Verkauf alter CDs: Iron Maiden lässt Fans abmahnen (Spiegel Online, 28.8.2009)
Verkauf alter CDs
Iron Maiden lässt Fans abmahnen
Heavy-Metal-Fans dürfen aus ihrer Sammlung nicht alles verkaufen, was sie einst erstanden haben: Diverse Live-CDs von Iron Maiden zum Beispiel sind in Deutschland in den 90ern illegal vertrieben worden. Wer die Uralt-CDs heute gebraucht verkauft, riskiert eine Abmahnung.
Spiegel Online, 28.8.2009
Die CD sieht aus, wie alte Metal-Cover nun manchmal aussehen: Totenkopf, Dolch und die nach Zufallsprinzip angeordneten Zeilen “Iron Maiden”, “Live USA” und “Original Artist Recording” in Gelb, Rot, Pink und Türkis. Die CD sieht aus wie viele andere, ist aber eine kleine Zeitbombe: Wer diese Platte (und vermutliche einige andere auch) gebraucht verkauft, riskiert eine Abmahnung im Auftrag von Iron Maiden.
Das Management der Band hat die Hamburger Kanzlei Sasse & Partner beauftragt, gegen Verkäufer von nicht-lizenzierten Iron-Maiden-Produkten vorzugehen. Und die Abmahnungen der Kanzlei erwischen immer wieder Fans, die ahnungslos CDs aus ihrer Plattensammlung verkaufen. Ein Leser von SPIEGEL ONLINE wird zum Beispiel aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und 100 Euro Gebühren zu bezahlen. Sonst müsse man der “Mandantin empfehlen, zur Wahrung und Sicherung ihrer Rechte sofort und ohne weitere Ankündigung gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wir geben zu bedenken, dass hierdurch erhebliche Kosten anfallen würden, die Sie gleichfalls zu tragen hätten.”
Das Vergehen des Empfängers ist ein geringes, wie die Iron-Maiden-Kanzlei selbst einräumt: “Da Sie nur in geringem Umfang im Internetauktionshaus Hood tätig sind und auch nur eine CD unserer Mandantin angeboten haben, ist unsere Mandantin ausnahmsweise bereit, die Gebührenforderung auf pauschal 100 Euro zu reduzieren.”
Iron Maiden stört es, wenn schlechte Qualität verkauft wird
Das ist sehr gnädig, verletzt aber das Rechtsempfinden so manches Betroffenen. Wie soll man wissen, dass eine CD, die man vor 15 Jahren im Kaufhaus gekauft hat, illegal ist? “Ich hatte es schlicht nicht über Herz gebracht, den alten Kram wegzuwerfen”, schreibt ein abgemahnter Iron-Maiden-Fan und kündigt an: “Ich kann für mich nur die Konsequenz ziehen, mich in Zukunft von allen CDs und DVDs fern zu halten.” Er werde der Kanzlei “alle CDs und Videos schicken, die ich von ihrem Mandanten habe (ich will den Kram nicht mehr), die hundert Euro bezahlen und nie wieder Geld für Musik ausgeben”.
Der Hamburger Anwalt Thomas Schlegel, der das Unternehmen Iron Maiden Holdings Ltd. in Deutschland vertritt, bestätigt SPIEGEL ONLINE, dass es eine “nicht unbedeutende” Zahl an Abmahnungen gibt: “Nicht die Band hat uns beauftragt, sondern das Management bzw. die Geschäftsführung der IMH. Die Marke Iron Maiden ist geschützt und wird von der ihnen gehörenden Firma mit zahlreichen Angestellten betreut. Natürlich stört es die Rechteinhaber, wenn andere mit dem Markennamen Geld verdienen, ohne dass Iron Maiden etwas von diesen Profiten sieht. Vor allem aber stört Iron Maiden, wenn Produkte mit schlechter Qualität unter dieser Marke verkauft werden. Das beschädigt das Image.”
In Webforen berichten Anwälte und Betroffene von Abmahnungen der Firma Iron Maiden Holdings Ltd. In der Juli-Ausgabe des Magazins “Rock Hard” beklagte ein Leser, er sei wegen des Verkaufs einer Live-CD abgemahnt worden, sei dann vor Gericht gegangen, habe verloren und müsse nun 1000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten zahlen. Anwalt Schlegel antwortet in “Rock Hard”, der Betroffene sei von seinem Anwalt schlecht beraten gewesen – es hätte auch bei nur 100 Euro Gebühren bleiben können, hätte der Privatmann einfach die Unterlassungserklärung unterschrieben.
Anwalt: “Es stellt sich die Frage, ob der Ausdruck ‘Fan’ hier angebracht ist”
O-Ton aus Schlegels Antwort: “Kein Künstler ist daran interessiert, gegen die eigenen Fans vorzugehen, von denen er lebt, wobei sich aus Sicht der Künstler durchaus die Frage stellt, ob der Ausdruck ‘Fan’ hier überhaupt angebracht ist.”
Iron-Maiden-Anwalt Schlegel erklärt SPIEGEL ONLINE, es gehe bei diesen Abmahnungen nicht darum, “viel Geld zu verdienen”. Der Betrag von 100 Euro, den man abgemahnten Privatleuten anbiete, sei gar nicht kostendeckend. Schlegel: “Da zahlt Iron Maiden Holdings für die Verfolgung drauf. Es geht darum, illegale Live-Mitschnitte und Produkte, die illegal die Marke Iron Maiden nutzen, aus dem Umlauf zu bringen.”
Gegen gewerbsmäßige Marken- und Urheberrechtspiraten gehe man ganz anders als gegen Privatleute vor, die ein paar alte CDs aus ihrer Sammlung verkaufen. Schlegel: “Es gibt gefälschte CDs, DVDs, T-Shirts, Uhren, Kalender und Teppiche – Profipiraten pappen das Iron-Maiden-Logo überall drauf, womit man Geld verdienen kann. Wir gehen Händler, die DVDs in vierstelligen Stückzahlen verkaufen, anders an als Privatleute. Da verlangen wir Schadensersatz.”
Und wie kann man sicher sein, was man aus seiner Sammlung nun eigentlich verkaufen darf? Bei Musikträgern sei es sehr einfach zu erkennen, was legal ist: “In Deutschland sind alle Iron-Maiden-Veröffentlichungen, auch Live-Mitschnitte, bei EMI erschienen.” So Anwalt Schlegel. Sein allgemeiner Rat an Iron-Maiden-Fans: “Wer sicher gehen will, nichts illegales zu verkaufen, sollte im Zweifelsfall einfach gar keine alten Iron-Maiden-Produkte verkaufen.”