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Fünf Faustregeln für nachhaltige digitale Dienste - und ein großartiges Beispiel namens Known

Konrad Lischka
Konrad Lischka
2 minuten gelesen
Fünf Faustregeln für nachhaltige digitale Dienste - und ein großartiges Beispiel namens Known

Ich bin begeistert von der schlanken Blogging-Software Known. Man kann damit kurze und lange Texte, Fotos und Zitate im Web veröffentlichen. Das Besondere an Known ist, dass die Software als Basis gedacht ist, um die Datensilos sozialer Netzwerke wie Twitter oder Facebook zu befüllen (so sieht meine Known-Instanz aus).

Man veröffentlicht also einen kurzen Text im eigenen Known-Blog und kann den von dort automatisch auch in den eigenen Profilen bei Twitter, Facebook und so weiter veröffentlichen. Das Prinzip heißt POSSE – Publish (on your) Own Site, Syndicate Elsewhere.

Known importiert zudem die Reaktionen und Diskussionen aus diesen Netzwerken. Der Sinn der Sache: Die Datensilos bekommen eine Kopie, man behält jedoch den Ursprung der eigenen öffentlichen Rede in einer eigenen Datenbank, auf eigener Infrastruktur – außerhalb der Datensilos. Das hat einige Vorteile:

  • Menschen, die nicht geschlossene Netzwerke nutzen wollen (oder nicht dasselbe, das man selbst bevorzugt), können dennoch im offenen Web dem eigenen Gedankenstrom verfolgen.
  • Known unterstützt Standards wie RSS – die grundlegende Infrastruktur des dezentralen, offenen Netzes.
  • Man erreicht Menschen, die unterschiedliche Datensilos nutzen und bindet Reaktionen ein.

Nebenbei stärkt jeder Known-Nutzer das dezentrale, offene Netz und digitale Nachhaltigkeit.

Known – der Dienst ist in der Beta-Phase – erfüllt meine Faustregeln für digitale Nachhaltigkeit. Die ersten vier habe ich von Rafael Laguna aus dieser großartigen Rede.

https://youtu.be/sQAs91VWgos?t=1m43s

1. Der Dienst ist bei mehreren Anbietern erhältlich.

Man kann Known gegen Bezahlungen von den Entwicklern hosten lassen, aber auch bei einem Anbieter seiner Wahl installieren.

2. Beim Wechsel von einem Anbieter zum anderen müssen Daten transportierbar sein.

Die Exportfunktion von Known packt alle Posts, alle Uploads, alle Nutzerdetails ein und lässt sich dann in einer anderen Known-Installationen bei einem anderen Anbieter wieder einspielen.

3. Die Software muss zum Selberhosten verfügbar sein, damit man den Dienst auf eigener Infrastruktur betreiben kann.

Wer will, kann Known selbst hosten. Ist schnell gemacht und funktioniert auch bei Shared Hosting Anbietern wie Uberspace. Hier meine Installation.

4. Die Software, die den Dienst implementiert, sollte open source sein.

Na klar.

5. Der Dienst muss einen nachvollziehbaren Plan verfolgen, um die Fortentwicklung zu sichern.

Known ist Open Source – das ist eine Absicherung für den schlimmsten Fall, sollte das Geschäftsmodell scheitern. Die Entwickler haben ein Geschäftsmodell: Bezahltes Hosting der Pro-Version, eine bezahlte Eigenrntwicklung namens Convoy, die bei selbstgehosteten Installationen die API-Fummelei an den Datensilos abnimmt, Auftragsarbeiten im Bildungssektor.

Fazit

Nachhaltige digitale Dienste sind der Nährboden eines dezentralen, vielfältigen Webs. s gibt sie, trotz der neuen Blüte der walled gardens im Web. Known zeigt: Plausible Geschäftsmodelle sind denkbar und wenn mehr Menschen mitmachen auch möglich. Man muss die Vorteile und die Nutzer von Plattformen wie Twitter oder Medium nicht aufgeben, um ein freies, dezentrales Netz zu stützen — Publish (on your) Own Site, Syndicate Elsewhere, zum Beispiel mit Known.

Illustration: Telephones and Telegraphs, 1902, Public Domain

Blog

Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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