind die kleinen Ultrazoomer durchweg Spiegelreflex-Kameras unterlegen. Das ist nicht tragisch, fällt nur beim Autofokus bisweilen unangenehm auf. Ärgerlich sind die unnötigen Schnitzer bei der Bedienbarkeit – mal ist der Zoom-Hebel unpräzise (Nikon P90), mal ungünstig angebracht (Kodak Z980), mal fehlt ein Einstellrad (Olympus SP-590UZ), mal ist die Bedienung über Menüs extrem verwirrend (Nikon P90). Am besten gefiel uns die Bedienung der Pentax X70.
Ausstattung – große Brennweite, kleiner Sensor
Dass die Ultrazoomer so klein und billig sind, hat einen Preis: In den Kameras sind durchweg die kleinsten verfügbaren Bildsensoren verbaut. Die Größe des Fotosensors beeinflusst neben anderen Faktoren die Qualität der Fotos. Grob gesagt: Je kleiner die Oberfläche, umso stärker das unerwünschte Bildrauschen.
Die Ultrazoomer haben durchweg Fotosensoren mit einer Oberfläche von 0,28 Quadratzentimetern. Da haben sogar kleinere Kompaktkameras wie zum Beispiel die Canon G10 größere Sensoren (0,43 Quadratzentimeter). Ein Grund dafür ist sicher, dass bei größerem Sensor das Objektiv einen größeren Bildkreis werfen muss. Ein anderer Grund ist aber wohl auch, dass die Unternehmen mit kleinen, günstigen Kompaktknipsen den eigenen Spiegelreflexkameras nicht zu viel Konkurrenz machen wollen.
In der Dämmerung rauscht es
Die Folge: Bei Tageslicht sind die Bilder der Ultrazoomer brauchbar, aber schon bei Dämmerung stört Bildrauschen in den Aufnahmen. Neben diesem mehr oder minder notwendigen Kompromiss sparen die Hersteller allerdings auch an der restlichen Ausstattung. So zeichnet zum Beispiel mit Ausnahme der Kodak Z980 keiner der Ultrazoomer Aufnahmen in einem Rohdatenformat (RAW) auf, das einen sehr großen Gestaltungsspielraum bei der Nachbearbeitung ermöglicht und auch so manchen anspruchsvollen Hobbyknipser interessiert.
Allerdings kann man mit Kodaks RAW-Format derzeit als Mac-Benutzer wenig anfangen – erkannt und unterstützt wird das Format bislang allein von Kodaks eigener, nur schwer erträglicher PC-Software, die immerzu Werbung für Online-Dienste von Kodak macht. Dass Olympus bei der 590UZ auf RAW-Unterstützung verzichtet, ist nur als künstliches Runtertunen zu verstehen, schließlich können ältere Olympus-Kompaktknipsen in derselben Preisklasse wie die 570UZ auch Aufnahmen im RAW-Format speichern.
Krüppel-HDR bei Kodak
Ansonsten nehmen sich die Modelle bei der Ausstattung nicht viel. Die wesentlichen Ausreißer: Automatische Belichtungsreihen (für HDR-Fotos) fotografiert die Olympus 590UZ und die Kodak Z980, Pentax spart sich dieses bequeme Extra. Das Display der Kodak Z980 ist größer als das der Konkurrenten, dafür hat die Nikon P90 ein ebenso großes und ganz ordentliches Liveview-Display an der Rückseite, das sich im 90-Grad-Winkel zur Kamera nach oben (falls man sehr nah am Boden fotografiert) oder im 45-Grad-Winkel nach unten klappen lässt (falls man die Kamera über den Kopf hält). Das ist in der Tat hilfreich.
Bei der sonstigen Ausstattung fallen Olympus und Kodak dadurch auf, dass ihre Kameras mit vier Standard AA-Akkus betrieben werden. Im Urlaub sehr praktisch, wenn man schnell Ersatz sucht. Allerdings sind die Kameras dadurch etwas schwerer und klobiger als die Pentax.
Nervig bei der Olympus 590UZ: Als Wechselspeicher kann man hier nicht die weitverbreiteten SD-Karten nutzen, sondern nur das von Olympus und Fujifilm entwickelte XD-Format. Muss eigentlich nicht sein. Dass die Hersteller ihre Kunden allesamt mit proprietären USB-Kabelenden ärgern, ist eine traurige Tradition – man kann in keinen der Ultrazoomer einfach so ein Kabel mit Mini- oder Mikro-USB-Ende stöpseln, da hat jeder Hersteller seine ganz eigene Buchse konstruiert.
Fazit: Abgesehen von den Objektiven sind die Kameras durchweg spartanisch ausgestattet – kein RAW-Modus, die kleinstmöglichen Bildsensoren. Nur die Nikon P90 fällt mit dem leicht schwenkbaren Display ein wenig heraus. Ob man für dieses Extra allerdings die arg komplizierte Bedienung in Kauf nehmen möchte, muss man abwägen. Wer nur mit der Automatik fotografiert, wird das wohl verschmerzen können.
Bildqualität und Fazit
Bei Tageslicht liefern die Ultrazoomer durchweg meist brauchbare Bilder. In der 100-Prozent-Ansicht fallen zwar schon bei guten Lichtbedingungen und entsprechend niedriger ISO-Empfindlichkeit einige Störungen auf, die aber in den allermeisten Fällen nicht ins Gewicht fallen dürften. Die Bildstabilisierung gleicht bei allen Modellen im Telebereich die Bewegungen der Kamera ganz gut aus – eine einigermaßen ruhige Hand vorausgesetzt.
In der Dämmerung, in geschlossenen Räumen oder gar nachts sollte man von diesen Kameras nichts erwarten – Bildrauschen ist zum Teil schon bei ISO200 zu erkennen, bei höheren Empfindlichkeiten stört es wirklich. Aber: Etwas anderes kann man von diesen Kameras auch nicht verlangen. Bei starken Hell-Dunkel-Kontrasten treten kleine Abbildungfehler wie chromatische Aberrationen (Farbränder) auf, im Telebereich verzeichnen die Objektive die Motive – aber all das überrascht kaum. Mehr Qualität ist nicht zu erwarten.
Keine Alleskönner, aber nette Ergänzung
Echte Alleskönner sind die Ultrazoomer trotz des enormen Brennweitenbereichs nicht. Als Immerdabei-Kamera sind sie ein wenig zu schwer und zu groß. Wer einfach knipsen will, ist mit einer kleinen Kompaktkamera wohl besser beraten. Als Immerdabei-Zweitkamera sind die Ultrazoomer für anspruchsvolle Hobbyfotografen interessant. Unterwegs (am Tag) holt man wohl keine Kamera gern so oft heraus, um einfach ein Motiv im Vorübergehen zu knipsen wie diese Brennweiten-Wunder.
Allerdings muss man dabei auf echte RAW-Unterstützung zugunsten der Brennweite verzichten – eine Kompakte wie die Canon G10 hat zwar weniger Telebereich, dafür einen größeren Sensor, einen RAW-Modus und etwas weniger Volumen.
Wenn es ein Ultrazoomer sein soll, fällt die Auswahl nicht leicht: Uns hat die Pentax X70 dank der Bedienung am besten gefallen. Wer auf einen schwenkbaren Monitor wert legt, sollte die Nikon P90 ausprobieren.
Datenblatt
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Fototechnik – Die Fachbegriffe kurz erklärt
Öffnung hat eine veränderbare Größe und je größer sie ist, desto mehr Licht fällt ein. Bei kompakten Digitalkameras kann die Blende manchmal, bei Spiegelreflexkameras meistens auf Wunsch manuell eingestellt werden. Angegeben wird sie dabei mit der sogenannten Blendenzahl (wie um Beispiel 8, 5,6 oder 2,8). Je größer die Blendenzahl (oft angegeben mit f/Blendenzahl), umso kleiner ist die Blendenöffnung. Konkret: Bei der Blendenzahl 4 ist die Blendenöffnung doppelt so groß wie bei der nächst höheren Blendenzahl 5,6. Die Blendenzahlen beruhen auf einer mathematischen Formel, nach der sich die sogenannte Blendenreihe berechnet. Hier verkleinert sich von Stufe zu Stufe die Blendenöffnung (0,5 / 0,7 / 1 / 1,4 / 2,8 / 4 usw., siehe SPIEGEL WISSEN). Mehr Licht durch eine große Blendenöffnung ermöglicht eine kürzere Gleichzeitig beeinflusst die Größe der Blendenöffnung die sogenannte Diese Verschlusszeit wird meistens in Sekundenbruchteilen angegeben. 1/1000 ist zum Beispiel eine tausendstel Sekunde. Bei Kompaktkameras kann die Verschlusszeit manchmal, bei Spiegelreflexkameras immer auch manuell eingestellt werden. Angeben wird sie in Zeitstufen (wie 0,5"; 1/4; 1/8; 1/15; 1/30; 1/60; 1/125 usw.). Je größer die Zeitstufe, umso länger ist der Verschluss geöffnet. Bei einer kurzen Verschlusszeit erscheinen auf dem Bild sich schnell bewegende Objekte scharf, bei längeren Verschlusszeiten wirken sie verwischt, das ist die sogenannte Bewegungsunschärfe. Verwendet man bei solchen Aufnahmen mit längeren Belichtungszeiten kein Stativ oder zumindest eine feste Unterlage für die Kamera, verwackeln die Aufnahmen oft durch die Bewegung der Hand. Ruht die Kamera auf einer festen Unterlage, kann man mit längeren Belichtungszeiten zum Beispiel Autos auf Fotos verwischt erscheinen lassen, während alle statischen Objekte in der Umgebung scharf erscheinen. Bei sehr kurzen Belichtungszeiten ist eine starke Beleuchtung oder eine entsprechend große Blendenöffnung nötig, um ausreichende Belichtung zu gewährleisten. Grundregel: Stellt man eine Zeitstufe größer ein, kann man eine Blendenzahl weniger einstellen. Konkret: Geringe Schärfentiefe bedeutet, dass das Motiv im Vordergrund scharf, der Hintergrund aber unscharf ist. Große Schärfentiefe bedeutet: die Partien im Vorder- und Hintergrund erscheinen auf dem Bild scharf. Die Schärfentiefe eines Bildes hängt unter anderem von der Größe der Blendenöffnung ab, aber auch von der Brennweite des Objektivs und dem Bildformat, beziehungsweise der Sensorgröße. Die Größe des Fotosensors (siehe Bayer-Sensor bei SPIEGEL WISSEN)einer Digitalkamera beeinflusst neben anderen Faktoren die Qualität der Fotos. Angegeben wird die Größe oft in Standardgrößen wie 1/3,2 Zoll oder 1/1,7 Zoll. Diese Größen sind von einem Format für TV-Kameras aus den fünfziger Jahren übernommen, haben keinen direkten Zusammenhang mit der Oberfläche des Sensors. + digitale Kompaktkamera Nikon Coolpix S60 (1/2.3"): 0,28 cm² + digitale Spiegelreflex-Kamera Canon EOS 350D 3,28 cm² Bei Digitalkameras haben die Hersteller diese Skala übernommen, um die Empfindlichkeit anzugeben. Wenn in einem dämmrigen Umfeld die Verschlusszeit wegen Verwacklungsgefahr nicht stark genug erhöht werden kann, und eine allzu große Blendenöffnung wegen des Verlusts an Schärfentiefe nicht erwünscht ist, kann die Empfindlichkeit erhöht werden, um eine ausreichende Belichtung zu gewährleisten. Hebt man die ISO-Stufe um einen Schritt an, kann die Verschlusszeit zum Beispiel um einen Schritt vermindert werden. Bei Digitalkameras verstärkt die Software das auf dem Sensor eingehende Signal. Dabei verstärkt die auch die Störungen, das sogenannte Bildrauschen nimmt zu. Laut Kodak genügt für einen Ausdruck in A4-Format (20×30 cm) in guter Qualität eine Auflösung von 1920 x 1280 Pixeln (2,4 Megapixel), für optimale Qualität ist eine Auflösung von 2160 x 1440 Pixeln (3,1 Megapixel) nötig. + Je stärker die Lichtempfindlichkeit der Kamera eingestellt ist, umso stärker ist das Rauschen, da das vom Sensor eingehende Signal verstärkt wird – einschließlich der Störungen. + Je wärmer der Sensor ist, umso stärker ist das Bildrauschen.
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