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Windows-Navy im Einsatz (SPIEGEL online, 16.08.2000)

Konrad Lischka
Konrad Lischka
2 minuten gelesen

Windows-Navy im Einsatz

Die US-Marine wird die Kriegsschiffe der nächsten Generation mit einem Windows-2000-Nachfolger ausstatten. Einige Kritiker sehen in Microsoft-Produkten ein Sicherheitsrisiko.

SPIEGEL online, 16.08.2000

Was braucht es, um ein Kriegsschiff zu steuern? 350 Soldaten beim US-Zerstörer USS McFaul. Auf einem Nachfolger, dem für 2008 angekündigten "Smart Ship" USS Zumwalt, werden es nur noch 90 Soldaten sein – und wahrscheinlich ein auf Microsofts Windows 2000 basierendes Betriebssystem. Unter dem Titel Smart Ship will die Navy Schiffstypen entwickeln, die nur mit höchstens einem Drittel der bisherigen Besatzung auskommen sollen. "Windows 2000 und die darauf folgenden Systeme werden die Kosten für Personal, Wartung, aber auch die Beschaffungskosten reduzieren", ist sich Rich Lockwood sicher, dessen Firma den Unterauftrag an Microsoft vergeben hat.

Erfahrungen mit Microsoft-Produkten hat man auf dem Flugzeugträger USS Yorktown gesammelt, der seit Ende 1996 ein mit Windows NT 4.0 betriebenes LAN-Netzwerk für Brücke, Schadenskontrolle, Technik und Wartung einsetzt. Dadurch konnten laut Marine 50 Arbeitsplätze und 2,5 Millionen Dollar jährlich eingespart werden. Für die Informationsbeschaffung und Überwachung auf der Brücke sind nur noch 3 statt 13 Soldaten nötig. Zudem kann im Notfall das Schiff über das Netzwerk von 15 Orten aus gesteuert werden.

Kritiker jedoch sehen im Einsatz von Microsoft-Standardsoftware eine Gefahr für die Sicherheit. "Windows NT, das bekanntermaßen einige Fehler hat, auf einem Kriegsschiff einzusetzen, ist das gleiche wie zu hoffen, dass Glück sei auf unserer Seite", kritisierte Anthony DiGorgio. Er arbeitet nach 13 Jahren als Techniker bei Air Force, Marines und Army seit 1980 im Technical Support Center der atlantischen Flotte in Norfolk, Virginia.

Ein Zwischenfall, der sich am 21. September 1997 am Kap Charles vor Norfolk ereignete, stützt seine Aussagen. Der Prototyp eines "Smart Ships", die USS Yorktown, fuhr ein Routinemanöver. Ein Überwachungsprogramm zeigte ein Treibstoffventil als geöffnet an, das jedoch geschlossen war. Um das Problem schnell zu übergehen, tippte ein Offizier einen Nullwert in die Schiffsdatenbank. Der Versuch, durch Null zu dividieren, ließ dann in wenigen Minuten das Schiffsnetzwerk zusammenbrechen.

Was danach geschah, stellen offizielle und inoffizielle Quellen unterschiedlich dar: Der damals kommandierende Offizier der Yorktown behauptet, der Systemausfall habe nur knapp drei Stunden gedauert und das Schiff sei mit eigener Kraft in den Hafen von Norfolk gelangt. Laut dem zur Washington-Post-Gruppe gehörenden Magazin "Government Computer News" (GCN) beschrieb DiGiorgio die Folgen im November 1998 anders. Das "Smart Ship" musste in den Norfolker Hafen geschleppt werden. "Es dauert zwei Tage, das Problem wieder zu lösen. Es gab in der Vergangenheit ähnliche Ausfälle, bei denen das Schiff in den Hafen geschleppt werden musste."

Microsoft weist jede Verantwortung von sich. Nicht NT habe zum Systemausfall geführt, sondern die Systemadministratoren und Programmierer der Yorktown, deren Aufgabe es sei, zu verhindern, dass eine Anwendung Fehler übers Netzwerk verbreitet. Kritiker teilen diese Ansicht nicht. Gil Young, Netzwerkingenieur für eine US-Firma, urteilte in GCN: "Egal welches Betriebssystem, welchen Computer, welche Anwendung ich benutze – ich sollte eine Null eingeben können, ohne dass der Computer abstürzt." Ron Redman, ein stellvertretender technischer Leiter bei der US-Marine, macht Windows NT für zahlreiche Softwareausfälle auf der Yorktown verantwortlich: "Unix ist das bessere System für die Kontrolle von Ausrüstung und Maschinen, NT hingegen für Datentransfer. NT ist nicht ganz ausgereift, es gab einige Ausfälle wegen des Systems."

Probleme ganz anderer Art hat man auf dem US-Zerstörer USS McFaul. Das NT-Netzwerk des "Smart Ship"-Vorläufers ermöglicht es der Crew, mit Standardsoftware im Netz zu surfen. Vorsorglich sind Seiten mit "Erwachseneninhalt" gesperrt.

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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