Zum Inhalt springen

Wechselkurs-Wucher: Wann sich der Gadget-Kauf in den USA lohnt (Spiegel Online, 23.1.2008)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
5 minuten gelesen

Wechselkurs-Wucher

Wann sich der Gadget-Kauf in den USA lohnt

Schwacher Dollar, starker Euro: Der aktuelle Wechselkurs macht die USA zum Schnäppchenland – auch weil in Deutschland viele Geräte überteuert sind. SPIEGEL ONLINE hat nachgerechnet, Preisaufschläge von bis zu 59 Prozent festgestellt. Doch beim Eigenimport ist vieles zu beachten.

Spiegel Online, 23.1.2008 (mit Matthias Kremp)

{jumi [/images/jumisk/sharethis.php]}

Die Preissenkung hatte es in sich. Statt wie bisher ab 299 Dollar werde die Settop-Box Apple TV künftig schon ab 229 Dollar zu kaufen sein. Das kündigte Apple-Chef Steve Jobs vor genau einer Woche an. Damit nicht genug: Die Preissenkung soll mit neuen Funktionen, wie dem Zugriff auf Flickr-Fotos und einem direkten Zugang zu Apples Online-Filmverleih einhergehen.


Wer sich gefreut hat, dass Apple den Preis auch hierzulande senken werde, wurde diese Woche enttäuscht. Die Box werde weiterhin mindestens 299 Euro kosten, heißt es von Apple.
Damit ist das kleine Multimedia-Kästchen in Deutschland erheblich teurer als dasselbe Gerät in den USA. Sicher, ein so drastischer Euro-Aufschlag ist die Ausnahme. Doch bei der Anpassung ihrer Preise an die Euro-Region gehen US-Unternehmen, allen voran Apple, oft nach dem Motto vor: Dollar gleich Euro. Was also in den USA 200 Dollar kostet, wird hierzulande für 200 Euro angeboten. Das eben diese 200 Euro beim aktuellen Wechselkurs knapp 290 Dollar entsprechen, wird totzuschweigen versucht.

Vor einigen Jahren, als der Dollar noch höher bewertet wurde, waren derartige Preisangleichungen noch verständlich. Amerikanische Unternehmen geben ihre Preise aufgrund der je nach Bundesstaat unterschiedlichen Mehrwertsteuer (Sales Tax) stets netto, also ohne Steueranteil, an.

Beim Import der Waren nach Deutschland musste also beispielsweise die Mehrwertsteuer – damals 16, heute 19 Prozent – hinzuaddiert werden. Allein dadurch konnte der scheinbare Preisunterschied teilweise zu marginalen Summen zusammenschmelzen.

Heute ist die Welt allerdings eine andere. Jeder Euro ist mittlerweile fast 1,5 US-Dollar wert. Amerika ist für Europäer zum Billigland geworden – aber nur wenn man direkt in den USA einkauft. Versucht man hingegen bei den deutschen Ablegern amerikanischer Firmen einzukaufen, stößt man oft auf unverständlich überhöhte Preise, verglichen mit den USA.

Dieses Missverhältnis lässt viele Kaufinteressenten einen Kauf in den USA erwägen. Wer ohnehin eine Reise in die USA plant, kann extrem vom Dollarkurs profitieren. Doch ist auch Vorsicht geboten – bei Themen wie Garantie, Stromspannung, Tastaturlayout und Zoll.

SPIEGEL ONLINE zeigt die möglichen Probleme des Privatimports auf – und rechnet aus, wie viel man sparen kann.

Porto-Probleme bei US-Online-Shops

Während man sich als Tourist in Deutschland die gezahlte Mehrwertsteuer für gekaufte Waren zurückzahlen lassen kann, geht das in den USA nicht. Besser sieht es dagegen bei Online-Shops aus. Wer denen eine Lieferadresse außerhalb der USA angibt muss erst gar keine Mehrwertsteuer entrichten.

Allerdings verweigern einige US-Shops den Versand ihrer Waren ins außeramerikanische Ausland. Findet man doch einen Anbieter der seine Pakete auch nach Deutschland verschickt, gilt es sich genau über dessen Versandkosten zu informieren. Die liegen nicht selten im Bereich von 40 Dollar. Und je größer und schwerer die gekauften Artikel sind, desto teurer wird es.

Steuern und Zollsätze

Hinzu kommen die Einfuhrumsatzsteuer und gegebenenfalls der Zoll. Beides wird beim Versandhandel über das Paketunternehmen abgerechnet, über das der Versand erfolgt. Als Grundlage für deren Berechnung dient die dem Paket hoffentlich beiliegende Rechnung. Bringt man die US-Gadgets hingegen von einer Reise mit, muss man bei der Einreise selbst zum Zoll und die Waren anmelden. Auch hier ist die Originalrechnung wichtig. Liegt die nicht vor, wird der Wert geschätzt.

Kleinigkeiten darf man mitbringen ohne sie versteuern oder verzollen zu müssen. Dabei ist es unerheblich, um welche Art von Gut es sich handelt: Bis zu einem Warenwert von 175 Euro ist man fein raus – solange die Mitbringsel erkennbar für den persönlichen Gebrauch oder als Geschenk gedacht sind. Übersteigt der Wert der Einkäufe diese Grenze, wird allerdings die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt.) fällig. Bis zu einem Warenwert von 350 Euro beträgt der Steuersatz bei Produkten aus den USA pauschal 13,5 Prozent. Liegt der Warenwert oberhalb dieser Grenze werden in der Regel 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer fällig. Zusätzlich ist je nach Produkttyp Zoll zu entrichten:

  • Notebooks, Handhelds, PDAs: zollfrei
  • Spielkonsolen: zollfrei
  • Camcorder: 4,9 Prozent
  • Digitalkameras: zollfrei
  • MP3-Player (ohne Aufzeichnungsmöglichkeit): 4,5 Prozent
  • MP3-Player (mit Aufzeichnungsmöglichkeit): 2 Prozent
  • Handys: zollfrei

Knifflig kann es freilich bei Videokameras werden, die mehr können als bloß Videos aufzuzeichnen. Das könnten beispielsweise DVD-Camcorder sein, die man am Computer auch als DVD-Brenner benutzen kann. Auf solche Geräte wird ein fetter Zollsatz in Höhe von 12,5 Prozent erhoben.

Anpassungsbedarf bei Stromversorgung und Tastatur-Layout

Hinzu kommen die Kosten für einige zwangsläufige Anpassungen der in den USA gekauften Geräte. Das fängt bei der Stromversorgung an. Während die meisten elektronischen Geräte heutzutage mit Universalnetzteilen ausgeliefert werden, die überall in der Welt funktionieren, gilt das nicht für deren Stecker. Und ein US-Stecker passt partout nicht in eine deutsche Steckdose.

Einfache Abhilfe liefern Adapterstecker. Die bekommt man für wenige Euro im Elektronikfachhandel und auf jedem Flughafen. Apples Mobilgeräte werden seit langem mit Netzteilen ausgeliefert, auf die der im jeweiligen Land passenden Stecker einfach aufgesteckt wird. Ab Werk liegt allerdings meist nur der zum Auslieferungsland passende Stecker bei. Ein Reiseset mit alle weltweit verfügbaren Steckern für die Netzteile kostet bei Apple 39 Euro.

Wo sich das Netzteil weder umschalten lässt noch sich selbst auf Spannungen von 110 bis 240 Volt einstellt, muss ein Trafo her. Der wandelt die deutschen 220 Volt in die von US-Geräten geforderten 110 Volt um. Für unterwegs ist das allerdings unpraktisch, denn Trafos sind schwer.

Damit nicht genug: US-Notebooks sind natürlich mit einer US-Tastatur ausgestattet. Auf der sind einige Tasten anders als auf deutschen Tastaturen angeordnet, Umlaute und das Eszett fehlen völlig. Zwar kann man per Software auf ein deutsches Tastenlayout umstellen, doch fällt die Orientierung schwer.

Eine deutsche Tastatur erhält man als Ersatzteil beim Apple-Händler. Billiger wird’s allerdings, wenn man sich eine solche bei eBay besorgt. Die Preise schwanken allerdings stark. Während Gebrauchthandels-Profis selten weniger als 50 Euro einfordern, wird man mit Glück schon für 20 Euro fündig. Der Einbau ist allerdings nicht immer trivial. Während der Austausch beim MacBook Pro relativ zu handhaben ist, muss man beim billigeren Macbook die komplette Oberschale austauschen – was nur geübten Bastlern zu empfehlen ist.

Gilt die Garantie weltweit?

Wer ein Gerät in den Vereinigten Staaten kauft, sollte sich unbedingt über die Garantiebedingungen des Herstellers informieren. So kann man zum Beispiel nicht bei allen in den USA gekauften Apple-Produkten die Garantie außerhalb der Vereinigten Staaten in Anspruch nehmen. In den US-Geschäftsbedingungen der Apple Stores heißt es, dass Apple außerhalb der Vereinigten Staaten Gewährleistung nur für dort gekaufte mobile Hardware (Geräte, die ohne Stromkabel betrieben werden können) anbietet.

Sprich: Bei einem defekten Mac Mini oder iMac bekommt man gar keine Hilfe während des Garantiezeitraums. Man kann sich da – zumindest bei Apple – mit der kostenpflichtigen Garantieerweiterung "Apple Care Protection Plan" absichern, die greift drei Jahre lang , auch außerhalb der Vereinigten Staaten. Vor dem Eigenimport muss jeder Käufer für sich entscheiden, welches Risiko im Garantiefall er eingehen will.

Mac-Preise in den USA und Deutschland (Tabelle)

So teuer ist Mac-Privatimport nach Deutschland (Beispielrechnung)

So teuer ist Mac-Onlineimport nach Deutschland (Beispielrechnung)

Elektronik-Preise in den USA und Deutschland (Vergleichstabelle)


Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
Immer gut: Newsletter abonnieren


auch interessant

Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Der common senf aktueller Debatten um Staatsausgaben, Tarifverhandlungen und Zinspolitik scheint mir gerade ein gefährlicher: Alle sollen sparen. Der Staat soll weniger ausgeben und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Arbeitnehmer sollen Reallohnverluste akzeptieren, sparen und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Und Unternehmen sollen sparen, bloß keine Kredite aufnehmen für Investitionen

Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Paradox der Gegenwart

Einerseits sehen so viele Menschen ihre individuellen (Konsum)Bedürfnisse als das wichtigste Gut, als absolut schützenswert. Überspitzte Maxime: Was ich will, ist heilig – alles geht vom Individuum aus. Andererseits erscheint genauso viele Menschen das Individuum ganz klein, wenn es darum geht, etwas zu verändern in der Welt. Überspitzte Maxime: Ich

Paradox der Gegenwart

Wie Schmecken funktioniert

Gelernt: Geschmack und Aroma sind zwei ganz unterschiedliche Wahrnehmungen. Für jede ist ein anderer Teil im Gehirn verantwortlich. Und jede basiert auf unterschiedlichen Daten: Für den Geschmack kommen Eindrücke von der Zunge, fürs Aroma von Rezeptoren in der Nase. Beides vermischt das Gehirn zum Gesamteindruck Schmecken. Sehr lesenswerter Aufsatz darüber

Wie Schmecken funktioniert